Für die Angehörigen ist ein Sterbefall ein ganz besonderes Ereignis. So etwa alle 5–10 Jahre sind Menschen von einem Trauerfall betroffen1. Der Bestatter hingegen hat Tag für Tag mit Sterbefällen zu tun.
Sein geschäftlicher Vorteil liegt darin, dass er die Abläufe frei von Trauer routiniert abwickelt. Daraus ergeben sich gewisse Abläufe, die sich immer wiederholen und somit von ihm leichter zu bewältigen sind, als von den Angehörigen selbst.
Für diese Abläufe haben die Bestatter entsprechende Positionen in ihrer Preisliste und Auftragssoftware hinterlegt, die sie auf- und abrufen und den Angehörigen später in Rechnung stellen.
Was aber, wenn der Aufwand in einem speziellen Fall nicht ins gewohnte Schema passt? Dazu fragt mich eine Bestatterin aus Bayern:
Ja, mein Rat ergibt sich aus einem Merkspruch, den ich seit über 20 Jahren hier im Bestatterweblog immer wieder nenne:
Jede Mühe verdient ihren Lohn!
So einfach ist das.
Es ist doch schön, wenn der Witwer in diesem Fall ein netter Mensch ist. Aber selbst, wenn er nichts dafür kann, dass seine Tochter Euch Schwierigkeiten und Kosten bereitet, könnt Ihr auch nichts dafür!
Ich bin ein starker Verfechter davon, den Angehörigen im ersten Beratungsgespräch schon eine Kostenaufstellung mitzugeben, die so nahe wie möglich an der später zu erwartenden Rechnungssumme liegt. Die Angehörigen dürfen mit der Übersendung der Endrechnung keine bösen Überraschungen erleben. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass die anfangs genannte Summe halbwegs der späteren Rechnung entspricht. Ganz genau kann das nie stimmen, denn den Leuten fällt nach dem ersten Besuch immer noch irgendwas ein oder es ergeben sich Besonderheiten.
Aber ich rate immer, eine Formulierung wie die Folgende mit auf die Kostenaufstellungen zu drucken:
Ich weiß, dass bei der Abwicklung eines Sterbefalls immer Unwägbarkeiten eintreten können, die vorher nicht absehbare Kosten verursachen können. Ich erkläre mich nach Absprache mit dem Bestattungshaus zur Übernahme dieser Kosten bereit.
Das fängt doch schon an, wenn Ihr einen Verstorbenen abholen sollt. Dafür berechnet Ihr sagen wir pauschal 200 Euro. Dann stellt sich am Sterbeort heraus, dass der Verstorbene 300 Kilo wiegt und Ihr weitere sechs Personen für die Bergung benötigt.
Dann kommt Ihr mit den 200 Euro nicht mehr hin und müsst einen Mehraufwand berechnen.
Auch der mit 900 Euro ausgepreiste Sarg passt nun nicht mehr, sondern Ihr müsst einen XXL-Sarg bei der Sargfabrik machen lassen, der auch deutlich mehr kostet. Und das kann sich in allen möglichen Varianten endlos fortsetzen.
In so einem Fall spricht man mit den Angehörigen und macht denen klar, dass durch diesen oder jenen Umstand Mehrkosten in der und der Höhe anfallen. Anders geht es gar nicht.
Dokumentiert, weshalb Mehrkosten anfallen, schreibt Mehrpersonal und Mehrstunden genau auf, dann kann Euch auch hinterher niemand was am Zeug flicken.
Ihr könnt ja nicht 30 Euro pauschal für die Kühlung eines Verstorbenen berechnen, wenn das auf normalerweise 2 – 3 Tagen beruht und dann im Endeffekt 3 Wochen Stromverbrauch daraus werden.
Natürlich kann man bei netten Kunden auch mal Fünfe gerade sein lassen, wie man so sagt. Ein kleiner Mehraufwand in dem einen Fall wird immer durch eine besonders reibungslose Abwicklung in einem anderen Fall kompensiert.
Aber wenn das jetzt echt finanziell ins Fleisch schneidet, muss man das dem Kunden vermitteln und schließlich auch mutig genug sein und es auf die Rechnung schreiben.
Die Leute wissen schließlich doch, was Sache war und was vorgefallen ist, dann sollen sie auch dafür bezahlen.
Stell Dir vor, Du rufst einen Klempner, um ein verstopftes Rohr freizumachen. Er sagt am Telefon, das kostet 120 Euro.
