Frag doch den Undertaker

Bestatter zu teuer? Kein Kostenvoranschlag

Wir haben ein großes Problem. Vor ein paar Wochen ist der Vater meines Mannes gestorben, zu dem er seit über 25 Jahren keinen Kontakt hatte.
Bei Bestatter wünschten wir „den billigsten Weg“ (wie sich mein Mann ausgedrückt hatte).
Der Bestatter hat uns einen Komplettpreis mit Ruheforst für 2000 € zugesichert.
Einige Tage später kamen auch die ersten Rechnungen (Leichenschau, Ruheforst …).
Es war sogar eine Rechnung an den Bestatter adressiert, die er uns per Fax zukommen ließ und die wir ebenfalls bezahlt haben.
Alles in der Annahme, es handle sich um Teilzahlungen auf die Komplettsumme, das waren 1.588 Euro.
Doch dann bekamen wir die Endrechnung des Bestatters und ich habe fast einen Herzschlag erlitten: 3.226,81 €.

In der Summe macht das rd. 4.815,51 €.
Vor 2 Tagen habe ich einen Widerspruch gegen die Rechnung geschrieben. Direkt per Fax gesendet und am gleichen Tag per Einschreiben mit Rückschein. Heute kam die Nachricht, dass das Einschreiben nicht angenommen wurde. Und ein Anruf vom Bestatter, der alles abstreitet. Wir fühlen uns betrogen und belogen. An wen können wir uns wenden und was können wir unternehmen?

Da leider die Zeit drängt (wg. dem Widerspruch), wären wir Ihnen für eine schnelle, erste Einschätzung der Lage sehr dankbar.

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Vielen herzlichen Dank für Ihr Vertrauen.
Es ist natürlich bitter, daß man für einen Menschen, zu dem man keinen Kontakt hatte, nun so tief in die Tasche greifen soll.
Meiner Meinung nach müßte es da eine Art Verjährung geben. Wenn Menschen so und so lange nichts mehr miteinander zu tun haben, haben andere ihnen gegenüber auch keine Verpflichtungen mehr. Aber so ist es leider nicht.

Ich sehe das Problem sofort.

Sie haben dem Bestatter gegenüber geäußert, daß Sie den „billigsten Weg“ gehen möchten.
Hier hätte der Bestatter einlenken müssen und nicht die Bestattung im Ruheforst wählen sollen. Waldbestattungen gehören klassischerweise zu den teureren Varianten.
Günstig sind anonyme Bestattungen auf einem Friedhof oder die Beisetzung im Ausland (Verstreuen der Asche in Tschechien oder auch der Schweiz).

Der kapitale Fehler, den Sie gemacht haben, ist der, daß Sie keinen Kostenvoranschlag verlangt haben.
Man muß nach der ersten Beratung beim Bestatter darauf bestehen, daß man etwas Schriftliches mit nach Hause nehmen kann.
Was man Schwarz auf Weiß besitzt, kann man hinterher auch zur Argumentation vorlegen, wenn es Unklarheiten bezüglich der Preise gibt.

Gibt der Bestatter keinen Kostenvoranschlag, oder zumindest eine grobe Kostenaufstellung heraus, muß man dort weggehen und einen anderen Bestatter aufsuchen.

So steht aber nun im Raum, Sie hätten den „billigsten Weg“ gewünscht, der Bestatter habe „einen Komplettpreis mit Ruheforst für 2.000 Euro“ zugesichert und dann kommen die Endrechnungen von über 5.300 Euro oder so.

Das steht aber eben nur im Raum, weil es keine Unterlagen gibt, aus denen man das beweiskräftig in Frage stellen könnte.

Der Bestatter wird sich darauf berufen, er könne immer nur Angaben zu seinen Preisen machen, und die lägen eben bei einer Feuerbestattung so um die 2.000 Euro für alles. Grabkosten und sonstige fremde Gebühren würde ja nicht er in Rechnung stellen, und deshalb gehe ihn das nichts an und würde diese Preise auch vorab nie sagen.

Ich könnte wetten, daß seine Argumentation so lautet, und er würde wahrscheinlich vor Gericht damit sogar durchkommen.

Ein Widerspruch hat bei einer Rechnung gar keine Wirkung, egal ob mit oder ohne Einschreiben und Rückschein.
Es ist ja kein öffentlicher Gebührenbescheid als Folge eines Verwaltungsaktes.
Privatwirtschaftliche Rechnungen kann man im Grunde nur anfechten, indem man sie nicht bezahlt. Dann kann der Rechnungssteller im weiteren Verlauf einen Mahnbescheid erlassen und genau gegen den kann man dann Widerspruch einlegen, damit die Sache vor Gericht überprüft wird.
Man könnte auch nun eine Klage gegen den Bestatter vorbereiten, um sich eventuelle Mahn-, Anwalts- und Inkassogebühren seitens des Gläubigers im Vorfeld zu ersparen. Aber hierzu müßten Sie bitte einen Rechtsanwalt aufsuchen und sich beraten lassen.

Ein Betrug liegt hier meiner Meinung nicht vor. Auch von Wucher kann nicht gesprochen werden.
Die Leistungen, für die hier Geld verlangt wird, wurden ja alle erbracht. Es geht im Grunde genommen nur darum, daß man Ihnen die Gesamthöhe der Kosten entweder verschwiegen hat oder so geschickt drumherumgeredet hat, daß die Höhe der Rechnung nun für Sie eine Überraschung ist.

