Wenn ich im Südviertel zu tun habe, dann komme ich in die Gegend mit den freistehenden Einfamilienhäusern, den gepflegten Vorgärten und den Grundstücken, die so breit sind, daß es genügend Parkplätze gibt.
Mittlerweile ist das Viertel recht durchwachsen bewohnt, die Hälfte der Leute sind älter, die andere ist jung.
Wenn die Älteren sterben, dann kommen Junge nach, so ist das eben im Leben. In den seltensten Fällen handelt es sich aber bei den jungen Leuten um die Kinder der vorherigen Hausbesitzer. Die sind schon vor Jahren weggezogen, haben eigene Häuser, oft in weit entfernten Städten und gar kein Interesse an einem kleinen Vorstadthaus in grüner Idylle.
Die erben verkaufen die Häuser fast alle über die etwas schleimige Immobilienmaklerin Monika Zimmerlein. Mit ihrer etwas heiseren Stimme, der ewigen weißfiltrigen Damenzigarette zwischen den Fingern und dem kleinen Tick zuviel Makeup im Gesicht, strahlt sie nicht gerade das aus, was man unter Seriosität versteht. Um es vorsichtig zu formulieren: Sie wirkt eher wie eine Dame, die Männern vom Straßenrand aus schlüpfrige Angebote macht.
Aber gut, was soll ich sagen? Ich komme ja auch daher, wie ein schwergewichtsboxender Kantinenkoch mit 40 Jahren Currywursterfahrung. Oder wie Antonia es über sich selbst sagt: „Mein zarter Geist ist gefangen in einem Teufelskreis aus Kalorien und Fettzellen. Innen drin bin ich ganz dünn, aber das sieht keiner.“
Man soll nicht unbedingt voreilige Schlüsse aufgrund des Äußeren ziehen, das ist klar, aber Hinweise kann einem die Erscheinung schon geben.
Aber gut, mir hat Frau Zimmerlein noch nie etwas getan und die etwas über 800 Euro, die sie unserem Haus noch von der Beerdigung ihrer Frau Mutter schuldig geblieben ist, wird sie mir sicherlich auch irgendwann mal zahlen.
Doch um Frau Zimmerlein geht es gar nicht, wenn überhaupt, dann nur ganz am Rande.
Es geht um das Ehepaar Nüsselein. Angefangen hatte alles bei den Reibolds in Haus Nummer 4. Die hatten bei uns angerufen und sich jemanden „wegen der Totenbeerdigung“ ins Haus bestellt. Mit anderen Worten, sie haben eine Bestattungsvorsorge abgeschlossen.
Die Reibolds waren sehr nette Leute und mit meiner Beratung sehr zufrieden. Ich hatte ihnen die Abläufe genau erklärt, sie haben alles in bar auf ein Sparbuch eingezahlt und nachdem alles besprochen, geklärt und vertraglich fixiert war, muß das alles für sie so klasse gewesen sein, daß sie sich in kurzem Abstand zu Sterben hinlegten. Er sie, dann er.
Sowas kommt vor.
Die anderen älteren Leute aus der Nachbarschaft sind natürlich alle auf der Beerdigung gewesen. Nun bilde ich mir ein, daß wir jede Trauerfeier individuell und besonders schön machen. Aber ich muß auch zugeben, daß einem diese Standardbeerdigungen hochbetagter alter Menschen mit zehn bis zwölf Trauergästen schon sehr routiniert von der Hand gehen. Da müssen wir als Bestatter natürlich auch nicht das Rad jedes Mal neu erfinden, sondern das spulen wir und der Friedhof schon ziemlich routiniert ab.
Mehr Elan entwickelt man logischerweise bei Sterbefällen, die einem selbst zu Herzen gehen, die eine Story haben oder bei denen es um junge Menschen geht.