Dann kommt er und stellt fest, dass das Abwasserrohr geborsten ist und komplett ausgetauscht werden muss. Meinst Du, der berechnet Dir jetzt nicht den Mehraufwand für das Erneuern der Rohre?
Also, wie gesagt, Ihr habt den Mehraufwand nicht verursacht, sondern er liegt am Sterbefall selbst. Die innerfamiliären Angelegenheiten der Angehörigen gehen Euch nichts an. Jede Mühe verdient ihren Lohn!
1Basierend auf der Sterberate von 1,2 % und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 81 Jahren ergibt sich:
• Eine Person erlebt statistisch gesehen etwa 0,97 Todesfälle pro Jahr in ihrem näheren Umfeld (wenn man das gesamte soziale Umfeld berücksichtigt).
• Über ein gesamtes Leben hinweg bedeutet das, dass eine Person durchschnittlich etwa 19,4 enge Trauerfälle erlebt, wenn man annimmt, dass ein Mensch rund 20 enge Angehörige oder enge Freunde hat.
Das bedeutet, dass ein naher Trauerfall durchschnittlich alle 4 bis 5 Jahre im Leben eines Menschen eintritt, je nach Größe des sozialen Netzwerks. Konservative Schätzungen gehen von „alle 10 Jahre“ aus.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: Aufwand, Bestatter, Mehraufwand, Sonderaufwand
Ja, ich glaube, da muß man sich als Firma gleich absichern, auch wenn die Angehörigen nicht immer „klar denken“ können.
Hier würde ich ja sagen, der Witwer ist der erste, der bestimmen darf, was passieren soll, alle anderen abwimmeln. Wer die Musik bezahlt, bestimmt die Lieder, die gespielt werden, und hier regelt ja sogar das Gesetz, wer das (erst einmal) ist.
Sonst gleich klar machen: „Wenn Sie [Tochter] das so haben wollen, wollen wir eine schriftliche Zusage des Witwers, daß das so sein darf und eine schriftliche Zusage von Ihnen, daß Sie die entstehenden Mehrkosten [von ca. X EU] übernehmen.
Und zwar binnen [kurzer Zeitraum].“ Sonst kann jeder andere sich gehackt legen.
Ich arbeite in der IT, und wenn der Kunde sich quasi selbst uneins ist, und wir es 3mal umprogrammieren müssen, kostet das entsprechend auch 3mal mehr.
Genau so ist es. Wobei das Bestattungswesen immer noch mal so seine Eigenheiten hat.
Eine Baustelle kannst Du liegen lassen, bis sich Streithähne geeinigt haben, ein Leichnam modert dir weg und es gibt gesetzliche Fristen.
Ich gehe mal davon aus das dieses absichern/mitteilen nur mündlich, schlecht dokumentiert wurde, und man sich grad ärgert das der nette Herr zwar firdergründig allem zugestimmt hat, aber man fürchtet, wenn man jetzt die Rechnung präsentiert, das der gute Herr auch noch zusätzlich gestraft ist. Kennt denke ich jeder das so ein vermeintlich klarer Auftrag ausufert und man kaum Schritt halten kann das ganze kaufmännisch noch sauber abzubilden. Was ich mir als Kunde wünschen würde: absolute Transparenz. Ursprünglicher Auftrag, abgewickelt bis Punkt X, auftragshöhe 10.000€, fällig werden 6000€, ab Punkt X kommen abweichend vom ursprünglichen Auftrag folgende neue Kosten, mündlich mit ihnen/der Tochter vereinbart hinzu. Saubere Auflistung, neuer Sarg, Kühlung, Transport usw. Am Ende vielleicht noch Positionen wie „Rückabwicklung der alten Bestellung, Mehraufwand durch Änderungen, ohne Berechnung…“ getreu dem Motto „tue Gutes und sprich drüber“, auch diese so ordentlich wie möglich darlegen. was ihr eben nicht berechnen wollt/könnt weil zu viel durcheinander, alter Sarg ja doch noch einsetzbar usw. Häufig sieht man als Kunde gar nicht den ganzen Aufwand hinter der hohen Rechnung, je klarer… Weiterlesen »
Es funktioniert so, dass man im besten Fall dem Kunden nach dem ersten Beratungsgespräch eine Kostenaufstellung mitgibt. Dann hat er was Handfestes in den Händen. Wenn sich jetzt unterwegs etwas an den Kosten ändert, gibt es ja immer zwei Möglichkeiten: Entweder hat er das selbst (durch Änderung oder Erweiterung des Auftrags) zu verantworten oder die Umstände machen einen höheren Preis erforderlich. Vor allem im letzteren Fall wird der Kunde sofort darüber informiert, damit er ggfs. durch eine andere Auswahl/Variante den Mehrkosten entgehen kann. Da ich es aber immer wieder erlebt habe, dass die Kunden, auch wegen der oft vielen, kleinpreisigen Optionen den Überblick verlieren, haben wir in solchen Fällen immer eine weitere Zwischenaufstellung ausgehändigt. Denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass den Leute oft nicht bewusst ist, dass hier mal 80 Euro und da mal 30 Euro usw. am Ende auch eine hohe Summe ausmachen können. „Wir haben doch nur Kleinigkeiten gekauft, wieso ist das jetzt so viel?“ Vorsicht ist besonders geboten, wenn mehrere Angehörige bei der Auftragsvergabe federführend sein wollen. Da muss man mit… Weiterlesen »
Letzteres war mir nicht bewusst. Bin da aber auch aus der Art geschlagen, hatte nie Schmerz damit über Einkommen etc. zu reden. Versteh dieses Tabu nicht so richtig. Und auch solche Sachen wie Preise erfrage ich gerne. Nicht aus Geiz oder weil ich gerne drüber rede, aber ich mag keine Überraschungen bei meinen Finanzen.
