„Ja, der Vatter ist tot, komm’se bitte schnell vorbei, der muss abgeholt werden.“
Nach dem Abfragen der üblichen Dinge (war der Arzt schon da, Adresse usw.) notiere ich die Telefonnummer, gebe vor, daß ich kurz mit dem Fahrdienst sprechen müsse und rufe dann zurück. Sicher ist sicher. Es ist wieder derselbe Mann am Telefon und ich erkläre ihm, daß es ungefähr 45 Minuten dauert. Manni, unser Fahrdienstleiter, und sein Kollege müssen erst in die Firma kommen, das dauert alleine schon 25 Minuten, sich dann fertigmachen und den Wagen checken und dann müssen sie ja auch noch zur angegebenen Adresse fahren. Da sind 45 Minuten schon schöngeredet, vermutlich wird es eine Stunde dauern.
Aber das kann ich den Leuten nicht sagen, denn solange es weniger als eine Stunde ist, wird es akzeptiert, alles was länger dauert, empfinden die Leute oft schon als Zumutung. Da sagen wir lieber 45 Minuten und rufen dann nach 45 Minuten nochmals an und sagen, daß der Wagen unterwegs ist und in Kürze da sein müßte, so etwa 20 Minuten noch.
Dauert es dann doch noch länger, ruft Manni vom Wagen aus mit dem Handy an, fragt nochmals die Adresse ab und hängt nochmals eine Viertelstunde dran. Das ist kein übler Trick, das ist Notwendigkeit.
Natürlich wollen alle nur das Beste für den toten Opa oder die tote Mutter, und jeder kleinste Fehler würde uns angekreidet, als hätten wir den Angehörigen das ganze Leben zerstört, aber daß die Leiche nur eine Sekunde länger zu Hause bleibt, das geht auf gar keinen Fall.
„Wann kommen Sie? In ’ner Dreiviertelstunde? Geht das nich schneller?“
„Sie wohnen in xxx-berg, alleine für die Fahrt brauchen wir gut 20 Minuten…“
„Na also, dann sind’se in 20 Minuten da, nich?“
„Ein kleines bißchen länger wird’s wohl dauern, aber wir kommen so schnell es geht.“
„Nee, der muß nämlich weg hier, der kann doch hier nich so tot rumliegen, das is ja voll eklig, der hat die Augen und den Mund offen, das ist nich schön. Vor allem nich wegen die Kinder.“
„Wenn Sie möchten, können Sie dem Verstorbenen ja ein Laken über den Körper legen.“
„Waschen Sie das hinterher? Nee, kommt ja gar nich in Frage. Holen Sie den ab und gut is. Wir woll’n morgen in Urlaub fahren und ich brauch dann noch ’ne Mütze voll Schlaf.“
55 Minuten hat es gedauert und Manni und der andere Fahrer sind noch unterwegs zu uns, da ruft der Mann wieder an:
„Wegen die Urne. Tun‘sen verbrennen und inne Urne, aber machen sie die Trauerfeier erst in drei Wochen, damit wir wieder aus dem Urlaub zurück sind.“
„Wir müssten uns vorher noch zusammensetzen und einiges besprechen…“
„Wenn ich gewusst hätte, daß Sie so’n Zirkus machen, hätt‘ ich woanders angerufen.“
„Naja, das ist überall gleich.“
„Wie machen wir das jetzt?“
„Am Besten Sie kommen eben vorbei, dauert auch nicht lange.“
„Wenn’s sein muß, was für’n Aufwand, ist doch alles klar, verbrennen, Urne, anonym.“
„Das können Sie ja dann so in Auftrag geben.“
„Dann mach ich mich mal auffen Weg, weil meine Frau kommt nich mit, die legt sich schonma‘ hin, wir fahren doch morgen innen Urlaub.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Ich glaub, ich weiß, warum ich keine Kinder hab. Mann, ist das deprimierend.
Mich dünkt die Kinder sind hier das kleinere Problem. Horizontmangel schon eher.
Man könnte meinen, der Verstorbene hat sich aus lauter Gemeinheit den Zeitpunkt für sein Ende VOR dem Urlaub ausgesucht. Schöne Geste eigentlich …
Kann ja nicht angehen! Wer erdreistet sich so knapp vor dem Urlaub zu sterben!?
Is‘ nich‘ wahr.
na der vatter muss ja sehr geliebt worden sein. Aber das Erbe später (wenns denn was gibt) dat wollen die dann wohl gerne haben.
armselig geht die Welt zugrunde.
So wie das klingt, hätte der Herr auch die Müllabfuhr kommen lassen, wenn das möglich gewesen wäre … traurig soetwas!
@Mace
Ich denke, „Lakritz und Schokolade“ bezieht sich nicht auf die ‚kleinen Kinder‘, die die Leiche nicht so sehen sollen, sondern auf das große Kind, dass seinen Vater einfach nur so herzlos los werden will.
Die Kinder, denkt doch mal jemand an die Kinder!!!!!!!
