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Billig und nass

Herr Schwäble hat gehört, daß in unserer Gegend die Blumen und Kränze so teuer sind. Weil er aber aus Lucherberg, das irgendwo zwischen Köln und Aachen liegen soll, zu einer Beerdigung in unsere Stadt kommen soll und von ihm als Enkel erwartet wird, daß er für seine verstorbene Großmutter einen Kranz mit Schleife stiftet, hat er sich was einfallen lassen.

Er hat den Kranz bei sich zu Hause in Lucherberg oder einer benachbarten Gemeinde von einem Gärtner machen lassen, das kostet nur die Hälfte, dafür ist der Kranz besonders groß und schön.
Der Gärtner meinte es besonders gut, stopfte den Kranz in eine jener Plastiktüten, die man vom Reifenschnelldienst zur Aufbewahrung seiner Winterreifen bekommt und befeuchtete ihn gründlichst.

An und für sich alles keine schlechte Idee…
Nur… Herr Schwäble hat gar kein Auto, muß mit der Bahn reisen und hat noch seine gehbehinderte Mutter dabei.

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Ich habe mir das mal so ausgemalt, wie er mit der riesigen Tüte mit dem sauschweren Kranz am Bahnsteig steht, die Tüte so langsam vor sich hin tropft und er mit der anderen Hand irgendwie seine Mutter stützt.

Der Zug hat wohl Verspätung gehabt, anders kann ich es mir nicht erklären, daß Herr Schwäble mitsamt Mutter nicht rechtzeitig zur Trauerfeier kam. Erst als der Sarg aus der Trauerhalle in Richtung Grab gefahren wurde, kamen die beiden mit dem Taxi am Friedhof an.

Mutter Schwäble wurde hinten in den Trauerzug eingereiht und von anderen Verwandten gestützt, während Herr Schwäble sich durch die Reihen der dem Sarg Folgenden Stück für Stück nach vorne kämpfte, eine Reisetasche über der Schulter und die tropfende Reifentüte vor der Brust. Schließlich hatte er sich in die erste Reihe der Trauernden vorgekämpft und zerrte den großen schweren Kranz aus der Tüte. Sein Ziel war es, den Kranz jetzt auf den Kranzwagen zu hängen, jenem Gefährt, das mit Kränzen und Schalen beladen, dem Sarg mitunter folgt.

Doch immer wenn er den Kranz beherzt auf einen der freien Haken hängen wollte, zuckte der Wagen nach links oder rechts weg und bog ab.
Ich sah den Mann, erkannte seine mißliche Lage und wollte ihm helfen. Ein Blick, ein Wink und einer meiner Angestellten und ein Friedhofsmitarbeiter eilten ihm zur Hilfe. Sie hätten ihm den Kranz endlich abgenommen und auf den Kranzwagen gehängt, doch offenbar hielt Herr Schwäble die beiden für Wegelagerer und Kranzräuber, die ihm das wertvolle Stück stehlen wollen und schulterte den Kranz links, worauf rechts die Reisetasche herunterzufallen drohte. Mit den Ellenbogen stieß er die Männer weg und begann nun zu rennen um den den Kranzwagen zu erreichen, doch inzwischen war der Zug am Grab angekommen, der Sargwagen bog zunächst in einen Seitenweg ab und Herr Schwäble war unvermittelt der Erste im Trauerzug, der mit seinem nassen Kranz in die Gruppe der Ministranten stolperte, die dem Sarg folgten.

Endlich, endlich konnte mein Mitarbeiter wieder zu ihm vordringen und sich erklären. Dann erst rückte Herr Schwäble den Kranz heraus und blieb klitschnaß zurück, naß vom Kranz und naßgeschwitzt.

Sicher, er hat ’ne Menge gespart, aber einfacher wäre es wirklich gewesen, er hätte den Kranz telefonisch hier bei einem Gärtner bestellt und der Kranz wäre dann einfach nur angeliefert worden, ohne Stress und ohne daß man völlig durchweicht gewesen wäre.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 26. Oktober 2008 | Revision: 28. Mai 2012

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jemand
16 Jahre zuvor

Göttlich…
Man muss sich das mal vorstellen 😉
Und die Namenswahl passt auch wieder…

Tina
16 Jahre zuvor

Falscher Geiz ist sowas

geburtsschwabe
16 Jahre zuvor

haha, der name.. göttlich.

martin III.
16 Jahre zuvor

wie dumm muss man sein um einen kranz in der bahn mitnehmen zu wollen? wer schonmal in der traurigen situation war einen kranz mit ordentlicher grösse auf den friedhof tragen zu müssen weiss wie hirnrissig diese idee ist. und das alles für ein paar euro …

Hoschi
16 Jahre zuvor

Er kann ja froh sein, daß er kein Auto hat. Sonst hätte er im Abfahrtsstreß evtl. daneben gegriffen und einen seiner Winterreifen am Grab abgelegt…

MacKaber
16 Jahre zuvor

OK, er hätte den Kranz hier machen lassen können. dann wäre er stressfrei zuhause geblieben, weil das Geld nicht mehr für die Fahrkarte gereicht hätte. Ausser er nimmt einen Kredit bei Bekannten auf. Nicht jeder der sparen muß ist ein Schwabe, manche haben auch kein Geld um sich das Sparen leisten zu können.

it's me
16 Jahre zuvor

Naja, es muss ja nicht immer ein Kranz sein. Ein Grabstrauß oder ein Gesteck kann genauso schön sein. Sinnvoller und günstiger ist da übrigens noch eine Pflanzschale, damit kann das geebnete Grad gleich bepflanzt werden. Und eine Schleife kann man alle Varianten hängen, auch mit Wunschdruck.

16 Jahre zuvor

große Kränze haben großes Gewicht ….
und sind verdammt unhandlich 🙂

Sam0815
16 Jahre zuvor

Jede Wette, dass die Überschrift zu Besuchern auf der Seite führt, die eigentlich
was ganz Anderes gesucht haben.

Alleine das hat für mich schon einen guten Start in die Woche gesorgt, aber der Text
hat mir den Rest gegeben. Mal sehen, wie ich das Grinsen aus dem Gesicht bekomme,
bevor mein Chef hier gleich erscheint.

Matthias
16 Jahre zuvor

Oder einfach ein Auto besorgen 😉

Ich kann nur müde lächeln, wenn es für andere als eine logistische Unmöglichkeit erscheint, ein 2 m langes Ikea-Regal zu transportieren und Lieferdienste bemüht werden müssen. Bei mir ist es eine Sache von 3 Minuten, aus dem Ford Transit die Rückbank auszubauen, hehe.

Kempeth
16 Jahre zuvor

Nicht unnötig Geld ausgeben ist ja schön und recht aber wenn ich mir durch ein paar Euro/Franken nen Haufen Mühe ersparen kann ist’s mir das wert…

Pina
16 Jahre zuvor

Oh meine Güte, eigenlich ist der anlass ja nciht unbeidngt zum Lachen, aber ich muss sagen, diese Vorstellung mit dem Kranz, der Omma und der Reisetasche, wahnsinnig!! Weiß man etwas über die Gesichter der weiteren Trauergäste? Eher entsetzt oder gab es doch einige schmunzler?

Thomas
16 Jahre zuvor

Ich kann es verstehen, wenn jemand einen Gärtner hat, der besonders schöne Kränze macht und er diese deshalb mitschleppt. Einen günstigen Gärtner hingegen dürfte man in jeder Stadt finden, notfalls fragt man die Nachbarn der Oma oder ruft im Nachbarort an oder hat soviel Vertrauen zum Bestatter, daß man ihn um Hilfe bittet.




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