Fachlich ist an der Rechnung zunächst mal nichts Großartiges auszusetzen. Die Preise befinden sich im mittleren oberen Bereich und sind weder günstig, noch überzogen. Es ist wie immer die Summe der vielen kleineren Positionen, die hier den Rechnungsbetrag ausmachen.
Die einzelnen Rechnungspositionen sind soweit stimmig, alles etwas teuer, aber durchaus im Rahmen dessen, was ich täglich zu sehen bekomme.
Das ist jetzt nichts dabei, bei dem ich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde.

Das Einzige, das mir auffällt sind die Kosten für die Überführung der Urne zum Forst. So etwas macht man, wenn es nicht innerstädtisch ist, per Postversand, was deutlich günstiger ist. Hier mag der Bestatter aber anführen, daß ihm ein Postversand wegen des Verlustrisikos zu riskant sei.

Eine günstige Feuerbestattung mit anonymem Grab kann man in der Tat bei einem der Billiganbieter im Netz zwischen 900 und 2.000 Euro bekommen.
Bei einem Bestatter und dann noch mit einer Beisetzung in einem Beisetzungswald summieren sich die Bestatterkosten, die schon alleine im Schnitt bei knapp 2.000 Euro liegen (im günstigsten Fall) und die Kosten für Grab, Einäscherung usw.

Ich kann Ihnen da leider keine großen Hoffnungen machen.
Es wird sich kaum beweisen lassen, daß Sie eine endgültige Obergrenze von 2.000 Euro verlangt haben und der Bestatter Ihnen diese auch zugesagt hat.
Zeugenaussagen von Verwandten bringen hier meist recht wenig.

Deshalb ist es neben dem Beharren auf einen Kostenvoranschlag immer eine gute Idee, noch eine dritte -nicht verwandte- Person mit zum Beratungsgespräch zu nehmen.

In diesem Fall sind die Fronten auch sehr verhärtet, was man an der Annahmeverweigerung Ihres Briefes und Ihrer Schilderung der Telefonate ablesen kann. So würde ein Gespräch kaum etwas bringen.

Es ist im Übrigen zu berücksichtigen, daß der Bestatter mit einer Factoring-Bank zusammenarbeitet. Er hat also seine Forderung gegen Sie an ein Unternehmen abgetreten, daß für ihn das Inkasso und Manhgeschäft erledigt. Der Bestatter wird also sein Geld von diesem Unternehmen bekommen und Sie müssen an diesen Factor bezahlen. Erfahrungsgemäß sind diese Unternehmen sehr hartnäckig und erfahren, wenn es um das Beitreiben von Forderungen geht.

Ich bedauere es wirklich, Ihnen da nichts anderes schreiben zu können.


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 26. Oktober 2016

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bombjack
8 Jahre zuvor

Frage:

[…]Es ist im Übrigen zu berücksichtigen, daß der Bestatter mit einer Factoring-Bank zusammenarbeitet. Er hat also seine Forderung gegen Sie an ein Unternehmen abgetreten, daß für ihn das Inkasso und Mahngeschäft erledigt. […]

Wie gängig ist so ein Konstrukt bzw. Geschäftsbeziehung in diesem Gewerbe (Bestattungen)?
Denn wenn so eine Zusammenarbeit nicht so gängig ist, dann ist das für mich durchaus ein Hinweis, dass dieser Bestatter nicht so ganz koscher ist.

Zudem es ja normalerweise in Geschäftsbeziehungen ähnlicher Art (Ich erteile einen Auftrag…) meiner Erfahrung nach, auch ohne explizite Nachfrage des Kunden, usus ist einen Kostenvoranschlag zu erstellen.

bombjack

Der Boandlkramer
8 Jahre zuvor

Die Hilfe eines Factorers nehmen inzwischen ziemlich viele Bestatter an. Auch ich gehöre dazu, denn nur so kann ich eine kalkulierbare Liquidität sicherstellen. Zugleich bringt es aber auch dem Kunden den Vorteil, dass er ein längeres Zahlungsziel von 21 Tagen hat und die Rechnung sogar in Raten von drei bis 24 Monaten abstottern kann.
Nun sind die Factorer keineswegs in der Mentalität eines Moskau Inkasso Büros unterwegs, sondern prüfen auch Beschwerden von Kunden gegen die Rechnung. Dies wird dann von dem Hausanwalt überprüft und der Bestatter beraten, ob man gerichtlich mit Erfolgsaussicht die Zahlung einfordert. Ist der Bestatter seriös und arbeitet ordentlich (z.B. transparente Kosten per Kostenaufstellung gleich von Anfang an), wird sich die Beschwerderate sehr gering halten, so wie bei mir. Bei mir erhalten die Kunden alle unterschriebenen Papiere inkl. der dezidierten Kostenaufstellung selbstverständlich in Kopie zum mit nach Hause nehmen.
Im oben genannten Fall hätte ich diesen geheimniskrämerischen Bestatter garnicht erst beauftragt. Nur das geschriebene Wort bringt Sicherheit. – Ist leider so.

Petrus
8 Jahre zuvor

nun,

der Vater des Mannes, mit dem er seit fünfundzwanzig Jahre keinen Kontakt hatte, scheint einigermaßen zuverläsig tot zu sein.

Das ist doch schon mal ein Anfang.




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