Es ist doch klar: Das Sterben gehört zum Leben dazu, es wartet auf jeden von uns. Es ist somit nicht wirklich etwas Besonderes und wenn es doch etwas Besonderes ist, immerhin kommt es in jedem Leben nur ein einziges Mal vor, dann nimmt seine Besonderheit mit jedem Tag den wir leben ab.
Um den Tod eines 89jährigen Tattergreises wird demnach längst nicht soviel Palaver veranstaltet, wie um das Dahinscheiden eines 41jährigen Familienvaters.
Bei den Reibolds war es ja nun so, daß ich erst kurz vor deren Tod bei ihnen war, mich noch sehr gut an den leckeren Mohnkuchen von Frau Reibold und den in der Laube schwarz gebrannten Schnaps von Opa Reibold erinnerte und mir somit immerhin ein empathisches „Ach was?“ entfuhr, als Sandy mir die Sterbemeldungen der beiden in etwa 14tägigem Abstand auf den Tisch legte.
Vielleicht haben wir uns deshalb etwas mehr Mühe gegeben, obwohl die Leute auch schon an die 90 waren.
Also gut, die Reibolds liegen auf dem Friedhof und haben ihre letzte Ruhe gefunden und nun kommen die anderen älteren Herrschaften aus deren ehemaliger Nachbarschaft der Reihe nach und möchten auch so schöne Beerdigungen wie die Reibolds.
So komme ich nun endlich auf die Nüsseleins zu sprechen. Mann, bis man manchmal beim Erzählen so die Kurve kriegt… Meine allerliebste Frau schimpft mich ja immer einen wortkargen alten Tünnes, die müßte mal mein geschriebenes Gelaber sehen…
Also: Immer wenn ich da ins Südviertel komme, fällt mir auf, daß vor dem Haus des Ehepaares Nüsselein der große hellgelbe Geländewagen der Frau Zimmerlein steht. (Daß die alle Namen haben, die auf -lein enden, ist ein tatsächlich realer Zufall, auch wenn der Teil vor dem -lein verändert wurde.)
Ich frage ein anderes älteres Ehepaar, warum denn die Zimmerlein immer bei denen wäre.
Ja, hieß es, die Nüsseleins wollen ihr Haus verkaufen und jetzt sei gerade die Frau Zimmerlein mit Interessenten da. Es kämen da ständig junge Ehepaare, mal mit der Zimmerlein, mal ohne, um sich das Haus anzuschauen. Das sei ein ständiges Kommen und Gehen.
Irgendwann waren dann die Nüsseleins an der Reihe, auch sie hatten sich bei uns gemeldet, um eine Vorsorge abzuschließen. Das sei gerade bei ihnen besonders wichtig, da ihre einzige Tochter mit ihrer Familie 180 Kilometer entfernt wohne und sich um nichts kümmern könne.
Und während ich mit Ehepaar Nüsselein in der Küche sitze und selbstgebackene Puddingschnecken esse, klingelt es und Maklerin Zimmerlein schneit mit zwei jungen Leuten herein.
„Lassen Sie sich nicht stören, wir flitzen mal eben durch“, sagt sie und das Haus wird beinahe durch die duftige Fülle eines süßlichen Parfums gesprengt, das die Zimmerlein quasi rammbockartig umgibt. Dieses Parfum nimmt man nicht einfach nur wahr, nein, es prügelt sich quasi durch die Nase direkt ins Hirn und erregt im Sprachzentrum genau diese eine Synapse, in der das Wort Nutte gespeichert ist.
Ich weiß gar nicht, wie man auf so hohen und dünnen Absätzen laufen kann. Die Zimmerlein kann es und stakst mit den jungen Leuten nach oben.
Seit Monaten versuchten sie nun ihr Haus zu verkaufen, sie selbst wollen sich ja kleiner setzen, erzählen mir die Nüsseleins und aufs erste Höre macht das ja auch Sinn. Nur wenn man einmal richtig überlegt, dann kommt man irgendwie darauf, daß das Haus das sie bewohnen, ja so groß eigentlich gar nicht ist. Nun gut, vielleicht sind es die Treppen, vielleicht ist es der Garten…
Die Zimmerlein kommt eine Weile später mit dem jungen Paar herein.
