Frag doch den Undertaker

Darf man eine Leiche fotografieren?

Das Bild zeigt ein Ehepaar aus der viktorianischen Zeit, das mit seiner verstorbenen Tochter noch einmal für ein Foto posiert.

Ehepaar aus der viktorianischen Zeit

Das Bild zeigt ein Ehepaar aus der
viktorianischen Zeit, das mit seiner
Tochter noch einmal
für ein Foto posiert.

Sehr geehrter Peter Wilhelm,

ich habe diesbezüglich die Frage, ob es als verwerflich, als pietätlos anzusehen ist, dass wir unseren Vater kurz nach seinem Versterben fotografiert haben; vielleicht um unserem Kummer einen Halt geben zu können.

Rechte Begründungen für unser Tun können wir nicht mehr geben; in solch einer Ausnahmesituation sind Reaktionen irgendwelcher Art später nicht immer nachvollziehbar, denke ich.

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Ich für meinen Teil bin davon überzeugt, dass ich mir damit selbst immer wieder bestätigen kann, dass unser lieber Vater nicht mehr zurückkommt.

Obwohl ich es mir momentan noch erspare, diese Bilder wieder anzuschauen ist die Gewissheit, dass sie da sind, ein Fels in der momentanen Brandung.
Mein Vater starb am Neujahrsmorgen 2014.

Herzliche Grüße
Llu

Es ist sogar durchaus üblich und früher noch viel üblicher gewesen, seine Verstorbenen zu fotografieren.
Einen sehr interessanten Artikel gibt es dazu in der englischen Wikipedia: http://en.wikipedia.org/wiki/Post-mortem_photography.

Auch ich habe Fotos meiner verstorbenen Eltern kurz nachdem sie gestorben sind.

Was sollte dagegen sprechen, daß man auch diesen Moment im Bild festhält. Man darf das, man kann das, man muß es aber nicht tun.

Das ist weder verwerflich, noch pietätlos, noch anrüchig.

Ihr habt es gut und richtig gemacht.

Das mag nicht jedermanns Geschmack entsprechen, ein Foto von Verstorbenen zu besitzen. Aber es wird ja auch niemand gezwungen, solche Bilder anzufertigen oder aufzubewahren. Aber wer es gerne haben möchte: Es spricht nichts dagegen.
Es handelt sich bei diesen Bildern ja meist nicht um solche, die man tagtäglich anschaut oder gerahmt in die Wohnung hängt. In den meisten Fällen werden sie nur selten betrachtet, können dann aber eine durchaus schöne Erinnerung sein.

Bild: Wikimedia. Public domain because its copyright has expired. This applies to Australia, the European Union and those countries with a copyright term of life of the author plus 70 years.

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    Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 10. Januar 2014 | Revision: 19. August 2017

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    Lindenblatt
    10 Jahre zuvor

    Als vor 13 Jahren unsere Tochter tot geboren wurde, haben wir ganz viele Fotos gemacht. Was sonst wäre uns geblieben? Das war gut und wichtig und richtig.

    FrauJuliane
    10 Jahre zuvor

    Die im 19. Jahrhundert relativ übrlichen Post-Mortem Fotos ist m. E. ein wichtiger Teil der Erinnerung. Oft waren diese Fotos, besonders in der Anfangszeit der Fotografie, die einzigen Bilder, die man überhaupt von ihren Verwanden/Kindern/Freunden hatte. Vielleicht hat man deswegen auch so viel getan, um wenigstens noch ein Bild von seinem lieben Verstorbenen zu haben. Allerdings wirken die Gestelle zum Hinstellen des Verstorbenen heute etwas seltsam.
    Jeder hat seine eigenen Wege, um mit dem Abschied umzugehen, deswegen finde ich’s auch richtig, wenn man für sich selbst ein Foto von seinem verstorbenen Verwandten/Partner/Kind macht.
    Wir haben damals z.B. keine Fotos mehr von unserem verstorbenen Opa gemacht. War für uns nicht nötig, weil wir Zeit zum Verabschieden hatten und das einfach nicht brauchten/brauchen.

    Tom Ling
    10 Jahre zuvor

    Früher (19. Jahrhundert) wurden auch Wachsmasken von Toten erstellt. Zu bewundern unter anderem im http://www.panoptikum-mannheim.de/

    melancholia
    10 Jahre zuvor

    Danke für diesen interessanten Beitrag. Den englischen Wikipedia-Artikel hätte ich niemals alleine gefunden.

    IANAL
    10 Jahre zuvor
    Salat
    10 Jahre zuvor

    Ich kann mir gerade schwerlich vorstellen, dass man früher Verstorbene für das Foto hingestellt hat. Wozu sollte das gut sein? Andererseits weiß ich, dass die Belichtungszeiten zum Beginn der Fotografie dermassen lang waren, dass man die Lebenden durchaus fixiert hat, um verschwommene Belichtungen zu verhindern. Kann es sein, dass da was durcheinander gegangen ist im Verständnis?

    Salat

    Reply to  Salat
    10 Jahre zuvor

    Nein, da ist nichts durcheinander geraten. Früher hatte man ein anderes Verhältnis zum Tod und zu den Toten.
    Der Tote war so lange auf in persona Mitglied der Familie, wie er noch nicht beerdigt war.
    Man ging wie selbstverständlich mit den Verstorbenen um.
    Es ist gar nichts Außergewöhnliches, daß Verstorbene komplett angekleidet und im besten Zimmer des Hauses plaziert und noch einmal fotografiert wurden.
    Folge dem Link in die englischsprachige Wikipedia und schau Dir die Beispielbilder dort an.

    ein anderer Stefan
    10 Jahre zuvor

    Ich denke, es erscheint heute eher unüblich, weil wir den Tod ja allgemein gerne aus unserem Leben verdrängen. Das 19. Jh. hatte da meines Erachtens einen anderen Umgang mit dem Tod, was sich auch in den prachtvollen Grabmälern widerspiegelt. Vielleicht hat das 20. Jh. aber auch einfach so viel Tod und Zerstörung gesehen, dass die Menschen nach ´45 das nicht mehr sehen wollten – und viele der Überlebenden hatten das ja alles selber so oft gesehen und in grauenhaften Umständen erleben müssen, dass man es einfach verdrängt hat.
    Heute empfinden wir solche Dinge wie einen Toten noch einmal für ein Foto in „Pose“ zu setzen als pietätlos.

