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Bestatterin in der Klemme: Diese Frage kostet 5.600 bis 8.400 Euro!

Bewerbungsgespräch

Einen gar unglaublichen Fall von Dreistigkeit schildert eine Bestatterin aus dem Sauerland. Sie ist einem mutmaßlichen Betrüger aufgesessen – und sie ist offenbar nicht die Einzige.

Ein Bewerbungsgespräch ist in meinen Augen ein Gespräch, in dem sich ein Anwärter auf eine freie Stelle bei seinem potentiellen neuen Arbeitgeber vorstellt.
In einem Gespräch lernen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber kennen und der Unternehmer erhält die notwendigen Informationen, um entscheiden zu können, ob er den Neuen einstellt oder nicht.

Ich habe diese Situation schon oft in meinem Leben durchgemacht, auf beiden Seiten. Als Unternehmer war es mir immer wichtig, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die es dem Bewerber erleichtert, aus sich herauszugehen und etwas von seiner wirklichen Persönlichkeit zu zeigen, nicht nur eine auswendig gelernte Rolle.

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Im ungünstigsten Fall holt man sich mit einer vermeintlich harmlosen Einstellung eine „Laus in den Pelz“. Gemeint ist damit eine Person, die sich zwar im Bewerbungsgespräch überzeugend präsentiert, im beruflichen Alltag aber erhebliche Probleme verursacht. Die Folgen sind nicht nur betrieblicher Ärger, sondern oft ein langwieriger und unangenehmer Trennungsprozess – mit Personalgesprächen, Abmahnungen, Konflikten im Team und nicht selten auch arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, die Zeit, Nerven und Geld kosten.

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die meisten Bewerberinnen und Bewerber mit ehrlichen Absichten kommen und zumindest eine gewisse Qualifikation mitbringen. Die Realität zeigt jedoch auch eine andere Seite: Es gibt Menschen, die sich gezielt auf Stellen bewerben, obwohl sie weder ernsthaft interessiert noch fachlich oder persönlich geeignet sind. Manchmal geschieht das aus rein formalen Gründen – etwa, weil Bewerbungen als Nachweis für das Jobcenter erforderlich sind. Andere sehen in einer kurzfristigen Anstellung lediglich ein Mittel, um Übergangsleistungen zu sichern oder bestimmte Ansprüche gegenüber Behörden zu begründen. Es gibt auch Bewerber, die sich in Wahrheit gar nicht auf eine konkrete Stelle festlegen möchten, sondern durch Ablehnungen ihre Sozialleistungen absichern wollen.

Und schließlich trifft man vereinzelt auf Menschen, die es geradezu darauf anlegen, Konflikte zu provozieren – sei es aus Lust an der Konfrontation, aus Frust oder mit dem Ziel, juristisch verwertbare Verstöße des Arbeitgebers zu erzeugen. Besonders perfide wird es, wenn Bewerbungen gezielt dazu genutzt werden, Formfehler im Bewerbungsverfahren zu provozieren, um später Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend zu machen. Auch wenn solche Fälle selten sind, zeigen sie doch, wie wichtig es ist, als Arbeitgeber umsichtig, professionell und rechtlich sattelfest zu agieren.

Denn nicht jede Bewerbung ist so harmlos, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Und nicht jeder Bewerber verfolgt das Ziel, ehrlich und engagiert zum Unternehmenserfolg beizutragen.

Nach meinen persönlichen Beobachtungen fällt es insbesondere Frauen in Bewerbungsgesprächen oft schwer, sich frei und selbstbewusst zu präsentieren – und damit meine ich ausdrücklich nicht Führungspositionen oder Managementposten, sondern ganz alltägliche Tätigkeiten wie Büroarbeit, Buchhaltung, Sekretariat, kaufmännische Assistenz, Reinigung oder Telefonservice.

Eine Tasse Kaffee, ein lockeres Gespräch über das Wetter oder andere unverfängliche Themen können dabei sehr hilfreich sein, um die Atmosphäre zu entspannen. Wenn sich die erste Anspannung löst, lässt man den Bewerber erzählen, stellt gezielt Fragen und gewinnt so ein authentisches Bild von der Person – jenseits einstudierter Antworten.