Die junge Frau hängt selig grinsend am Arm ihres Mannes und der ist auch ganz aufgeregt. Das sei genau das Haus, das sie schon seit drei Jahren suchen. Es sei geradezu ideal und es passe alles. Das Haus würden sie jetzt auf der Stelle und vom Fleck weg kaufen.
(Übrigens stammt die Redewendung „vom Fleck weg“ aus alten Zeiten, als es noch junge, polnische Reinigungsfachfrauen gab, die in chemischen Reinigungen die Flecken beseitigten. Wurde so eine dann geehelicht, hatte man sie vom Fleck weg geheiratet.)
Frau Nüsselein machte einen spitzen Mund und Herr Nüsselein sagte den jungen Leuten, sie kämen gewiss in die engere Auswahl, man wolle sich aber noch zwei oder drei andere Bewerber anschauen.
Einige Wochen später bin ich wieder bei den Nüsseleins. Vor dem Haus der gelbe Geländewagen mit dem Sylt-Aufkleber hinten drauf, der ja bekanntermaßen für „blöd und reich“ steht. Schon vor dem Haus nehme ich den schwer aufgetragenen Nuttendiesel der Frau Zimmerlein wahr und im Haus treffe ich wieder auf ein junges Ehepaar im Schlepptau der drallen Maklerin.
In der Küche die Nüsselein und ich höre noch, wie sie den jungen Leuten wieder einmal sagen, sie müssten sich das noch überlegen, es gäbe da noch weitere Bewerber.
Bis dahin klingt ja noch alles ganz normal, aber als die Zimmerlein dann mit den Kaufinteressenten verschwunden ist, spreche ich die Nüsseleins doch auf diese dauernden Besuche der Maklerin und der Interessenten an.
Hm, und da stellt sich etwas ganz anderes heraus.
In Wirklichkeit wollen die Nüsseleins nämlich ihr Haus gar nicht verkaufen. Für dieses Häuschen haben sie lange geschuftet, jetzt ist es seit ein paar Jahren endlich abbezahlt und warum sollten sie es her geben wollen, so groß ist es ja nun wirklich nicht.
Nein, es geht denen um etwas ganz anderes.
Sie möchten gerne, daß ihre Tochter sich entscheidet und in dieses Haus zieht. Sie selbst wollen dann in die zwei kleinen Zimmer unterm Dach ziehen, sind dann versorgt und hätten Tochter, Schwiegersohn und Enkelkind immer in der Nähe.
Und weil die Tochter nun partout nicht will, erhöhen sie nun den Druck, indem sie so tun, als ob sie das Haus ganz billig an Fremde verkaufen.
Irgendwie kann ich die Alten ja verstehen. Aber mir tun die vielen jungen Paare leid, die sich Hoffnungen auf das kleine Häuschen machen und vollkommen vergebens zur Besichtigung hergekommen sind.
Nur um alten Leuten etwas die Zeit zu vertreiben und ein paar Argumente für die Tochter zu liefern…
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Oh ja. Und weil das Häuschen ja so groß gar nicht ist, machen wir es schnell noch kleiner, denn fünf Personen leben da bestimmt vieeeel besser drin als nur zwei. Die wollen doch nur schnell mal die Tochter als billige Pflegekraft sichern…
kopfschüttelnd,
Salat
…Und die Tochter, die ja offenbar glücklich ist, da wo sie lebt.
Du schreibst ja wirklich wunderschöne Geschichten, aber diesmal musste ich wirklich noch zweimal rauf und runterlesen, um herauszufinden, was die Reibolds jetzt mit der Zimmerlein zu tun haben, und wie die plötzlich auftauchenden Nüsseleins zu den Reibolds gehören.
