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Darf ein Bestatter erhöhten Aufwand in Rechnung stellen?

Bestatter Beratung

Für die Angehörigen ist ein Sterbefall ein ganz besonderes Ereignis. So etwa alle 5–10 Jahre sind Menschen von einem Trauerfall betroffen1. Der Bestatter hingegen hat Tag für Tag mit Sterbefällen zu tun.

Sein geschäftlicher Vorteil liegt darin, dass er die Abläufe frei von Trauer routiniert abwickelt. Daraus ergeben sich gewisse Abläufe, die sich immer wiederholen und somit von ihm leichter zu bewältigen sind, als von den Angehörigen selbst.
Für diese Abläufe haben die Bestatter entsprechende Positionen in ihrer Preisliste und Auftragssoftware hinterlegt, die sie auf- und abrufen und den Angehörigen später in Rechnung stellen.

Was aber, wenn der Aufwand in einem speziellen Fall nicht ins gewohnte Schema passt? Dazu fragt mich eine Bestatterin aus Bayern:

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Du hast neulich von einem häßlichen Gezerre um eine Verstorbene berichtet. Der Kollege aus dem Münsterland, der in diesen Fall involviert ist, hat ja nun einen erheblichen Mehraufwand.
Auch bei uns ist vor kurzem ein haarsträubender Fall vorgekommen. Wir hatten über zwölf stundenlange Gespräche mit dem Witwer, Dutzende Anrufe einer hohldrehenden Tochter und wir mussten eine Verstorbene 20 Tage in der Kühlung lagern. Dann mussten wir die Leiche auch nochmal in einen anderen Sarg umbetten und von (Nähe München) nach Osnabrück fahren.

Der Witwer ist so ein netter Mann und tut uns so leid. Er kann ja nichts dazu, dass seine Tochter so irre ist. Wir wissen nicht, wie man mit den Mehrkosten jetzt umgehen soll. Hast Du einen Rat?

Ja, mein Rat ergibt sich aus einem Merkspruch, den ich seit über 20 Jahren hier im Bestatterweblog immer wieder nenne:

Jede Mühe verdient ihren Lohn!

So einfach ist das.

Es ist doch schön, wenn der Witwer in diesem Fall ein netter Mensch ist. Aber selbst, wenn er nichts dafür kann, dass seine Tochter Euch Schwierigkeiten und Kosten bereitet, könnt Ihr auch nichts dafür!

Ich bin ein starker Verfechter davon, den Angehörigen im ersten Beratungsgespräch schon eine Kostenaufstellung mitzugeben, die so nahe wie möglich an der später zu erwartenden Rechnungssumme liegt. Die Angehörigen dürfen mit der Übersendung der Endrechnung keine bösen Überraschungen erleben. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass die anfangs genannte Summe halbwegs der späteren Rechnung entspricht. Ganz genau kann das nie stimmen, denn den Leuten fällt nach dem ersten Besuch immer noch irgendwas ein oder es ergeben sich Besonderheiten.

Aber ich rate immer, eine Formulierung wie die Folgende mit auf die Kostenaufstellungen zu drucken:

Ich weiß, dass bei der Abwicklung eines Sterbefalls immer Unwägbarkeiten eintreten können, die vorher nicht absehbare Kosten verursachen können. Ich erkläre mich nach Absprache mit dem Bestattungshaus zur Übernahme dieser Kosten bereit.

Das fängt doch schon an, wenn Ihr einen Verstorbenen abholen sollt. Dafür berechnet Ihr sagen wir pauschal 200 Euro. Dann stellt sich am Sterbeort heraus, dass der Verstorbene 300 Kilo wiegt und Ihr weitere sechs Personen für die Bergung benötigt.
Dann kommt Ihr mit den 200 Euro nicht mehr hin und müsst einen Mehraufwand berechnen.

Auch der mit 900 Euro ausgepreiste Sarg passt nun nicht mehr, sondern Ihr müsst einen XXL-Sarg bei der Sargfabrik machen lassen, der auch deutlich mehr kostet. Und das kann sich in allen möglichen Varianten endlos fortsetzen.

In so einem Fall spricht man mit den Angehörigen und macht denen klar, dass durch diesen oder jenen Umstand Mehrkosten in der und der Höhe anfallen. Anders geht es gar nicht.
Dokumentiert, weshalb Mehrkosten anfallen, schreibt Mehrpersonal und Mehrstunden genau auf, dann kann Euch auch hinterher niemand was am Zeug flicken.

Ihr könnt ja nicht 30 Euro pauschal für die Kühlung eines Verstorbenen berechnen, wenn das auf normalerweise 2 – 3 Tagen beruht und dann im Endeffekt 3 Wochen Stromverbrauch daraus werden.

Natürlich kann man bei netten Kunden auch mal Fünfe gerade sein lassen, wie man so sagt. Ein kleiner Mehraufwand in dem einen Fall wird immer durch eine besonders reibungslose Abwicklung in einem anderen Fall kompensiert.
Aber wenn das jetzt echt finanziell ins Fleisch schneidet, muss man das dem Kunden vermitteln und schließlich auch mutig genug sein und es auf die Rechnung schreiben.
Die Leute wissen schließlich doch, was Sache war und was vorgefallen ist, dann sollen sie auch dafür bezahlen.

Stell Dir vor, Du rufst einen Klempner, um ein verstopftes Rohr freizumachen. Er sagt am Telefon, das kostet 120 Euro.
Dann kommt er und stellt fest, dass das Abwasserrohr geborsten ist und komplett ausgetauscht werden muss. Meinst Du, der berechnet Dir jetzt nicht den Mehraufwand für das Erneuern der Rohre?

Also, wie gesagt, Ihr habt den Mehraufwand nicht verursacht, sondern er liegt am Sterbefall selbst. Die innerfamiliären Angelegenheiten der Angehörigen gehen Euch nichts an. Jede Mühe verdient ihren Lohn!


1Basierend auf der Sterberate von 1,2 % und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 81 Jahren ergibt sich:

• Eine Person erlebt statistisch gesehen etwa 0,97 Todesfälle pro Jahr in ihrem näheren Umfeld (wenn man das gesamte soziale Umfeld berücksichtigt).
• Über ein gesamtes Leben hinweg bedeutet das, dass eine Person durchschnittlich etwa 19,4 enge Trauerfälle erlebt, wenn man annimmt, dass ein Mensch rund 20 enge Angehörige oder enge Freunde hat.

Das bedeutet, dass ein naher Trauerfall durchschnittlich alle 4 bis 5 Jahre im Leben eines Menschen eintritt, je nach Größe des sozialen Netzwerks. Konservative Schätzungen gehen von „alle 10 Jahre“ aus.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 5. Februar 2025

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