Doch welche Fragen stellt man? Na ja, ich habe immer alles gefragt, was mich interessiert, rein menschlich und auf die Arbeit bezogen.
Bei jungen Männern fragte ich beispielsweise immer, ob sie schon bei der Bundeswehr waren. Das war doch wichtig. Sonst stellst Du den ein, und ein paar Wochen später wird der eingezogen und Du musst auch noch seine Stelle freihalten.
Und bei Frauen hat man ganz selbstverständlich nach dem Kinderwunsch gefragt. Als Arbeitgeber kannst Du nichts dran ändern, wenn eine Frau sich für eine Schwangerschaft entscheidet oder lieber keine Kinder haben möchte. Aber, wenn eine Frau schon weiß, dass sie schwanger ist, sich dann eine Stelle sucht, um wenig später in Mutterschutz zu gehen, sorgt sie in der Personalplanung des Arbeitgebers doch nur für Trubel. Meine Meinung.

Und: Das war vor 30 Jahren, was ich hier beschreibe.

Heute darfst Du im Bewerbungsgespräch lügen. Du musst keine Fragen nach Religion, Herkunft, Krankheiten, Behinderungen, Alter, sexueller Orientierung oder Familienplanung beantworten. Werden Dir solche Fragen gestellt, dann darfst Du auch lügen. Und wenn später herauskommt, dass Du gelogen hast, dürfen Dir daraus keine Nachteile erwachsen. Das ist durch Antidiskriminierungsgesetze heute so geregelt und das ist in weiten Teilen auch gut so.

Viele Fragen von Arbeitgebern sind ehrlicherweise übergriffig und dienen nicht dazu, die Qualifikation des Bewerbers festzustellen.

Allerdings birgt das Ganze auch eine böse Falle:

Wurdest Du als Bewerber abgewiesen und wurde eine unzulässige Frage gestellt, kannst Du eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern erhalten, sogar wenn Du die Stelle sowieso nicht erhalten hättest. Dieser Anspruch auf Schadensersatz ist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Was ist das AGG?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, schützt Menschen in Deutschland vor Diskriminierung im Berufsleben und bei Alltagsgeschäften.

Ziel des Gesetzes:

Benachteiligungen verhindern – insbesondere bei Bewerbungen, Einstellungen, Kündigungen und im Arbeitsalltag.

Geschützte Merkmale gemäß § 1 AGG:

  • Ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • Sexuelle Identität

Was bedeutet das für Bewerbungen?

Fragen, die sich auf diese Merkmale beziehen, sind im Bewerbungsgespräch in der Regel nicht erlaubt – es sei denn, es liegt ein nachweisbar berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vor (z. B. bei kirchlichen Einrichtungen oder körperlich sehr anspruchsvollen Berufen).

Unzulässige Fragen dürfen nicht-wahrheitsgemäß beantwortet werden – rechtliche Nachteile entstehen dadurch nicht.

Der aktuelle Fall Fritz Sonntag

Und genau hier tritt Fritz Sonntag (Name geändert) auf den Plan. Fritz Sonntag hat sich bei einer Bestatterin beworben.

Ich möchte alle Bestatter vor Fritz Sonntag warnen! Der Mann hat sich bei uns beworben, weil wir einen Fahrer und Helfer in Festanstellung gesucht haben.
Wegen der Kraft habe ich einen Mann gesucht, musste aber in die Anzeige schon aufnehmen, dass wir auch eine Frau oder divers nehmen würden, obwohl das gar nicht stimmt. Denn Frauen sind den schweren Särgen und den geforderten handwerklichen Arbeiten nicht gewachsen, das haben wir ganz oft festgestellt.
Für mich bedeutet das, dass sich immer auch zarte Damen bewerben, wo ich schon von Anfang an sehe, dass die das gar nicht können. Ich muss sie aber einladen, ein Bewerbungsgespräch führen und dann völlig neutral absagen.

Dieser gewisse Herr Sonntag spielt im Bewerbungsgespräch mehrmals gezielt auf sein Alter an, sagt es aber nicht. Da bin ich in die böse Falle getappt und habe ganz harmlos gefragt: „Wie alt sind Sie denn, wenn ich mal fragen darf?“

Beim Rausgehen hinkte Herr Sonntag auffällig und erzählte von sich aus, dass er ein Problem mit dem Knie habe und bald operiert werden müsse. Ich habe ihn nicht eingestellt.
Ganz ehrlich? Weil ich Angst hatte, dass er anfängt und dann wegen Knie wochenlang, ja monatelang im Krankenhaus, Kur und REHA ist. Ich kann so jemanden nicht einstellen. Der Mann muss schwere Särge mit Verstorbenen durch enge Treppenhäuser tragen können. Mit über 60 kann man das noch, keine Frage. Aber mit Knie? Nein.