😀
Es gibt echt schon dämliche Leute. Hm kann man bei dir nicht mal irgendwie ne Woche mitarbeiten Buchen? Dafür würd ich sogar urlaub nehmen um sowas mal hautnah mitzuerleben 😀
Na wenigstens haben die noch vor dem Urlaub angerufen ^^
Und dabei wars mit dem Urlaub doch noch ein klein wenig anders:
Der Vatter hat sich das nämlich extra so mit dem Termin ausgesucht, damit sein Sohn unbesorgt in Urlaub fahren kann, ohne das er sich Sorgen um Vatter machen muss.
So ein bischen spannend machen wollte er es aber auch noch, dashalb hat er bis zum letzten Tag vor der Abreise gewartet. 😛
Na das wäre es dann gewesen. Die „Kinners“ fahren in Urlaub, der Vater verstirbt kurz darauf und wenn die dann heimkommen, dann ist aber der Teufel los.
Wenn die nach 10-14 Tagen wieder da sind, wird es trotz gemäßigter Temparaturen im Moment, eine unschöne Situation beim Auffinden geben, das sollte man denen mal sagen. Und was dann da noch nachkommt, Kripo, Gerichtsmedizin, renovieren.
Besser so, das er vor dem Urlaub verstorben ist, als anders, aber die Reaktion von denen ist trotzdem jenseits von gut und böse.
Tjo, mal schauen wie es mit der Zahlungsmoral nach dem Urlaub aussieht.
Gut dass ich solchen Leuten noch nicht begegnet bin. Ich würd ja glatt meine einigermaßen guten Manieren vergessen !
Der Opa ist ein A***! Kann der nicht sozialverträglich sterben? Beinahe hätte der den Kindern den Urlaub vermasselt, wie kann er nur! Zum (Urlaubs-)Glück gibt es Tom, der den Karren aus dem Dreck zieht.
Lass es eine II-XI Geschichte werden, bitte bitte bitte.
Es gibt sie, die Kunden mit dem gewissen Krawall-Gen. Schade nur, dass sie nicht alle gleich den 499-Euro-Komplett-Eichenlauber anrufen – die hätten dann sehr viel Freude miteinander 😉
Ich wäre in 20 Minuten hingerast und hätte dem guten Mann einen Spaten und einen Pappsarg ausgehändigt…
@16: eher n Kanister Sprit und ne Kaffeedose , er wollte doch verbrennen.
[quote]
Man könnte meinen, der Verstorbene hat sich aus lauter Gemeinheit den Zeitpunkt für sein Ende VOR dem Urlaub ausgesucht. Schöne Geste eigentlich …
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Quatsch, so braucht man sich wenigstens nicht mehr zu kümmern, ob jemand während des Urlaubs mal nach dem Vatter schaut, der steht ja sicher beim Undertaker im Kellerregal.
@17:
Oder einen hoffentlich stubenreinen Geier, wenn der Mann seinen toughen Worten doch keine Taten folgen lassen will.
Meine Schwiemu starb nachts gegen 1 Uhr in ihrem Bett zu Hause. Wir hatten sie noch bis zum nächsten Nachmittag im Haus, damit die Familie in Ruhe Abschied nehmen konnte. Jeder ging immer wieder mal zu ihr … hielt Zwiesprache oder so. Ich empfand es als sehr angenehm, daß ich mir Zeit lassen konnte.
In der kalten Atmosphäre einer Leichenhalle, getrennt durch Glasscheiben, ist für mein Empfinden kein Abschied mehr möglich.
Wenn ich obigen Beitrag lese, dann frage ich mich, ob und wieweit diese Angehörigen sich zu Lebzeiten um den Verstorbenen kümmerten! Aber so ist heute die Welt! Man sollte aber immer bedenken: Gottes Mühlen mahlen langsam … aber gründlich!!
Mir ging gerade so durch den Kopf:
Hoffentlich haben die Leute kein Haustier.
Den Kater, der mir vor ein paar Jahren zugelaufen ist, wollten die dämlichen Nachbarn doch tatsächlich nach zwei Wochen auf „Malle“ wiederhaben. Aber vorher haben sie ihn bedenkenlos vor die Haustür gesetzt, weil, der wird sich schon irgendwo durchfüttern lassen.
Man hätte mich ja vielleicht auch einfach FRAGEN können.
Aber okay, das ist komplett off-topic.
Jetzt packe ich erst einmal das Buch aus, das mir gestern der freundliche Postbote via ein bekanntes Internet-Versandhaus gebracht hat. „Gestatten, Bestatter“ steht vorne drauf, und ich bin sehr neugierig, was da wohl drin steht.
Na der Opa muss sich ja zu Lebzeiten sehr beliebt gemacht haben…
Hauptsache, er hat diese Familie hinter sich.
Ja, wenn dat Vatter mitten ins Urlaub gestorben wär, wer hätte denn dann dat Dreck ausse Wohnung wechgemacht? Da hamse abba alle nomma Glück gehabt!
Da hätte der Sohn aber besser vorsorgen sollen:
Wir hatten mal eine Bewohnerin im Altenheim, deren Zustand sich dahingehend verschlechtert hatte, dass sie nun bettlägerig wurde. Nichts Ungewöhnliches oder Dramatisches.
