Bei Bestattungen sind immer viele Emotionen im Spiel. Selbst der kleinste Fehler im Ablauf wird von den Anwesenden zur Kenntnis genommen und führt berechtigterweise zu einer großen Aufregung. Dabei kann die Aufregung auch eskalieren, vor allem wenn anschließend noch im Familienkreis viel darüber geschimpft und diskutiert wird.
Oft ist es auch so, dass wirklich vernachlässigbare Kleinigkeiten aufgeblasen und zu einem Skandal gemacht werden. Das kann ich aus den vielen Jahrzehnten Erfahrung wahrlich sagen.
Aber es passieren auch richtig schlimme Fehler, die den Ablauf der ganzen Zeremonie durcheinanderbringen und sich nachhaltig im Gedächtnis der Trauernden negativ eingraben. So etwas muss der Auftraggeber einer Bestattung natürlich nicht hinnehmen. Ihm steht, wie ich meinen will, eine großzügige Entschädigung in Form eines Preisnachlasses durch den Verursacher zu.
Täglich erreichen mich Mails, in denen Vorkommnisse der aufgeblasenen Art und der wirklich schlimmen Art geschildert werden. Heute schreibt eine Dame, bei der die Urnenbestattung des Vaters komplett schiefgegangen ist.
Es lohnt sich den etwas längeren Text zu lesen.
Viele Jahre lese ich schon Ihren Blog und nun habe ich selbst eine Frage:
Mein Vater ist im Dezember verstorben und wir haben das Beerdigungsinstitut A beauftragt. Die Urne sollte im Urnengrab meiner Mutter beigesetzt werden.
Am Tag der Beisetzung war ein Vertreter des Beerdigungsinstituts anwesend, aber es war offenbar ein nicht sehr erfahrener Mitarbeiter, der her geschickt wurde.
Die Trauerfeier verlief wie geplant. Nach der Trauerfeier trug der vom Amt beauftragte Urnenträger (von einem anderen Bestatter) die Urne und Trauergemeinde folgte. Allerdings schlug der Träger einen falschen Weg ein. Wir machten ihn darauf aufmerksam, aber er wusste nichts von einem vorhandenen Grab, sondern hatte an anderer Stelle ein neues Grab ausgehoben.
Das Durcheinander war groß. Wir führten ihn zum richtigen Grab meiner Mutter. Es war verschlossen und nicht zur Beisetzung vorbereitet.
Der Urnenträger zeigte mir seinen Auftrag, er habe von einem vorhandenen Grab nichts wissen können. Nun müsse er erst mit dem Friedhofsamt telefonieren. Es hieß dann, dass ein Mitarbeiter vom Amt kommen würde, das könne aber länger dauern.
Müßig zu sagen, dass sich der Großteil der Gäste im Alter 80+ war, teils mit Rollator unterwegs, und dazu war es sehr kalt.
Wir beschlossen, dass die Pfarrerin am Grab meiner Mutter eine kleine Ansprache hält und wir die Trauergäste dann ohne die eigentliche Beisetzung verabschieden.
Nur der engste Familienkreis wartete frierend. Als der Mann vom Friedhofsamt eine Stunde später kam, hob er die Grabplatte ab und hob das Grab aus. Die Pfarrerin im Talar trug die Eimer mit Erde weg – und dann konnte die Urne endlich beigesetzt werden.
Am Abend habe ich mich in einem langen Telefonat mit dem Beerdigungsinstitut auseinandergesetzt, um mich über die misslungene Beisetzung zu beschweren. Ich sagte, dass wir keinesfalls die vollen Kosten bezahlen werden. Man zeigte großes Verständnis und wollte sich wieder melden.
Nun haben wir seit drei Monaten nichts gehört, keine Rechnung, keine Entschuldigung, nichts. Nun habe ich eine Mail geschickt und wir treffen uns nächste Woche mit dem Chef zum Gespräch.
Ich frage mich, ob und in welcher Höhe wir für eine misslungene Beisetzung Kosten tragen müssen.
Da ist ja einiges schiefgegangen, meine Güte.
Mir scheint es fast so, als habe das Bestattungsinstitut regelrecht ein schlechtes Gewissen wegen des Fehlers und weiß nicht, wie es damit umgehen soll.
Der entscheidende Fehler ist der Herr des von Ihnen beauftragten Instituts, der bei der Beisetzung anwesend war.
So etwas, dass ein falsches Grab bereitgestellt wird, das kann passieren. Wo Menschen arbeiten, können immer auch Fehler vorkommen. Das ist ärgerlich und im Falle einer Beisetzung auch noch besonders betrüblich. Aber Fehler können vorkommen. Auch bei Beisetzungen.