Ich bin Bestatterin durch und durch. Eigentlich bin ich Physiotherapeutin. Nachdem mein Mann vor 2 Jahren mit 29 Jahren gestorben ist, mache ich das mit meinen Angestellten alleine. Ich mache das mit Herzblut. Jede Bewerbung macht mir viel Arbeit und kostet mich Nerven. Ich kann mich nicht damit aufhalten, ständig neue Leute einzustellen. Ich suche gute Leute, die dann auch bleiben. Dafür zahle ich über Durchschnitt und bin lieb zu den Leuten. Die bleiben auch alle ewig.
Aber der Mann schien mir nicht geeignet.

Der Mann hat von mir eine freundliche und absolut neutrale Absage bekommen. Wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden, vielen Dank und alles Gute.

Nun erhalte ich ein Schreiben von dem. Ich hätte gemäß AGG eine unzulässige Frage gestellt, nämlich nach dem Alter. Damit fühlt sich Herr Sonntag diskriminiert. Um uns unnötige Laufereien zum Gericht und teure Anwaltskosten zu ersparen, bietet er an, ich solle bitte 3 Monatsgehälter á 2.800 Euro auf sein Konto überweisen, dann sei alles erledigt.

Ich war trotzdem bei unserer Anwältin. Ganz liebe Frau, die das schon seit Jahren alles für uns macht. Der Hammer: Sie meint, ich hätte schlechte Karten!!! Sie meint, wir sollten dem im Vergleich 2 Gehälter anbieten, sonst gehe der vor Gericht.
Der Oberhammer: Ich bin beim Gewerbestammtisch und erzähle das. Da meldet sich tatsächlich ein Bestatter aus B. und ein Schreiner von hier, denen es genauso gegangen ist. Jedes Mal war das dieser Herr Fritz Sonntag!!!
Der reist auf diese Masche! Beim Bestatter aus B. will er sogar noch eine Pauschale für Bewerbungsunterlagen und die Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch haben.

Kann man so einem nicht das Handwerk legen???

Tabelle unzulässiger Fragen

Themenbereich Unzulässige Frage Warum unzulässig?
Sexuelle Identität Sind Sie schwul oder hetero?
Haben Sie einen Freund?
Die sexuelle Orientierung ist durch AGG und Grundgesetz geschützt – kein berufliches Kriterium.
Alter Wie alt sind Sie?
Wann wollen Sie in Rente gehen?
Alter ist ein geschütztes Merkmal; solche Fragen fördern Altersdiskriminierung.
Familienstand / Schwangerschaft Sind Sie verheiratet?
Haben Sie Kinder?
Wie sieht Ihre Familienplanung aus?
Familienstand und Kinderwunsch sind Privatsache – kein Kriterium für Eignung.
Behinderung / Gesundheit Haben Sie eine Behinderung?
Wie oft sind Sie krank?
Nur zulässig, wenn die Beeinträchtigung für die konkrete Tätigkeit relevant ist.
Ethnische Herkunft / Staatsangehörigkeit Haben Sie die deutsche Staatsbürgerschaft?
Was ist Ihre Muttersprache?
Könnte auf ethnische Herkunft abzielen – mittelbare Diskriminierung möglich.
Religion / Weltanschauung Sind Sie religiös?
Feiern Sie Weihnachten?
Nur bei kirchlichen oder weltanschauungsgebundenen Arbeitgebern in engen Grenzen erlaubt.

Meine Einschätzung

Es ist richtig, dass Arbeitgeber nicht jede Frage stellen dürfen. Viele Fragen gehen unter die Gürtellinie, haben mit der ausgeschriebenen Stelle nichts zu tun oder gehen den Arbeitgeber schlichtweg nichts an.
Ob jemand homosexuell ist, hat einen Chef nicht zu interessieren. Und solange man keine kirchliche Organisation vertritt, ist auch die Frage nach der Religion absolut unsinnig.
Wenn es mit der angestrebten Tätigkeit nichts zu tun hat, sind auch Behinderungen, Krankheiten oder das Alter keine wichtigen Informationen.

Jedoch hat alles seine Grenzen.

Denn sobald bestimmte persönliche Merkmale unmittelbar mit der Berufsausübung in Zusammenhang stehen, darf – ja muss – ein Arbeitgeber auch nachfragen. Dann sprechen Juristen von einem “berechtigten Interesse”.

