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Das Eck

Am vergangenen Donnerstag habe ich einen Bestatter besucht, der in den nächsten Tagen sein brandneues Bestattungshaus direkt am Hauptfriedhof seiner Stadt eröffnen wird.

Er hatte mich um eine Hausbegehung gebeten, weil es immer gut ist, wenn ein Externer noch einmal über alles drüberschaut und seinen Senf dazu abgibt. Manchmal ist man in seinem eigenen Betrieb so betriebsblind, daß man vieles, was eigentlich ganz offensichtlich ist, einfach übersieht.

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Es ist ein schönes, helles Haus mit lichtdurchfluteten Räumen, ansprechenden Räumen und trotz seiner Moderintät strahlt es Ruhe und Würde aus. Insgesamt gefällt es mir sehr gut. Viel anzumerken gab es nicht, mir fiel im technischen Bereich nur ein Feuerlöscher auf, der so ungünstig angebracht ist, daß große Menschen wie ich sich den Kopf stoßen können und kleinere Leute erst gar an den Löscher herankommen.

Ein paar Kleinigkeiten noch, die ich anders gemacht hätte, dann fiel mein Blick auf die große Auffahrt von der Tiefgarage unten im Keller nach oben. Ich stutzte, überlegte, sah genauer nach und dann fragte ich: „Und da oben wo es von der Einfahrt zur Rampe um die Ecke geht, da kommt ihr mit dem Wagen ums Eck?“

„Aber klar, wir haben extra schon während des Baus ein Rahmengestell aus Dachlatten in den Maßen unseres neu bestellten Bestattungswagens angefertigt. Den haben wir auf vier Rollen gesetzt und sind noch vor dem Betongießen mehrmals zur Probe gefahren. Das wird passen!“

„Habt ihr es mal ausprobiert?“

„Der neue Wagen kommt ja erst übermorgen.“

„Also, so wie ich das sehe, kommt da allenfalls ein Smart um die Ecke, aber niemals ein fünf bis sechs Meter langer Leichenwagen.“

„Was?“

„Passt nicht…“

„Wir haben es doch probiert!“

„Mit einem echten Auto?“

„Nein, mit dem Gestell.“

Langer Rede kurzer Sinn: Die Idee mit dem Gestell in Fahrzeuggröße ist an sich ja nicht schlecht, aber man hat den entscheidenden Fehler gemacht, Rollen daran zu montieren, die sich wie bei einem Einkaufswagen in alle Richtungen drehen können. Mit solchen Rädern kann man auf der Stelle wenden, mit einem normalen Auto nicht.
Außerdem haben die Ausprobierer die Rollen exakt an die vier Ecken des Gestells gemacht, ein Auto hat aber vorne und hinten Überhänge.

Ein sofortiges Ausprobieren mit einem ganz herkömmlichen Passat-Kombi brachte es an den Tag: passt nicht!

So hat dieses funkelnagelneue Bestattungshaus also einen wunderbar ausgestatteten Keller mit Leichenaufzug und allem Drum und Dran, wenn sich aber der Inhaber nicht doch noch mit seinem Nachbarn, einem Steinmetzbetrieb, über die Nutzungsrechte des benachbarten Grundstücks einigt, um eine andere Zufahrt zu schaffen, wird man in diesen Keller niemals mit einem Auto hineinfahren können.

So wie es derzeit aussieht, können die Leute nur rückwärts mit dem Bestattungswagen in ihre Einfahrt fahren, dort den Sarg oder die Trage auf ein Fahrgestell umladen und dann von Hand die Rampe runter in den Keller schieben.
Schade, die Idee war gut.

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(©si)