Frag doch den Undertaker

Darf der Steinmetz unseren Grabstein mitnehmen und als Pfand behalten?

steinmetz
metz

Die Urne eines Mannes wird beigesetzt. Seine Tochter beschließt, mit der Familie gegen seinen Wunsch an der Beisetzung teilzunehmen.
Ein Steinmetz muß für die Beisetzung die Grabplatte hochnehmen und nachher wieder hinlegen.
Er soll dann auch das Sterbejahr in die Platte meisseln.
Nun lehnt die Tochter es ab. die Kosten für das Hochnehmen und Wiederverlegen der Grabplatte zu bezahlen.
Das hätte sowieso gemacht werden müssen und alles das sei bereits durch einen Vorsorgevertrag beim Bestatter bezahlt gewesen.
Der Steinmetz ist zornig und nimmt nun den Grabstein einfach weg. Er behält ihn als Pfand.

Ist das Erpressung? Ist so ein Verhalten zulässig?

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Mein im Dezember 2015 verstorbener Vater hatte einen Vorsorgevertrag mit einem Bestattungsunternehmen gemacht. Entgegen seines Wunsches, hatte ich entschieden, daß die Familie doch bei der Urnenbeisetzung dabei war. Die Mehrkosten habe ich dann auch bezahlt.

Ein Steinmetz mußte dafür die Grabplatte öffnen und hinterher wieder verschließen. Dafür will er nun von mir das Geld haben.

Ich bin aber der Meinung, daß ich das nicht bezahlen muß. Denn es ist doch egal, ob wir dabei sind oder nicht, er hätte diese Arbeit doch sowieso machen müssen.

Ich hatte ihm auch den Auftrag für das Eingravieren des Sterbejahres erteilt. Nur 4 Zahlen auf den vorhandenen Grabstein. Alles andere stand schon drauf. Das hatte alles ein anderer Steinmetz erledigt.

Die Rechnung vom jetzigen Steinmetz besagt, daß er für alles 7,5 Stunden gebraucht hat und er dafür 508,- Euro verlangt.

Ich habe ihn angeschrieben und eine detaillierte Rechnung verlangt und ihm mitgeteilt, daß ich nicht einsehe, die Öffnung und Schließung der Grabstelle zu bezahlen, dazu möchte er sich bitte ans Bestattungsunternehmen wenden.
Nun bekam ich vor Weihnachten einen Brief wo er mir ankündigte den Grabstein abzubauen bis die Rechnung beglichen ist.
Daraufhin schrieb ich ihm das ich das Eingravieren bezahlen möchte aber bitte in Raten und für die anderen Kosten möge er sich ans Bestattungsunternehmen wenden. Ich bekam keine Antwort.
Heute erhielt ich eine Brief von ihm wo er mir mitteilte das er den Grabstein abgebaut hat und bis zum begleichen der Rechnung behält.

Nun meine Frage, darf er das, da ja der Stein nicht von ihm ist er ja lediglich 4 Zahlen eingraviert hat und ich diese ja auch in Raten bezahlen will, er aber gar nicht darauf eingegangen ist.
Die anderen Kosten sehe ich nicht ein zu begleichen, da mein Vater das ja alles beim Bestattungsunternehmen bezahlt hatte mit Vertrag.

Ich bedanke mich schon jetzt für Ihre Zeit und die Antwort.

Ich sag’s gleich mal wieder vorneweg: Ich bin kein Anwalt. Ich kann immer nur eine Einschätzung abgeben, die auf meiner Lebenserfahrung und Sachkenntnis beruht. Aber letztlich sollten Sie auf jeden Fall einen Anwalt befragen, bevor Sie in dieser Sache Entscheidungen treffen. Verlassen Sie sich bitte niemals auf Informationen, die Sie aus dem Internet zusammengefischt haben.

Gleich zu Anfang die Frage: Meinen Sie wirklich 2015? Sollte es nicht 2016 heißen?
Aber gut.
Hier meine Einschätzung:

Ich halte das Vorgehen des Steinmetzes für nicht korrekt.
Es gibt ein sogenanntes Unternehmerpfandrecht. Dieses Pfandrecht dient dazu, Forderungen abzusichern. Ein Beispiel: Ein Hotelgast verläßt bei Nacht und Nebel sein Zimmer, ohne die Rechnung zu bezahlen. Nun hat der Hotelier ein Pfandrecht an den zurückgelassenen Gegenständen.
Ein weiteres Beispiel: Sie bringen Schuhe zum Schuster oder Kleider zum Änderungsschneider. Sie holen die Sachen nicht ab und bezahlen auch die Reparaturrechnung nicht. Der Dienstleister behält Ihre Sachen als Pfand.

Dieses Pfandrecht leitet sich aus § 647 BGB her:

]„Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind.“§ 647 BGB]

Hieraus ergibt sich, daß der als Pfand genommene Gegenstand in den Besitz des Unternehmers gelangt sein muß.
Das ist meiner Meinung nach hier überhaupt nicht gegeben.
Sie haben ihm den Grabstein ja nicht auf sein Betriebsgelände gebracht.