Kann aber daran liegen dass ich meinen ersten Kaffee noch nicht aufhabe.
Linke Nummer von den alten Leuten, so was kann ich gar nicht leiden.
Danke für „Nuttendiesel“, das muss ich mir merken. 😉
„Gelber Geländewagen“ reicht mir eigentlich für das „Blöd-und-Reich“-Urteil. Da benötige ich gar keinen Sylt-Aufkleber.
(Naja, okay. Total verallgemeinern möchte ich das auch nicht, aber ich hatte da gerade nach der Personenbeschreibung so ein Bild im Kopf…)
DIESER SCHREIBSTIL !!!!!! herrrrrlisch !!!!
allerdings finde ich es auch äußerst unfein, was die abziehen. wenn die zimmerlein da mal hinterkommt, gibt es ÄRGER! müßte doch irgendwannmal auffallen, daß keiner wirklich in die engere auswahl kommt….naja….
aber geniale geschichte, schönes kopfkino 🙂
@2 Bernhard, mach dir nichts draus auch mit zwei Kaffee komme ich nicht so schnell dahinter. Vll liegts aber daran das die Reibolds nun beide glücklich unte rder Erde sind, weil die Vorsorge von Tom ja so Toll war und ihm nun Scharenweise die andren alten Leute die Bude einrannten wegen auch so einem schicken Event. Daher kommen also Nüsseleins und die Zimmerlein kann man aufgrund einem so „anregendem Duft“ einfach nicht vergessen. 😉
@ Kirstin und Bernhard, ich glaube, dafür muss man mindestens zehn Jahre „Marie-ist-doof“-(u.ä.)-Erfahrung haben 😀
Typo: Aus „Er sie, dann er.“ werde „Erst sie, dann er.“
Wenn Deine Frau Dich für schweigsam hält, dann hat sie damit vermutlich recht. Männer sind im Schnitt einfach anders. Wenn ich mit meinem Vater nach vielen Wochen telefoniere und er eine Frage hat (oder andersherum), die mit ja oder nein zufriedenstellend beantwortet werden kann, dann ist dieses ja oder nein auch genug und man kann danach aufhören. Und an den allermeisten Tagen ist auch nichts besonderes gewesen.
Beim Vorbesitzer unseres Hauses hat es auch sehr lange gedauert, bis er dann ausgezogen ist.
Er ist in dem Haus aufgewachsen und hat fast 70 Jahre dort gelebt.
Klar, dass er sich nicht gerne getrennt hat von seinem Elternhaus.
Trotzdem war es aergerlich fuer uns, dass der Uebergabetermin sich staendig verschoben hat.
Wir hatten unsere Wohnung schon gekuendigt und mussten noch das Haus renovieren.
Wenn sich die Tochter unter Druck setzen laesst, ist sie selber schuld. Es ist nur Geld, um das es geht. Sie hat ihren Lebensmittelpunkt, ihre Arbeit, ihre Familie jetzt woanders. Und nur weil die Alten es sich in den Kopf gesetzt haben soll die Tochter jetzt alles aufgeben? Eltern haben fuer ihre Kinder da zu sein – nicht umgekehrt.
Tja, wir Männer sind eben anders; bei uns sind Telefonate nach wenigen Sekunden beendet, weil einfach alles gesagt ist. Als neulich meine Zimmerlinde ein Telefonat schon nach 20 min beendete fragte ich sie wer denn am Apparat war – da meinte sie: „Keine Ahnung – hatte sich verwählt…“
noch Fragen Kienzle??
