Frau Büser kommt zur Arbeit und hat ein Pflaster am Kinn. Darauf angesprochen reagiert sie unwirsch, verweigert jegliche Auskunft und man merkt sofort, daß sie am Liebsten verschweigen würde, wie diese Verletzung zustandegekommen ist.
Meine Erfahrung lehrt mich, daß dann häufiges und bohrendes Nachfragen der völlig falsche Weg sind. Die mit dem Doppel-X werden dann bockig. Aber das wäre an sich ja kein Problem, denn weit über 90% der Dinge, die Frauen im Allgemeinen für erwähnenswert oder wichtig und problematisch halten, sind für Männer nicht mal wert, daß sie selbst die kleinste ihrer Synapsen kitzeln dürften.
Das wiederum führt dann dazu, daß die durch einen Mann herbeigeführte Unterbrechung des Informationsflusses von Seiten der Frau, ihm zwar kurzfristig eine gewisse trügerische Ruhe beschert, später aber, wenn er schon gar nicht mehr weiß, um was es mal gegangen ist, dann wird sie ihm genau dieses Desinteresse vorwerfen, ihn böse abstrafen, vielleicht mit Sexentzug drohen oder noch viel schlimmer: ihn nicht mehr in den Elektroladen lassen.
Also nochmals: Bohrt man bei einer Aussageverweigerin zu sehr nach, wird sie auf stur schalten und keine Auskunft geben. Und genau diese Tatsache wird einem später vorgeworfen werden; man habe sich ja nicht genügend interessiert und gekümmert, man sei ja sowas von herzlos…
Deshalb muß man so tun, als interessiere es einen nicht. Man darf also keinesfalls bohren und nachfassen, sondern man tut betont desinteressiert und geht seinen alltäglichen Beschäftigungen nach. Das ist genau der richtige Weg, denn Frauen sind wie Dampfkochtöpfe, die können einen ziemlich hohen innerlichen Druck aushalten, aber wenn sich dann so gar keiner interessiert, dann steigt der Druck und steigt und steigt und dann: irgendwann ist das Mitteilungsbedürfnis so groß, daß der Mund sich wie ein Überdruckventil öffnet.
Zisch!
„Was hast Du denn da gemacht?“ fragt Sandy nun zum wiederholten Mal nach und ich hebe nur warnend die Augenbrauen. Sandy duzt ja rotzfrech und ganz nach gusto jeden und wenn man nicht aufpasst, würde sie das bei jüngeren Kunden auch tun. Allerdings hat sie ein gewisses Feingefühl und eine spezielle Antenne dafür, bei wem das gut ankommt und bei wem nicht.
So unter Kollegen neigt sie zum flächendeckenden Duzen, wird die Situation aber mal brenzlig und vor allem wenn sie verbal mal eine abgeräumt bekommt, dann kann sie blitzschnell aufs formelle Sie umschwenken.
Erst nach dem dritten Frageanlauf und meinem dritten warnenden Blick kapiert sie endlich, daß sie wegen des Pflasters an Frau Büsers Kinn nicht weiter nachbohren soll. Sie versteht zwar nicht, warum ich das so will, aber es würde wirklich dem Versuch gleichen bei ALDI nach Rabatt zu fragen, ihr meine Theorie bezüglich des Überdrucks zu erklären.
Aber es ist wirklich so. Wenn sich bei Männern so ein Druck aufbaut, dann ist der natürlich nicht viel geringer, aber sie können in ihren Bäuchen mehr Druck speichern und insgesamt ist der Weg vom Kopf zum Entladungsventil im Lendenbereich viel länger.
Bei Frau Büser dauerte es etwa 25 Minuten. Aufgrund meiner warnenden Blicke hatte niemand mehr nach ihrem Pflaster gefragt und man merkte zunehmend, daß es ihr hinter der Kinnlade juckte.