Desweiteren heißt es „bewegliche Sache des Bestellers“. Ja, ein Grabstein ist beweglich, auch wenn er schwer ist; das ist hier nicht das Problem. Vielmehr ist überhaupt einmal zu klären, ob Sie überhaupt Eigentümer des Grabsteines sind.
Sind Sie nämlich nicht Eigentümer der Grabplatte, ist diese auch nicht eine „Sache des Bestellers“, sondern gehört jemand anderem. Und genau diesem hat der Steinmetz diese Grabplatte weggenommen.

Ich sehe die Möglichkeiten des § 647 BGB hier nicht gegeben.
In meinen Augen ist die Wegnahme des Grabsteins schon nahe am Diebstahl.

Letztlich versucht der Steinmetz Sie mit der Wegnahme und Einbehaltung des Grabsteins zu erpressen. Er übt damit Druck auf Sie aus, um Sie zur Zahlung zu bewegen.

Der Steinmetz hat ja als Kaufmann eine Menge Möglichkeiten, an sein Geld zu kommen und eventuell erlittenes Unrecht ahnden zu lassen.
Sollten Sie ihn nicht bezahlen und ist er der Meinung, daß Sie zur Zahlung verpflichtet sind, dann kann er Ihnen Mahnungen schicken, ein Inkassobüro beauftragen, einen Mahn- und schließlich einen Vollstreckungsbescheid beantragen.
Mit Eingang des Mahnbescheids, spätestens beim Vollstreckungsbescheid haben Sie grundsätzlich die Möglichkeit, sich zu wehren, dann wird ein Gericht die Rechtmäßigkeit der Forderung überprüfen.
Ansonsten wird sich der Gerichtsvollzieher um die Beitreibung der Forderung kümmern.

Unser Zivilrecht hält also genügend Werkzeuge bereit, die es dem Steinmetz ermöglichen, seine Forderung geltend zu machen und beizutreiben. Eine Wegnahme des Grabsteins ist dazu überhaupt nicht erforderlich, meiner Meinung nach aus gesetzeswidrig und vor allem in höchstem Maße pietätlos.

Im Falle, daß der Steinmetz der Meinung ist, Sie hätten ihm in irgendeiner Weise Unrecht angetan, steht ihm ja auch noch die Möglichkeit offen, eine Strafanzeige zu stellen.
Da er diese Möglichkeit hat, steht ihm diese Art von Selbstjustiz nicht zu, meine ich.

Sie könnten sogar überlegen, ob Sie diesen Diebstahl nicht bei der Polizei anzeigen.
Es kann auch hilfreich sein, dieses Vorgehen bei der zuständigen Friedhofsverwaltung anzuzeigen.

Kommen wir zu der Frage, ob Sie überhaupt zur Zahlung verpflichtet sind.
Im Falle der Graböffnung und Wiederverschließung anlässlich der Beisetzung der Urne sehe ich Sie nicht in der Pflicht.
Wie Sie ganz richtig schreiben, hätte der Steinmetz das ja sowieso erledigen müssen. Ist er da anderer Meinung, müßte er darlegen, wie er sonst die Urne ins Grab bekommen hätte.
Dieser Frage muß sich auch das Bestattungsinstitut stellen, das die Bestattungsvorsorge Ihres Vaters abgewickelt hat.
Es ist doch klar, daß wenn jemand einen Bestattungsvorsorgevertrag abschließt, auch die Frage der Handhabung des Grabsteins mit geklärt und mit bezahlt wird.
Sie sind ja nicht Auftraggeber dieser Bestattung, sondern das hat Ihr Vater noch zu Lebzeiten selbst geregelt.

Sie haben einen persönlichen Zusatzauftrag erteilt, der sich auf die Teilnahme an der Beisetzung und das Nachgravieren der Jahreszahl beschränkte.
Meiner Meinung nach können durch Ihre Teilnahme an der Beisetzung keine durch Sie verursachten Grabsteinhebe und – legekosten entstanden sein.
Das Gravieren der Jahreszahl müssen Sie bezahlen, wenn das nicht durch die Bestattungsvorsorge abgedeckt war.

Der Steinmetz darf zu Recht verärgert sein, wenn ein Kunde einen Auftrag erteilt, er diesen auch erledigt und der Kunde dann im Nachgang Ratenzahlung verlangt.
Man darf und kann ja über die Kosten einer solchen Arbeit nicht überrascht sein, denn klugerweise fragt man vorher, was es kostet und läßt sich im Zweifelsfall immer einen Kostenvoranschlag machen.
Und er fährt man dann, daß diese Kosten höher sind, als es die persönliche Bezahlsituation erlaubt, muß man vor Erteilung des endgültigen Auftrags den Handwerker bzw. Kaufmann fragen, ob er bereit ist, einem Ratenzahlung zu gewähren.
Man kann nicht einfach darauf bauen, daß der andere grundsätzlich bereit ist, eine Ratenzahlung anzunehmen. Er hat ja seine Arbeit auch in einem Rutsch erledigt.

In der Realität wird es aber immer so sein, daß der Kaufmann über „den Spatz in der Hand“ froh ist und eine Ratenzahlung gewährt. Letztendlich läuft es meist auch, wenn er einen Gerichtsvollzieher schickt, auf kleine Raten hinaus.

Indes bleibt es aber so, daß ich die Wegnahme und den Abtransport des Grabsteins für falsch halte.
Hier mitlesende Rechtskundige dürfen mich aber bitte herzlich gerne berichtigen, ich bin kein Anwalt.

Links:
BGB § 647
Unternehmerpfandrecht

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