Wenn ich Tom`s Geschichten lese, dann denke ich oft an meine Oma, die inzwischen schon über 20 Jahre tot ist. Und in diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass mein Vater einmal zu meiner Oma sagte, sie sei eine „Berufsmäßige Friedhofsgeherin“und das sie sich deswegen schämen solle. Später bekam ich ein Gespräch, dass meine Oma mit einer Nachbarin führte, mit, in dem sie sagte, dass sie mit ihren Bekannten, (3 weitere alte Schachteln), nur zu diesen Beerdigungen ging, um zu schauen, ob die Familienangehörigen der Toten auch ordentlich traurig geschaut haben. (um sich dann darüber das Maul zu zerreißen). Jaja, so ist dass gewesen,in der guten alten Zeit … *in-mich-hinein-grins*. Manchmal vergleiche ich das mit der österreichischen Serie, *4 Frauen und 1 Todesfall*. Nur das meine Oma und deren „Alte-Schachteln-Club“ keine Mordermittlungs-Ambitionen hatten.:-)
Die sind leider kein Einzelfall, die Nüsseleins. Viele ältere Menschen (meine Familie inklusive) verstehen einfach nicht, das man heutzutage flexibel sein muss was den Job angeht, das man also nicht das ganze Leben im gleichen Kuhdorf wohnt. Aber wenn die mal pflegebedürftig sind, dann müssen die JUngen alles stehen und iegen lassen und umziehen, im shclimmsten Fall sogar Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen. Das ältere Herrschaften umziehen ist ja undenkbar…
Sowas regt mich auf, echt!
@ Anita.
[quote]Eltern haben fuer ihre Kinder da zu sein – nicht umgekehrt.[/quote]
Darüber könnten wir uns jetzt streiten.
Wahrscheinlich bist du auch von der Sorte „Ich wollte gar nicht auf diese Scheiß-Welt…Mama und Papa sind schuld usw. blablablubb…“
Werde mal selbst alt, dann verändert sich deine Perspektive mit Sicherheit.
Alles hat zwei Seiten, oder?
@ Yeti.
Das der „Generationenvertrag“ und unser Sozialsystem Vergangenheit bzw. Pleite sind ist nicht zu bestreiten. Das wird noch mehr als nur altersstarrsinnige pflegebedürftige Senioren zur Folge haben. Und die geforderte berufliche Mobilität sehe ich auch eher mit gemischten Gefühlen, denn irgendwann wird der agilste Berufstätige sesshaft werden müssen, spätestens wenn Kinder da sein sollten, ansonsten schlicht durch Ausgebranntsein. Ich sehe aber auch immer mehr Singles (hip + top + trendy + gutverdienend) depressiv in ihren teuren Designerbuden hocken…irgendwas läuft da schief, und die Rechnung kommt noch. Mit Sicherheit.
Ein schöner Text, Tom. Danke.
B. A.
Schöne Geschichte und schöne Kommentare. @Anita > Eltern haben fuer ihre Kinder da zu sein – nicht umgekehrt. Hast völlig recht, wenn die Kinder klein sind. Aber wenn die Eltern hilfsbedürftig sind, hat es wohl eher andersherum zu sein! @ DerInderInDerInderin > Linke Nummer von den alten Leuten, > so was kann ich gar nicht leiden. Naja, halb so schlimm! Als Käufer oder Mieter schaut man auch einiges an und macht Leuten Hoffnung! Und oft ist das auch nur ein „Infobesuch“, da man vorher schon weiß dass man es nicht nehmen wird. @Yeti > … verstehen einfach nicht, das man heutzutage > flexibel sein muss was den Job angeht, hmmm, also hier hab ich echt Schwierigkeiten wenn ich diese Sprüche höre. Ja es gibt Gegenden wo du als junger Mensch keine, wirklich keine Arbeit findest. Aber der Druck und die Meinungsmache die hier von der INdustrie aufgebaut wird funktioniert doch nur weil alle mitmachen! Und das fängt schon im kleinen an. Wir kaufen zum großen Teil in Supermärkten auf der grünen Wiese und wundern uns,… Weiterlesen »
Also ich finde nicht, dass Eltern nur für ihre Kinder da sein müssen. Das gilt auch schon in jungen Jahren. Das ist ein Geben und Nehmen. Meine muss zumindest Zuhause mit anpacken und macht das gerne, so kenne ich das bei anderen auch. Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden und ihr habt euch nur auf den finanziellen Teil bezogen.
