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BILD: Leiche aus der Rechtsmedizin verschwunden! Familie verzweifelt

Leiche weg

Ich sage es ja immer wieder: Fast alle vermeintlichen Skandale im Bestattungswesen entpuppen sich bei näherer Betrachtung als eher übliche Vorgänge. Sie werden nur vom Laien und von uninformierten Journalisten als skandalös empfunden. Das gilt umso mehr, wenn es die BILD ist, die darüber berichtet.

Bild Zeitung WarnungWas ist passiert:
Ein 40-jähriger Mann stirbt an Diabetes und wird in seiner Wohnung tot aufgefunden.
Wenn jemand stirbt und noch nicht sehr alt ist und niemand beim Sterben dabei war, schaut die Staatsanwaltschaft näher hin.
Der Bruder des Verstorbenen ruft bei einem Bestatter (Bestatter 1) an und erkundigt sich, wie es weitergehen soll.
Dem Bestatter wird der Name des Verstorbenen mitgeteilt und er glaubt, er sei beauftragt, den Verstorbenen zu bestatten.
Das Unternehmen versteht die Anfrage als Auftrag, holt sich mit den persönlichen Daten des Verstorbenen den Bestattungsschein für die Beerdigung bei der Staatsanwaltschaft ab. Das ist so üblich.
Doch der Bruder des Verstorbenen hat sich für ein anderes Bestattungsinstitut entschieden und sagt das auch dem ersten Bestatter. Der stellt daraufhin die weitere Bearbeitung ein.
Auch das kommt immer mal wieder vor, dann kommt halt der Bestatter Nummer 2 und holt sich die Unterlagen bei Bestatter 1 ab.
In diesem Fall will Bestatter 2 die Papiere bei der Staatsanwaltschaft holen, aber die hat Bestatter 1 ja schon abgeholt.
Es vergeht eine gewisse Zeit und weil der erste Bestatter sich wie abgemacht nicht weiter gekümmert hat, hat das Friedhofs- und Ordnungsamt auch keine Rückmeldung darüber, dass sich überhaupt jemand kümmert.
So geht das Ordnungsamt davon aus, dass der Verstorbene keine Familienangehörigen mehr hat und ordnet bei einem dritten Bestattungsunternehmen die Einäscherung an!

In der BILD stehen dann da Wörter wie „unfassbar“, „fassungslos“ und zitiert Bestatter 2: „Mir wurde die Leiche geklaut.“

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Das ist immer so, wenn jemand keine Ahnung hat und seine Überraschung in deutsche Empörung umschlägt.

Wir können ja ohne weitere Recherchen und basierend auf dem BILD-Artikel nur mutmaßen.
Aber, wenn Bestatter 1 losfährt, um sich die Papiere bei der Staatsanwaltschaft zu holen, muss das Unternehmen davon ausgegangen sein, den Auftrag auch zu bekommen. Das ist allgemein so üblich. Verstorbene müssen oft zügig abgeholt werden, ohne dass jemand von der Familie schon alles ausgesucht, bestellt und beauftragt hat. Das geht oft direkt nach einem Anruf los.

Und Bestatter 1 hat ja erstmal nur die Freigabe von der Staatsanwaltschaft geholt. Ohne die bekommt man den Leichnam gar nicht. Und Bestatter 1 hat auch den Leichnam gar nicht abgeholt.

Wir dürfen also annehmen, dass sich der Bruder am Telefon nicht ganz eindeutig ausgedrückt hat, sonst wäre Bestatter 1 gar nicht auf die Idee gekommen, irgendetwas zu unternehmen. Denn es kommt vergleichsweise häufig vor, dass Leute sich erst einmal telefonisch erkundigen.

Wenn dann die Angehörigen einen anderen Bestatter aussuchen und Nummer 1 schon was gemacht hat, dann übernimmt halt eben Bestatter 2. Das ist für Nummer 1 ärgerlich, aber was soll er machen? In diesem Fall hat er ja nur die Freigabe geholt, also kein Beinbruch.

Jetzt entsteht ein Kommunikationsdilemma. Ich frage mich, weshalb der Bruder dem Bestatter 2 nichts von Bestatter 1 erzählt hat. Es ist auch seltsam, dass die Staatsanwaltschaft nicht sagt, dass Bestatter 1 die Papiere geholt hat. Zumindest das sollte dort vermerkt worden sein.
Bestatter 2 muss herumtelefonieren und offenbar vergeht darüber eine gewisse Zeit. Wir wissen nicht, wie viele Tage vergangen sind.
Aber eine gewisse Zeit muss vergangen sein, das Ordnungsamt ordnet nicht sofort eine Bestattung von Amts wegen an.
Aber genau das ist passiert.
Bestatter 1 hat nichts mehr gemacht, weil der Bruder ihm den Auftrag nicht erteilt hat. Von Bestatter 2 weiß Bestatter 1 nichts.
Bestatter 2 kümmert sich entweder nicht richtig, nicht zügig genug oder bekommt falsche Auskünfte, wir wissen es nicht.

Jedenfalls ist auf einmal für die Ordnungsbehörde genug Zeit vergangen und aus deren Sicht kümmert sich eben keiner um die Leiche.
In solchen Fällen wird dann eben die „Bestattung von Amts wegen“ angeordnet. Heutzutage eine einfache Feuerbestattung meist im anonymen Grab.

Und so kommt es, dass das Amt Bestatter 3 beauftragt. Das Amt weiß weder etwas von Bestatter 1, noch von Bestatter 2.
Und so kommt es weiterhin, dass der Leichnam eingeäschert wird, noch bevor Bestatter 2 einen Durchblick hat, was passiert ist.

Das Tragische: Der Bruder konnte nicht mehr am offenen Sarg vom Verstorbenen Abschied nehmen.
Das Gute: Die Asche war noch nicht beigesetzt und Bestatter 2 kann eine würdevolle Trauerfeier mit der Urne organisieren.

Wo liegt der Fehler? Wer hat geschlampt?
Meiner Meinung nach ist es eine unglückliche Verkettung der Umstände und mangelnde Kommunikation.

Für die Angehörigen tut mir das leid.

Bildquellen:
  • geklaut: Peter Wilhelm KI


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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 8. Februar 2025

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