Frag doch den Undertaker

Auf einer Sterbeurkunde steht ein längerer Zeitraum als Todeszeitpunkt. Warum?

sterbeurkunde_musterWir haben heute die Sterbeurkunden von unserem Vater erhalten.
Zur Erklärung: Zum Vater hatten wir eigentlich keinen Kontakt mehr, er hat unsere Familie vor 12 Jahren verlassen. Streit gab es keinen, das Verhältnis war nur abgekühlt.
Es ist für uns Kinder selbstverständlich, dass wir die Bestattung bezahlen, das ist nicht das Problem.
Aber auf der Sterbeurkunde steht als Sterbedatum „zw. Mittwoch, 27.11.2013, 10.45 Uhr und Donnerstag, 05.12.2013, 7.50 Uhr“
Was bedeutet das?
Deutet das auf einen langen Todeskampf hin? Der Vater ist in seiner Wohnung aufgefunden worden. Natürliche Todesursache, keine Obduktion, obwohl die Polizei da war.
Können Sie uns bitte helfen?

Die Antwort ist recht einfach.
Der Verstorbene ist am Mittwoch, dem 27.11.2013 um 10.45 Uhr zuletzt lebend gesehen worden und am Donnerstag, dem 5.12.2013 um 7.50 Uhr tot aufgefunden worden.
Aufgrund des Zustands des Leichnams nach über einer Woche Liegezeit in der vermutlich beheizten Wohnung konnte der Arzt, der die Leichenschau durchgeführt hat, keine näheren Angaben zum Todeszeitpunkt machen und diesen auch nicht weiter eingrenzen.

Selbstverständlich gibt es Methoden, um den Zeitpunkt des Todes recht nah bestimmen zu können. Jedoch wird hier in Fernsehkrimis immer stark übertrieben. Ein Mann im weißen Overall, der sich nur für zwei Sekunden über die Leiche beugt, kann keine vernünftige Aussage zum Todeszeitpunkt machen.
In erster Linie werden Temperaturmessungen zur Bestimmung des Todeszeitpunktes herangezogen. Die Restwärme des toten Körpers wird mit der Umgebungstemperatur in Relation gesetzt und daraus kann man grob errechnen, wie lange der Mensch schon tot sein könnte.
Normalerweise kühlt ein Leichnam um etwa ein Grad pro Stunde ab.
Ist die Temperatur der Leiche beispielsweise 25 Grad, dann könnte man annehmen, daß der Mensch schon etwa 12 Stunden tot ist.

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Dies ist jedoch eine Faustregel, die nur einen ersten Anhaltspunkt geben kann und die bei Zimmertemperatur gilt. Dicke, isolierende Kleidung, sehr kühle Außentemperaturen oder eine Lagerung des Leichnams in einem stark beheizten Raum können das Ergebnis verfälschen, wenn nicht gar diese grobe Berechnung unmöglich machen.
Eine Sektion des Verstorbenen kann u.U. nähere Aufschlüsse geben.

Die jetzt in beinahe allen Krimis als Nonplusultra dargestellte Methode, den Zeitpunkt des Todes anhand von Insekten zu bestimmen, die den Leichnam besiedeln, ist auch nur dann sinnvoll möglich, wenn überhaupt Insekten vorhanden sind.
Diese Methode ist möglich, kann aber nur bei einem begrenzten Teil von Fundleichen angewandt werden und führt auch dann nicht immer so eindeutig zu einem zielführenden Ergebnis, wie die Filmemacher es darstellen.

Mitunter ist es aber auch einfach so, daß die Auffindesituation eines Leichnams so eindeutig Fremdverschulden ausschließt und die natürliche Todesursache als sicher gilt, daß man es hinnimmt, den Todeszeitpunkt nun doch nicht näher als in dem oben genannten Beispiel zu bestimmen.
In solchen Fällen steht dann der als sicher geltende Zeitraum auf der Sterbeurkunde.

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