Diese Mobilität ist ätzend. Viele geben ihre Kinder auf internationale Schulen, weil die Unternehmen ihre ausländischen Vertretungen gestrichen haben und nun die Leute reisen und umziehen lassen und die Kinder so überall die Schule besuchen können und die Abschlüsse anerkannt werden. So auch unsere Nachbarskinder, die mittlerweile „psychisch einen weg“ haben und dadurch bedingt körperliche Symptome zeigen. Wir haben auch Umzüge hinter uns, gehen nun aber wieder zurück, weil Geld nicht alles ist im Leben.
@Yeti:
Es muessen ja noch nicht mal berufliche Verpflichtungen sein, manchmal will man auch gar nicht mehr dahin zurueck wo man aufgewachsen ist/die Eltern leben. Selbst wenn man ein gutes Verhaeltnis zu den Eltern hat.
Mich wuerden auch keine 10 Pferde mehr in meine Heimatstadt bekommen, hoechstens zu Besuch. Das ist der Arsch der Welt und stinklangweilig. Wuerde meine Mutter da nicht wohnen, wuerde ich nicht mehr hinfahren.
Normal ist eigentlich „Geben und Nehmen“, aber die meisten jungen Leute sind doch nur noch vom Stamme „Nimm“ oder vom Stamme „Gib mir mehr“! Pfui Deibel.
Ich finde, in dieser Frage (wer kümmert sich um wen) gibt es keinen Automatismus außer dem einen: Wer Kinder in die Welt setzt, ist verpflichtet, sich um sie zu kümmern, denn solange sie klein sind, können sie es nicht alleine. Daraus dann aber abzuleiten, dass diese Kinder eine ewige Verpflichtung hätten, sich im Alter der Eltern um diese zu kümmern und alles mitzumachen, dass ist der Trugschluss. Wer sich kümmert, der bestimmt, schließlich durften wir uns als Kinder auch nicht Eis zum Mittagessen und den Horrorfilm um Mitternacht aussuchen – da haben unsere Eltern (hoffentlich) in unserem Besten für uns entschieden. Und wenn die Zeit kommt, dass meine Eltern pflegebedürftig sind, nehme ich mir das gleiche Recht heraus.
Naja, das mit dem „Druck auf die Tochter erhöhen“ (vulgo Erpressung: entweder Du ziehst her oder wir verschleudern das Erbe) scheint ja nur bedingt zu funktionieren, wenn die Immobilientante _immer wieder_ mit Interessenten dort auftaucht.
Tja, und was die Frage nach dem Wegziehen und wer nun für wen da zu sein hat angeht: Ich wäre geblieben, aber die Perspektiven waren für mich unbefriedigend. Ich habe einen sicheren Job (öD), der aber leider keine Perspektiven bietet und das Umfeld innerhalb der Einrichtung stimmt auch nicht (mehr), so dass ich einen besseren Job (nach längerer Suche) angenommen habe und von meinen Eltern jetzt doch wegziehe. Für meine Eltern sicher unschön, andererseits will ich zunächst an mein Leben denken.
ist ja in ordnung, wenn gefordert wird, dass die tochter sich ein bisschen um die eltern kuemmert, aber warum soll sie dann dahin zurueckziehen? wenn sie familie hat und vllt nen partner dann kann sie auch nicht einfach umziehen. und warum sollte der spiess nicht einfach umgedreht werden? als kind muss man ja auch mit wenn die eltern umziehen..