Ich habe ja eine sehr abwechslungsreiche berufliche Vita hinter mir. Dabei habe ich alles erlebt: Jobs, bei denen – ähnlich wie im öffentlichen Dienst – jedem bekannt war, was der andere verdiente. Jobs, bei denen es sogar vertraglich verboten war, über sein Gehalt zu reden. Anstellungen, bei denen man ein „normales Gehalt“ bekam, von dem jeder wissen durfte, und eine monatliche Gratifikation, über die man nicht mit Kollegen reden durfte. Arbeitgeber haben ja oft Angst, dass die ganzen Alten mehr Geld wollen, wenn sie erfahren, dass ein Neuer mit weniger Erfahrung aufgrund der allgemeinen Entwicklung deutlich mehr bekommt. Bei den Angestellten selbst ist es so, dass es sicherlich den einen oder anderen gibt, dem es peinlich ist, zu sagen, wie viel er bekommt, weil er weiß, dass er weit mehr hat, als seine Freunde und Bekannten. Er will diese nicht düpieren. Anderen mag es unangenehm sein, zugeben zu müssen, wie wenig sie bekommen. Vielleicht auch, weil ihnen ihr gesamter Job nach außen hin ein wenig peinlich ist. Einige geben vielleicht vor, mehr zu können und… Weiterlesen »
Bei mir ists ähnlich… habe auch öfter Job und Branche gewechselt. Als ich damals den passus „man darf nicht über sein Gehalt reden“ in meinem Ausbildungsvertrag gelesen habe, da hab ich mir nur gedacht „jetzt erst recht! Ich lass mir doch nicht den Mund verbieten“, und dabei ist es geblieben… und das gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt werden kann, damit muss man leben… gehört bei einer freien Marktwirtschaft dazu, jeder ist seines Glückes Schmied… ist ja auch oft nur eine Frage des Timings. Ich habe oft schon schlecht/schlechter bezahlte Jobs gemacht, vielleicht auch einfach weil ich es wollte… Geld ist nicht alles und macht auch nicht glücklich. Mittlerweile steck ich in nem Tarifvertrag, ist auch mal wieder schön…
Oh, das habe ich öfters gemacht: Einen an und für sich gut bezahlten Job zugunsten eines schlechter bezahlten aufzugeben. Wenn der neue Job mich mehr interessierte, war das Geld manchmal zweitrangig.
An und für sich will man sich ja immer verbessern. Aber das muss eben nicht immer beim Geld sein, sondern kann auch andere Dinge betreffen.
Um so mehr finde ich die Scham über Geld/Gehalt zu sprechen erstaunlich… klar gibts von früher so Sprüche „über Geld spricht man nicht“, „bei Geld hört die Freundschaft auf“ usw.
Ich sag mir immer „jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“, heutzutage wird niemand mehr zur Unterzeichnung eines Vertrages gezwungen. Und wenn einem der Vertrag nicht schmeckt, entweder gar nicht erst unterschreiben, oder einfach weiter suchen. Klar gehört häufig auch Glück und Gelegenheit dazu… noch ein Grund wieso man sich nicht schämen braucht wenn man kein „Glück“ hatte.