Praktische Beispiele, wann Fragen erlaubt sind:

Sehkraft und Reaktion bei sicherheitskritischen Berufen
Ein Kranfahrer, ein Pilot oder ein Lokführer muss über eine einwandfreie Sehkraft und gutes Reaktionsvermögen verfügen. Hier darf nach gesundheitlichen Einschränkungen, regelmäßigem Medikamentenkonsum oder bestimmten Erkrankungen gefragt werden – und zwar völlig zu Recht.

Polizei, Justizvollzug oder Bundeswehr
Hier sind nicht nur körperliche Voraussetzungen wichtig, sondern auch Loyalität zum Staat. Es kann daher zulässig sein, nach der Staatsangehörigkeit oder sogar nach einer bestimmten religiösen Ausrichtung zu fragen – wenn beispielsweise erwartet wird, dass Beamtinnen und Beamte das Neutralitätsgebot wahren.

Pflegekräfte und medizinisches Personal
In Bereichen mit engem Körperkontakt oder mit besonderem Hygienerisiko kann die Frage nach bestimmten Krankheiten, Impfstatus oder physischen Einschränkungen gerechtfertigt sein – etwa bei übertragbaren Infektionskrankheiten.

Arbeit mit Kindern oder schutzbedürftigen Personen
Im pädagogischen und sozialen Bereich (z. B. Kindergärten, Behindertenhilfe, Pflegeheime) kann unter Umständen eine Anfrage zur religiösen oder weltanschaulichen Ausrichtung oder zur persönlichen Lebensweise erforderlich sein – besonders dann, wenn die Trägerschaft konfessionell gebunden ist.

Kirchliche Träger und Religionsgemeinschaften
Wer sich bei der katholischen Kirche oder einer anderen Glaubensgemeinschaft bewirbt, muss damit rechnen, dass Fragen zu Religion, Konfession, Ehestand oder gleichgeschlechtlicher Partnerschaft gestellt werden – sofern diese mit der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ begründet werden können.

Physisch belastende Tätigkeiten
Bei Berufen, die mit erheblicher körperlicher Belastung einhergehen – etwa Gerüstbauer, Dachdecker, Lagerarbeiter – kann der Arbeitgeber nach körperlichen Einschränkungen fragen, weil diese unmittelbar die Sicherheit betreffen.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt Bewerber vor willkürlichen, neugierigen und diskriminierenden Fragen. Aber dieses Schutzschild ist nicht absolut:
Sobald eine persönliche Eigenschaft objektiv relevant für die Ausübung der Tätigkeit ist, dürfen Arbeitgeber nachfragen – aber immer nur im Rahmen des Notwendigen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

Wer hingegen pauschal oder aus persönlichem Interesse fragt („Sind Sie verheiratet?“ oder „Woher kommt Ihr Name?“), verlässt klar den rechtlich zulässigen Rahmen – und muss mit Konsequenzen rechnen.

Nach meiner Einschätzung (aber ich bin kein Anwalt!) hat die erfahrene Anwältin der Fragestellerin recht. Die Frage nach dem Alter war unzulässig.
Die Gründe für die Frage mögen berechtigt sein. Die Bestatterin wollte wissen, ob der Mann die schwere Arbeit überhaupt machen kann.
Sie hätte deshalb klüger fragen müssen! Man darf nämlich durchaus die körperliche Eignung erfragen.

1. Frage nach dem Alter: grundsätzlich unzulässig

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (§ 1 i. V. m. § 7) ist die Diskriminierung wegen des Alters bei Bewerbungen untersagt.
Die Frage „Wie alt sind Sie?“ gilt immer und grundsätzlich als unzulässige Frage. Selbst wenn der Bewerber selbst auf sein Alter anspielt, darf der Arbeitgeber daraus keine direkte Nachfrage ableiten.

Falle: Sobald eine solche Frage gestellt wird, kann ein Bewerber im Nachhinein behaupten, dass er sich deswegen diskriminiert fühlt – und unter Umständen auf Entschädigung klagen (§ 15 AGG). Und genau das ist hier passiert.