„Also gut“, platzte sie plötzlich heraus, „aber wehe ihr lacht!““
Am Abend vorher sei sie mit ihrem Mann beim Italiener gewesen, er habe eine Pizza Lunghi Patschuli Fango gegessen und sie „Gnotschi brutale“ und während man bei einem Glas Rotwein auf das Essen gewartet habe, sei ihr eine kleine Deutschlandfahne am Raumteiler aufgefallen. Die hatte der italienische Gastwirt, neben etlichen italienischen Flaggen, als kleine Reminiszenz an sein Gastland und seine Gäste dort aufgehängt.
„Du guck mal“, hatte Frau Büser zu ihrem Mann gesagt, „die ist ja ganz verknittert.“
Da haben wir es wieder: Frauen sehen Sachen und empfinden Sachen als Problem, die Männer in hundert kalten Wintern nicht einmal bemerken würden. Herr Büser hatte beispielsweise nicht einmal wahrgenommen, daß da überhaupt irgendwelche Fähnchen hingen.
Entsprechend teilnahmslos wandte er dann auch seinen Kopf in Richtung der verknitterten Fahne und stellte fest, daß es eines dieser kleinen Fähnchen ist, wie man sie an die Seitenscheiben seines Autos basteln kann und daß diese deshalb so faltig war, weil der Italiener sie wohl bereits vor vier Jahren angeschafft und seit der letzten Fußballweltmeisterschaft den Fahnenstoff um den Flaggenstock gewickelt hatte. Das ergab ein gleichmäßiges Faltenmuster.
„Ach was?“ lautete demzufolge auch der Kommentar von Herrn Büser.
Das war Frau Büser aber nicht genug. Sie mußte aufstehen, an dem Fähnchen zupfen und wollte dadurch den störenden Faltenwurf mindern.
„Laß doch!“ zischte er, doch sie machte nur „Pfft“ und sagte: „Lass mich doch, das sieht doch häßlich aus.“
Dann zupfte sie und mußte dabei auf die Zehenspitzen steigen. Das wiederum führte dazu, daß sie auf der Stelle hin und her trippeln mußte. Dabei trat sie ihrem Mann mehrfach auf die Füße, vorwiegend auf den rechten, dort wo Herr Büser unter einem ganz häßlichen Hühnerauge leidet, und als sie dieses ganz besonders exakt traf, sprang er mit einem Schmerzensgeheul auf, drückte seine trippelnde Frau dabei mit seinem Bauch etwas nach vorne, woraufhin Frau Büser auf den Zehenspitzen das Gleichgewicht verlor und nach vorne kippte. In ihrer Not versuchte sie sich am Deutschlandfähnchen festzuhalten, erwischte aber nur eine daneben hängende Schleife in den italienischen Nationalfarben, die sich ohne große Gegenwehr aus einem Blumentopf mit Salbei löste, woraufhin der Salbeitopf gegen Frau Büsers Kinn knallte und als Franco mit dem Essen an den Tisch kam, bot sich ihm folgendes Bild:
Herr Büser war seiner Frau beigesprungen und hielt die kleine Deutschlandfahne hochgereckt wie eine Siegesfahne in der rechten Hand, Frau Büser kniete auf dem Boden und schien mit der rechten Hand die italienische Nationalschleife zu würgen, während sie mit der Linken den Salbeitopf so hielt, als wolle sie den Salbei ausreißen.
Kopfschüttelnd hatte Franco das Essen abgestellt und als er Frau Büser dann ein Pflaster brachte, sagte er nur, immer noch kopfschüttelnd: „Ihre seite doch verrickt, ihr Deutsche, isse doch nur Fusseball, musse doch nicht ausseflippe!“
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„Pizza Lunghi Patschuli Fango“ + „Gnotschi brutale“, Was ist denn das für ein „Nudelverderber“? Italiener des Grauens…-Ironie aus-
😉 B. A.
Das ist so geil, das MUSS wahr sein.
Und wenn Frau Büser hier mitliest, dann ist es jetzt eh zu spät denn ICH lache jetzt! 😀
Da nutzt es gar nichts wenn ihr nicht lacht…
So.. Und ehe die Finger zittrig werden mach ich Schluss mit Tippen.