Allein aus der Tatsache, dass es zu einem solchen Fehler gekommen ist, lässt sich so lange nichts herleiten, wie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgegangen wurde. Eine solch schwerwiegende Pflichtverletzung sehe ich hier nicht.
Aber, jetzt kommt’s: Es war ein Mitarbeiter des Bestatters auf dem Friedhof. Seine Aufgabe ist es nicht, einfach nur ein netter Gesellschafter zu sein, oder eine ungerade Zahl an Trauergästen aufzurunden oder den Boden des Friedhofs zu beschweren, damit der nicht wegfliegt.
Nein, die Aufgabe eines solchen Beauftragten ist es, für den ordnungsgemäßen Ablauf der Beisetzung Sorge zu tragen.
Dazu gehört unabdingbar, dass er frühzeitig am Friedhof ist und sich dort davon überzeugt, dass das richtige Grab in der gewünschten Form geöffnet und evtl. geschmückt ist. Er geht vorab in die Trauerhalle, schaut, ob dort alles sauber ist, die Stühle und Bänke in ausreichender Zahl vorhanden sind und Sarg oder Urne korrekt da stehen.
Er weist den engsten Familienangehörigen die Plätze in der ersten Reihe an, betreut ggf. das Kondolenzbuch und ist den übrigen Trauergästen behilflich. Eventuell hat er auch vor der Feier die bestellte Dekoration zu machen und Kerzen anzuzünden usw.
Er trägt auch Sorge dafür, dass der Organist die richtigen Liedwünsche bekommt, bzw. spielt von CD selbst diese Musik ab.
Nach der Feier in der Halle sollte der Bestatter unmittelbar vor/bei/neben dem Urnenträger gehen. Er gibt quasi den Weg vor und leitet den Trauerzug.
In Ihrem Fall hätte er sofort bemerken müssen, dass der Weg verkehrt ist. Das hätte ihn zur sofortigen Intervention veranlassen müssen. So hätte er unverzüglich von dem Dilemma erfahren.
Korrekterweise hätte man dann der Familie und den Trauergästen die peinliche Nummer am richtigen Grab erspart.
Mir ist in meiner Laufbahn einmal etwas ähnliches passiert. Das Loch für den Sarg war zu klein ausgehoben worden.
Nun steht man da und hat ein Problem.
Wir haben die Angehörigen dann kurzerhand in ein nahegelegenes Café eingeladen und dort verköstigt.
Währenddessen konnte der Fehler behoben werden.
Alternativ hätten sich die Leute auch für eine Stunde in die Trauerhalle setzen können. Für 50 Euro spielt der Organist den ganzen Lohengrin, wenn’s sein muss.
Für das außerplanmäßige Kaffeetrinken habe ich später 150 Euro bezahlt, weitaus weniger, als wenn die Kunden die Rechnung gekürzt hätten; und ich mich mit dem Friedhofsamt um eine Entschädigung hätte streiten müssen.
Aber egal wie, der Mitarbeiter des Bestatters ist ja nicht zur Zierde da, sondern eben, um genau solchen Ereignissen kompetent begegnen zu können. Und selbst wenn das eine Aushilfe, ein Lehrling oder ein Sonderschüler war: Den Bestatter anrufen und um Hilfe bitten, das kann jeder.
Da ich nicht weiß, welche Rechnungspositionen der Bestatter Ihnen nun in Rechnung stellen wird, kann ich auch nicht sagen, welche Position Sie kürzen oder streichen können.
Ich war da als Bestatter immer großzügig. Lieber auf Gewinn verzichten, als mir schlechte Mundpropaganda einzuhandeln.
Ich hätte Ihnen 10% Nachlass auf die gesamte Rechnung angeboten und wäre bei den eigenen Kosten bis zu 20 % hochgegangen. Alternativ habe ich immer angeboten, meinen Gärtner des Vertrauens einmal das Grab schön bepflanzen zu lassen und am nächsten Allerheiligen eine schöne Schale zu stellen.
Es kommt aber insgesamt nicht darauf an, wie viel man da nun bekommt, sondern dass der Bestatter seinen Fehler einsieht und bedauert. Eine Entschuldigung in aller Form ist selbstverständlich.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen.
Bitte schreiben Sie mir doch, wie die Sache ausgegangen ist.
- urnenunfall-Peter-Wilhelm-pixabay: Peter Wilhelm + Pixabay
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