Menschen

Allergische Rettung

Okay, okay, okay, ich gebe es zu, ich bin manchmal etwas mäkelig, was das Essen anbetrifft. Also zum Beispiel esse ich nichts, was sich noch bewegt und auch grundsätzlich keine Teile von Reptilien oder Amphibien.
Auch alles was mit den Sinnesorganen der Tiere zu tun hat, will mir nicht so recht munden. So bleiben mir auf Dauer die Delikatessen „Ochsenauge in Gelee“ und „Gänseöhrchen auf Risotto“ verwehrt, mag ich nicht, will ich nicht.

Am Freitag Morgen war ich beim Ehepaar Kuiper, nette ältere Leute, denen die Oma im Heim gestorben war und die froh sind, daß sie jetzt mal in Urlaub fahren können, denn wegen der Oma sind sie seit zwölf Jahren nicht weg gewesen.

Kaffee bekomme ich wie selbstverständlich, breite meine Unterlagen aus und Frau Kuiper guckt sich interessiert die Särge, Urnen und Decken im Katalog an. Herr Kuiper hingegen hat keine richtige Ruhe, er steht immer wieder auf, geht an den Kühlschrank und steckt sich irgendwas in den Mund.

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„Mensch Otto, jetzt hock‘ dich mal auf deinen Hintern, du bringst Unruhe rein!“

„Ich hab aber Hunger.“

„Jetzt doch nicht.“

„Wie, jetzt doch nicht? Wann denn dann?“

„Später.“

„Ich hab aber jetzt Hunger.“

„Mein Gott, immer hast du Hunger.“

„Immer? Ich habe doch nicht immer Hunger, zum Beispiel wenn ich was gegessen habe, dann habe ich keinen Hunger, aber jetzt habe ich nichts gegessen und deshalb habe ich jetzt Hunger.“

„Jetzt ist aber der Herr vom Institut da und da wird nichts gegessen.“

„Vielleicht hat der Herr vom Institut ja auch Hunger.“

„Hat der bestimmt nicht, oder?“

Beide blicken mich fragend an und mache mit beiden Händen eine abwehrende Bewegung, antworte aber wohl nicht schnell genug, denn noch bevor ich was sagen kann, sagt Frau Kuiper:

„Siehste, Otto, der will nichts.“

„Will’er doch, guck doch!“

„Nein, wirklich“, sagte ich, „machen Sie sich keine Mühe, ich möchte wirklich nichts. Die Tasse Kaffee ist sehr gut und ich bin völlig zufrieden.“

„Ach was“, widerspricht mir Herr Kuiper, „Ich seh‘ doch daß Sie Hunger haben, ich geh‘ mal eben was holen.“

Und weg isser.

Frau Kuiper zieht die Augenbrauen hoch, spitzt die Lippen und blättert weiter im Katalog.
Nur etwa acht Minuten später ist Herr Kuiper wieder da, hat zwei in Alupapier gewickelte Päckchen dabei und wirft die immer von einer Hand in die andere: „Ach, was ist das heiß, meine Güte, was ist das heiß!“

Wenig später liegt das Päckchen aus Alufolie vor mir, er hat mir noch Messer und Gabel dazugelegt und meint:
„Nun langen Sie aber mal tüchtig zu!“

Auch Frau Kuiper sagt: „Lassen Sie es sich schmecken.“

Ich wickele das Alupapier auf und blicke auf das hier:

Man kann es auf dem rasch „aus der Hüfte“ geschossenen Handy-Foto nicht so richtig erkennen, aber das ist eine halbe Schweinenase. Diese Leckerei nennt Herr Kuiper „Schnuffel“ und der Metzger hat die Saunase genau zwischen den Nasenlöchern in zwei Hälften geschnitten. Ein Nasenloch habe ich bekommen, das andere ißt Herr Kuiper mit sichtlichem Vergnügen.

Frau Kuiper macht einen noch spitzeren Mund und schaut ihren Mann fragend an, der lutscht weiter am näsernen Knorpel, das Fett läuft ihm an den Fingern herunter und dann bemerkt er den Blick seiner Frau.
„Lotte? Wolltest Du auch was?“

Sie rümpft beleidigt die Nase und noch bevor die Situation eskalieren kann, schiebe ich Frau Kuiper den mir zugedachten Rüssel rüber und sage: „Ich hab‘ ’ne Schweine-Allergie.“

Situation gerettet!

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