    AnnaKG
    10 Jahre zuvor

    Meiner Meinung ist diese letzte Portrait nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des Abschieds von den Verstorbenen.
    Selbstverständlich muß das jeder selber für sich entscheiden, dafür ist diese Angelegenheit zu persönlich.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, welchen Stellenwert eine solche Fotografie hat.
    Als vor Jahren eine Schulfreundin bei einem Unfall ums Leben kam, wurde sie in der Leichenhalle noch einmal aufgebahrt. Alle Mitschüler und Freunde durften Abschied nehmen wenn sie wollen, ich selber habe darauf verzichtet. Wollte die Tote, mit der ich eng befreundet war nicht mehr anschauen.
    Später kamen mir Zweifel an meiner Entscheidung.
    Ich wusste, das ihre Eltern damals Fotos in der Leichenhalle gemacht haben. Auf meine Bitte durfte ich sie mir anschauen. Das habe ich bis heute nicht bereut. Auch wenn ich auf den Bildern eine in ein Leichenhemd gekleidete Tote gesehen habe, es hat die Erinnerung ein Stück weit belebt. Es war meine Freundin, die ich ansah.

    Elke ( Fännin )
    10 Jahre zuvor

    Ich hab welche von meinem Vater. Das tröstet mich.

    turtle of doom
    10 Jahre zuvor

    Natürlich darf man Leichen fotografieren. Die Kripo macht das ja auch jeden Tag!

    Nee, ich habe meinen verstorbenen Grossvater bewusst gezeichnet. Damit mein selbstgemachtes Abbild sich in genügender Weise von meinen Erinnerungen – wie sein Atem rasselte, wie grau seine Haut war – unterscheidet.

    Neue Bilder verdrängen eben alte Bilder, und manchmal möchte ich gar nicht einen Ort von früher nochmals besuchen – ganz einfach, weil ich die Erinnerungen behalten will.

    Llu
    10 Jahre zuvor

    Lieber Peter Wilhelm,

    vielen vielen Dank für Deine Antwort; die Veröffentlichung, die all diese guten Kommentare nach sich zog, die mir meine Unsicherheit genommen haben. Es tat gut, all das lesen zu dürfen.

    Liebe Grüße
    Llu ♥

    gabi
    10 Jahre zuvor

    hallo, herr wilhelm mich würde einmal interessieren,
    was geschieht mit einer urne
    wenn ein urnenfeld auf dem friedhof geräumt wird.
    bleib sie in der erde? können angehörige sie abholen?
    was sieht das gesetz vor?
    danke für die antwort.

    turtle of doom
    Reply to  gabi
    10 Jahre zuvor

    Hallo Gabi,

    die Urne besteht aus zwei Gefässen – die mehr oder weniger dekorative Über-Urne, die nicht "beerdigt" wird, und dann die Aschekapsel mit der Asche drin, die dann im Boden verbleibt.

    Die Aschekapsel besteht aus einem Material, das mit der Zeit völlig von alleine kaputtgeht. Eisen rostet. Und nach Ablauf der gesetzlichen Ruhezeit sollte rein gar nichts mehr vorhanden sein.

    Falls trotzdem etwas übrigbleibt, sollte man die Überreste der Urne abholen können. Du kannst dich beim Friedhofsamt danach erkundigen, wann das Urnengrab geräumt wird.

    Frau Lörchen
    10 Jahre zuvor

    Meine Mutter ist gestern morgen verstorben und ich habe nur auf Drängen meines Vaters Bilder von ihr gemacht. Meine Brüder hatten seine Bitte aus piätätgründen abgelehnt, ich zunächst auch. Ich war auch voller Zweifel, ob es richtig war, dass ich jetzt diese Bilder habe. Ihr Artikel hat mir geholfen, das als nicht verwerflich anzusehen. Abgesehen davon, dass ich noch nicht trauern kann, fühlt es sich heute richtig an, diese Bilder zu haben. So werde ich begreifen, dass sie wirklich tot ist.

    G
    10 Jahre zuvor

    Warum sollte die Überurne denn nicht mitbeerdigt werden, wie der/diejenige mit dem langen Nicknamen und der Schildkröte als Anzeigebild es hier behauptet?

    Die Aschekapsel befindet sich doch in der Überurne und wird auch mit dieser gemeinsam begraben?
    Oder verstehe ich die Aussage falsch?

    VIele Grüße

    Reply to  G
    10 Jahre zuvor

    Die Antwort ist, zumindest auf Deutschland bezogen, auch falsch.
    Es werden Aschenkapsel und Überurne gemeinsam beigesetzt.
    Was später übrig ist, wird an anderer Stelle des Friedhofs sammelbestattet oder „tiefergelegt“.
    Das bedeutet, daß die Urne entweder da bleibt wo sie ist oder eben mit anderen „abgelaufenen“ Urnen irgendwo gesammelt „endgelagert“ wird.

    turtle of doom
    Reply to  Peter Wilhelm
    10 Jahre zuvor

    Hups, hatte ich das total falsch in Erinnerung?




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