Sie hatte einen scheinbar sehr liebenswerten Bruder, der sie trotz seines ebenfalls fortgeschrittenen Alters regelmäßig besuchte. Dabei wohnte er gut 150km entfernt.
Eines tages fand ich dann einen an das Pflegepersonal adressierten Brief in dem Zimmer der Bewohnerin, in dem er sich für all die Arbeit herzlich bedankte, aber vor Allem darauf hinwies, dass er bald in Urlaub fliegen wolle und wir doch bitte die „Angelegenheit“ mit seiner Schwester doch bitte noch vorher über die Bühne bringen sollten.
Der genaue Wortlaut fällt mir leider nicht mehr ein, aber es ging definitiv ums Verscheiden der „geliebten“ Schwester.
Die hat ihn dann übrigens noch überlebt…
„Horizontmangel“ ist gut. 🙂
Ich hoffe, Ihr macht die Bestattung nicht auch noch so teuer, denn sonst hätte der arme Mann ja gleich woanders anrufen können. 😉
Bin ich der einzige der ein Deja vu hat? Ich glaub ich hab die Geschichte hier schonmal so oder so ähnlich gelesen … oO
…wenn der alte Herr sich erdreistet hätte zu sterben, wenn de Kinner im Urlaub sind das wäre wirklich unverschämt gewesen. Man hätte entweder von Nachbarn usw. davon erfahren und den Urlaub abbrechen müssen, oder man hätte nach 3 Wochen etwas noch ekligeres vorgefunden, als einen seit ein paar Stunden toten Opi…
Die story erinnert mich sehr an jene Geschichte von Thure, dem überbehüteten Söhnchen, der auf absolut gar keinen Fall den Leichenwagen sehen darf…
Thure-darf-keine-Leiche-sehen/3873
Ich find’s auch völlig unverständlich, wie man so abgebrüht sein kann. Aber wer weiß, wie das Verhältnis zwischen denen war. Vielleicht war’s nicht gerade der liebe Opa, der jederzeit gerne gesehen war. Manchmal hat das alles seine Gründe.
Ich bin auf die Fortsetzung bekannt. Wenn’s eine gibt…
Bei den liebenvollen Verwandten wäre ich als Opa aus Gehässigkeit am Morgen der Abreise gestorben und hätte ihnen den Urlaub ganz versaut. Verdient hätten se´s, nach Toms Geschichte zu urteilen.
Ich freute mich irgendwie darüber, dass mein Grossvater 96jährig eine Woche vor meiner Uni-Abschlussprüfung einschlief, und die Bestattung eine Woche danach stattfand.
Ich hatte wirklich das Gefühl, er hätte den Zeitpunkt irgendwie ausgewählt, um die Flamme weiterzugeben…
Traurig. Wenn meine Kinder später auch so sind, werd ich absichtlich am Tag der Hochzeit einer der Gören sterben.
Irgendwie recht haben die Kinder ja.
Sollen sie jetzt etwa 3 Wochen zuhause herumsitzen und Trübsal blasen? Was wäre denn gewonnen? Der Flieger wartet nicht, das bezahlte Ticket wäre futsch.
The Show must go on.
Alle hackt ihr auf den Kindern rum.
Wir wissen doch garnicht, was der Vater für ein Mensch war. Vielleicht war er auch ein ganz fürchterlicher Tyrann, der von der Familie unter größten Entbehrungen gepflegt wurde. Bevor diese daran zerbrach, und die Frau mit den Enkeln sich scheiden lies, gönnten sie sich den von Arzt geratenen Urlaub und übergaben für diese Zeit an den Pflegedienst. Beim Übergabegespräch an die Gemeindeschwester passte dem alten Herrn dies und das nicht, er beschimpfte alle als undankbares Gesindel, das sich an seiner Rente bereichert,und bekam davon sein termingerechtes Herzkasperl.
Ich finde diesen „Zufall“ schon etwas seltsam. Ich habe schon genügend Berichte gelesen und gehört, in denen über mangelhafte Leichenschau gerade bei alten Menschen berichtet wurde. Es wird eine hohe Dunkelziffer von Fällen geschätzt, in denen dem Todeszeitpunkt nachgeholfen wurde. Dazu würde in diesem Fall ach passen, daß die Leiche schnell weggebracht und verbrannt werden soll. Ein Beweis ist das nicht. Aber ein bisschen seltsam kommt es mir schon vor. Zum Glück gibt es beim Verbrennen die zweite Leichenschau, die hoffentlich gründlicher ist.
Also persönlich würde es mich mehr nerven, wenn jemand sagt es dauert 45 minuten wenn es dann 1,5 stunden dauert.
wenn ich das gleich weiß, habe ich kein problem damit, aber ich hasse nichts mehr, als wenn leute mit der zeit tiefstapeln!
(wobei in der situation wenn gerade jemand gestorben ist wär es mir wieder wurscht)
Da ist ja die Liebe richtig zu spüren… find das schlimm. „Ders tot, der muss schnell weg, das is ja eklig, überhaupt möchte ich noch was schlafen….“