Ich unterschreibe das was Big Al geschrieben hat! Das ist heutzutage echt schlimm mit dem „ortsungebunden sein“ bei jungen Arbeitnehmern. Vor allen Dingen auch weil es kaum mehr unbefristete Verträge gibt (also zumindest in meinem Bereich…) Ich bin in meinen späten Zwanzigern angelangt und im Schnitt alle zwei Jahre umgezogen. Ich sehe gerne mal was Neues, lerne neue Gegenden und Menschen kenne, aber irgendwie wäre es doch mal ganz nett einfach irgendwo anzukommen und bleiben zu können…?! Und mit meiner Heimat bin ich sehr verbunden und mein Elternhaus würde ich persönlich auch nicht hergeben wollen. Auch wenn meine Eltern meinen, dass ich es dann wohl verkaufen werde müssen, wenn sie mal nicht mehr sind. Also sie sehen es schon ein, dass ich es nicht werde halten können. Nur ich selbst sehe es nicht ein. Hoffentlich finde ich mal eine Möglichkeit Geld zu verdienen und wieder dort zu leben (sehr, sehr unwahrscheinlich…). Und ich bin auch der Meinung, dass ich meinen Eltern mal etwas zurück geben will. Aber wir hatten auch gerade die letzten Jahre mit… Weiterlesen »
Die Pflege, die Angehörige zu Hause leisten können, hat definitiv ihre Grenzen. Angehörige mit wirklich schweren gesundheitlichen Einschränkungen zu pflegen (wie Demenz) überfordert selbst die gutwilligsten Angehörigen irgendwann. Da kann man meines Erachtens auch nicht von Unwillen oder gar Bosheit sprechen, jeder Mensch hat seine Grenze, ab der er schlicht überfordert ist.
@ den einen anderen Stefan.
Ich stimme dir 200-prozentig zu. Leider ist das noch nicht so in der „Gesellschaft“. bzw. auch noch nicht bei pflegenden Angehörigen angekommen dass alles seine Grenzen hat.
Finanziell ist das auch ein Riesenproblem welches dann halt bei nicht mehr vorhandenen Mitteln zum „zweiten (B. A. hüstelt gerade) Arbeitsmarkt führt.
Mit Geiz hat das in den wenigsten Fällen zu tun. Auch nicht mit mangelnder Liebe zu den pflegebedürftigen Angehörigen.
Wie Chisa oben ihren Kommentar beendet: Ist alles nicht so einfach.
B. A.
Ich bin da absolut schmerzfrei! Wenn mich jemand unter Druck setzen will, mit wem, oder was auch immer, gibt das einen Boomerangeffekt der seines Gleichen sucht.
Selbst wenn es realistisch betrachtet zu meinem Vorteil wäre, ich aber nicht wollte, dann würde meine gute Seite ihre schwärzesten Schatten zeigen.
Es ist so grauenhaft, dass immer wieder Menschen anderen Menschen ihren Willen, Glauben und was sonst noch alles oktruieren wollen.
@25Winnie
Das Schlimme ist, dass diese Eltern diese Methoden schon praktizieren, wenn die Kinder noch ganz klein sind. Als Erwachsener sind sie meist nicht in der Lage, der emotionalen Erpressung zu widerstehen. Da kann man manchmal nur ungläubig schauen, wie sie kuschen.
Wenn es nicht funktioniert, was die Eltern veranstalten, ist meist der Kontakt stark reduziert oder abgebrochen.
@26 Smilla
Da kann ich nur zustimmen, deshalb habe ich auch so eine „Allergie“ gegen diese miesen Methoden.
Puh….was ist denn hier los?
Wir haben aber auch gerad noch die Kurve gekriegt.
Jetzt nachdem wir in’s eigene Haus gezogen sind, ist Oma verstorben welche bei’n Schwiegereltern im Haus lebte.
Noch auf der beerdigung wurde gesagt:
Ach verkauft doch wieder und steckt das Geld lieber in unser Haus, dann wohnen wir so schön zusammen.
Niemals!
Zwischen Eltern und Kindern gehört mindestens eine andere Postleitzahl.
Naja, es kommt schon auf das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern an.
Wir haben beizeiten gelernt, dass es stressfreier ist, wenn wir uns nicht auf der Pelle hocken.