Martin hat sich als große Hilfe erwiesen. Er und Elisabeth haben sich unterhalten und waren heute gemeinsam hier. Immerhin hatte er ja jetzt erst erfahren, daß er zweifacher Onkel ist und sieht sich ein wenig in der Verantwortung, Elisabeth und den Kindern zu helfen.
Den Termin für die Trauerfeier müssen wir schieben. Martin sagt, seine Eltern und der Rest der Familie würden selbstverständlich kommen, aber das klappe nicht vor Donnerstag. Das bekommen wir hin. Ansonsten bleibt es bei der Bestellung die Elisabeth aufgegeben hat, lediglich den Kranz stornieren die beiden, denn Martins Eltern bringen Kränze mit, die sind dort günstiger.
Ich will wissen, wie Martins und Brunos Eltern die Sache aufgenommen haben. Martin schüttelt langsam den Kopf und sagt: „Ach wissen Sie, für meinen Vater ist das eher so, daß diese Sache jetzt ein Ende hat. Meine Mutter allerdings ist so aufgewühlt, als sei Rüdiger nie weg gewesen.“
„Und was wird jetzt auf dem Grabstein stehen?“
„Au, au, au, da sprechen Sie was an. Da habe ich bei meinen Eltern Überzeugungsarbeit leisten müssen. Aber jetzt steht fest, daß er einen Grabstein bekommt, auf dem beide Vornamen und sein richtiger Nachname stehen wird. Elisabeth ist da auch mit einverstanden, nicht wahr?“
Elisabeth nickt und sagt: „Hauptsache ist doch, daß wir wissen, wer da liegt. Der Stein ist doch nur ein Symbol.“
„Wer zahlt denn jetzt alles?“ erkundige ich mich und Martin macht eine wegwerfende Handbewegung: „Ach, da werden wir uns schon einig. Ich denke, daß meine Eltern die Hälfte bezahlen und den Rest teilen wir anderen uns. An sowas soll es nicht scheitern.“
Gestern schon war ich mit Martin kurz bei Bruno gewesen, er wollte ganz sicher sein, daß es sich um seinen Bruder handelt. Jetzt äußert er den Wunsch, seinen Bruder nochmals besuchen zu können. Das ist kein Problem und Elisabeth und Martin bleiben zwanzig Minuten bei dem Verstorbenen.
Hinterher weint Elisabeth fürchterlich und Martin ist ganz blaß um die Nase. Sie bekommen Kaffee, das hilft.
„Eine ganz ungewöhnliche Bitte habe ich noch“, sagt Martin und fährt fort: „Falls Sie die nicht erfüllen können, hätte ich auch Verständnis, aber besteht eventuell die Möglichkeit, daß wir ein Foto von Rüdiger machen lassen können?“
Ich ziehe die Akte zu mir herüber, klappe den Aktendeckel auf und entnehme dem Bündel das Foto, das wir sowieso immer machen: „Reicht das? Ist das gut genug?“
Martin schluckt und nickt stumm.
Elisabeth wirft nur einen kurzen Blick auf das Bild und sagt: „Ich will keins!“ Und an Martin gewandt: „Ich habe auch noch ein paar ganz wenige Bilder von Bruno. Meistens hat er fotografiert und ist auf den Bildern nicht drauf, aber so ein paar habe ich doch, da können wir Abzüge von machen.“
Ich erkundige mich nochmals nach Personenstandspapieren, denn ich will die haben, bevor die Beerdigung stattfindet, damit bei der Verwaltung alles unter dem richtigen Namen laufen kann.
Martin versichert mir, daß er es veranlassen wird, daß uns die Sachen zugefaxt werden.
Dann gehen die beiden.
Ich rufe beim Standesamt an, wo ich schon heute ganz früh Bescheid gesagt hatte und werde angenehm überrascht. Die Standesbeamtin hat von sich aus mit der Heimatgemeinde telefoniert und sich die entsprechenden Auszüge zufaxen lassen. Sie hat auch Staatsanwaltschaft und Friedhofsamt verständigt, prima.
Noch ein Anruf beim Friedhofsamt und ich habe Glück. Die junge Deutsch-Türkin, die heute Dienst hat, ist zwar nie besonders freundlich, aber sie macht auch nie irgendwelche Zicken, wenn man mal einen besonderen Wunsch hat. Sie ändert die Unterlagen ab und jetzt läuft der Sterbefall offiziell unter „Rüdiger (genannt Bruno) Urban“.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: bruno
immerhin ist er onkel geworden, ich denke die familie nimmt elisabeth auf und freut sich eine tochter und enkel zu bekommen
Eine Frage hätte ich da: wird jetzt auf Grabstein „Rüdiger ‚Bruno‘ Urban“ oder „Rüdiger Urban, später bekannt als Bruno Xyz“ stehen?
Erste Variante ohne Anführungsstriche.
Bruno 9 liest sich für mich, als wenn Elisabeth und Martin noch deutlich mehr miteinander zu tun haben werden 😉
Kann mir mal einer sagen, warum ich jetzt feuchte Augen hab? *schnüff*
Urban… Bruna äh Bruno… daher also der für das Alter „ungewöhnliche“ Name.
Die Geschichte hat – unter den gegebenen Umständen – ja noch eine recht positive Wendung genommen. Und das alles nur, weil du dir etwas mehr Mühe gegeben hast als die Polizei.
Man lernt immer mehr Facetten deines Berufs kennen, und genau das ist es, was ich an deinem blog so schön finde.
Wieso stell ich mir Bruno als kleinen Lockenkopf-Proll mit kleinem Bäuchlein vor?!?
@drea
Weil Hubertus Albers alias Atze Schröder so aussieht? 😉
@drea:
Gestern zuviel Ludolfs geguckt?
na siehste, geht doch
Stimmt, der erinnert mich irgendwie an Atze.