2. Körperliche Eignung – berechtigtes Interesse ja, aber…

Der Beruf des Sargträgers und Bestattungsfahrers erfordert physische Belastbarkeit: schweres Heben, Tragen über Treppen, enge Räume, auch bei schlechtem Wetter.
In solchen Fällen darf sehr wohl nach der konkreten gesundheitlichen Belastbarkeit gefragt werden. Also nicht:

  • „Sind Sie krank?“
  • „Wie alt sind Sie?“

Sondern:

  • „Können Sie regelmäßig Lasten von über 40 kg tragen?“
  • „Sind Sie körperlich belastbar und uneingeschränkt einsetzbar – auch für Treppenhäuser?“

Wichtig: Fragen müssen anforderungsbezogen, konkret und diskriminierungsfrei formuliert sein.
Nicht erlaubt: Rückfragen zum Alter, zu Erkrankungen, zu OPs.
Erlaubt: Anforderungen des Arbeitsplatzes klar formulieren und den Bewerber fragen, ob er diese erfüllen kann.

Besonders wichtig: Der Arbeitgeber sollte diese Fragen am besten rechtssicher vorformulieren, exakt ablesen und die Frage mit den Antworten sofort dokumentieren. Es muss belegt werden, dass die Fragen gestellt wurden, um die tatsächliche Eignung festzustellen und auch um Schaden abzuwenden und dass nicht nur ein allgemeines Interesse vorliegt. Je konkreter, desto besser.

Verdacht auf systematischen Missbrauch (AGG-Trolling)

Die geschilderte Forderung nach Geld gegen Klageverzicht (3 Monatsgehälter) und die Hinweise auf ähnliche Fälle mit demselben Bewerber Fritz Sonntag legen allerdings nahe, dass hier systematisch versucht werden könnte, Arbeitgeber zu AGG-Verstößen zu provozieren, um anschließend Abfindungen zu erpressen.

Das ist rechtlich nicht strafbar, solange keine nachweisbare Täuschungsabsicht oder Erpressung vorliegt. Aber es ist moralisch fragwürdig und bewegt sich am Rand des Rechtsmissbrauchs. Manche nennen das bereits AGG-Trolling.

Was kann oder sollte man tun?

1. Stellenausschreibungen korrekt formulieren

Keine Aussagen wie „nur Männer“, auch wenn die Tätigkeit körperlich fordernd ist.
Stattdessen klar formulieren, dass körperliche Belastbarkeit und Heben von Lasten bis XX kg erforderlich ist.
So kann man sich absichern, ohne gegen das AGG zu verstoßen.

2. Bewerbungsgespräche protokollieren

Fragen nur anforderungsbezogen formulieren.
Keine Fragen zu Alter, Familienstand, Religion, Gesundheit oder Sexualität.
Wenn der Bewerber von sich aus etwas äußert (wie hier: Knie-OP), nicht weiter nachfragen.
Gesprächsverlauf dokumentieren – für den Fall einer späteren Auseinandersetzung.

3. Rechtsberatung einschalten – aber klug handeln

Im beschriebenen Fall scheint die Anwältin zu Recht zur vergleichsweisen Zahlung geraten zu haben, um einen aufwendigen Prozess zu vermeiden.
Ein Gericht könnte die Altersfrage und die abgelehnte Einstellung sehr wohl als Verstoß gegen das AGG werten – selbst wenn der Mann tatsächlich untauglich war.

Und was ist mit „Handwerk legen“?

Wenn dieser Herr tatsächlich systematisch Bewerbungen schreibt, Vorstellungsgespräche provoziert und dann abkassiert, könnte es sich – je nach Einzelfall – um:

  • versuchten Prozessbetrug oder
  • zivilrechtlichen Rechtsmissbrauch handeln.

Allerdings: Solange keine konkreten falschen Angaben oder Täuschungen vorliegen, ist das juristisch schwer angreifbar.
Einzig möglich: Sammelanzeige oder Beschwerde bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit Hinweis auf das wiederholte Muster.

Auf jeden Fall rate ich davon ab, Rundschreiben unter Kollegen zu versenden, die Ross und Reiter nennen. Keine Aufrufe in sozialen Medien!

Was meinst Du? Wie würdest Du Dich in einem solchen Fall verhalten?

Hinweis:

Diese Einschätzung beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und gibt ausschließlich meine Meinung wieder. Zu Rechts-, Steuer- und medizinischen Themen sollten Sie immer einen ausgewiesenen Fachmann fragen. Das ist oft günstiger als man denkt. Verlassen Sie sich nie auf Erkenntnisse, die Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!

Bildquellen:

  • bewerbungsgespraech: Peter Wilhelm KI

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(©si)