Gruß
Joe
wie geil! *tränen lach*
O-Ton Loriot: „Das Bild hängt schief“.
Ein herrliches Spaßfragment. Frau Büser ist eine Entertainerin! ^^
Patchouli auf der Pizza, ist das die Gothic-Variante? Dann muss der Boden aber auch schon schwarz sein…
Und wie soll man es schaffen, bei der Geschichte nicht zu lachen? Habt ihr das wirklich fertig gebracht?
*unterm Tisch liegt vor lachen*
Einfach zu geil die Geschichte, ich krieg kaum noch Luft 🙂
Tom, you made my day!!!
Frau Büser darf NIE NIE NIE in Rente gehen. Die wird gebraucht. *grinsel*
Und ich dachte – nach dem Titel zu urteilen – ihr ist der Deckel vom Dampfkochtopf ans Kinn geflogen. *lol*
DAS machte meinen Morgen! Herzlichen Dank!!! 🙂
Gnihihihihihi.. zu köstlich! Danke an Frau Büser für die tolle Aufheiterung eines Tages der recht bescheiden anfing!
*tränen lach*
Ich hoffe, der Frau Büser gehts wieder besser 🙂
Und das mit den Doppel-Xen hast du ja perfekt auf den Punkt gebracht. „Mann“ denkt nicht mal drüber nach, während es in „Frau“ schon kocht und brodelt 😀
gruß, Frank
Ttränen lach!
Ich hoffe, der Frau Büser gehts wieder besser 🙂
Und das mit den Doppel-Xen hast du ja perfekt auf den Punkt gebracht. „Mann“ denkt nicht mal drüber nach, während es in „Frau“ schon kocht und brodelt 😀
gruß, Frank
Was gibt es da zu lachen?? ;o)
Ich kann als Frau folgendes dazu sagen: es ist die richtige Strategie, wenn sie die Aussage verweigert, dann soll man nicht weiter nachfragen. Irgendwann kommt sie von selbst mit einer Erklärung (ER eher nicht, sondern spielt über längere Zeit den geheimnisvoll Schweigsamen).
Aber…ob Frau Büser das jetzt so gut findet, dass Du einen Blogbeitrag darüber geschrieben hast?? ;o)
@14
Du liest noch nicht lang mit, oder?
@15 scheint nicht so der Fall zu sein, denn sonst würde Nr.14 nicht solch Todesmutigen Aussagen hier treffen.
Kann man wer den Italiener fragen ob er evtl ein Bild davon gemacht hat? 😀
Ich bestelle seit Sommer 1994 in Pizzerien, in denen mich arrogantes oder desinteressiertes Personal nervt, gerne mal eine „Pizza Baggio“.
Wiederkommen wollte ich sowieso nicht.
@17: Wieso? „Pizza Baggio“ gibts doch in verschiedenen Variationen: In Schiffweiler mit „Peperoniwurst, Schinken, Champignons, Artischocken und Spargel“ oder in Bochum mit „Thunfisch, Paprika, Krabben, Artischocken und Schafskäse“… Also wundere Dich nicht, wenn Du mal eine vorgesetzt bekommst, die Du dann runterwürgen und vorallem BEZAHLEN mußt :-).
Wenn knittrige Falten an Fahnen wenigstens das Einzige wäre, was Männer nicht sehen…….
Besser ist es auch nicht, wenn frau/man von einem Mann immer und immer wieder die gleichen Geschichten hört. Ob Verletzung oder sonstwas. Ist auf Dauern auch anstrengend.
@Nr. 15 und 16 – stimmt hab den Blog hier erst kürzlich entdeckt. Welche todesmutigen Aussagen?
Hä, hä, hä, hä, hä….. Das will ich als Film sehen.
Na dass Frau Büser das nicht gut finden könnte.
Das ist in mehreren Beiträgen schon ausführlichst erklärt worden, muss man hier jetzt nicht wiederholen.