Menschen

Das Messingschild auf dem Grabstein

orgel

Letzte Tage zeigte ich die Fotografie eines Lesers, die einen Grabstein mit aufgebrachtem Namensschild vom Schlüsseldienst zeigte.

Dazu kamen viele Antworten und manche meinten, das sehe ja hässlich aus und sei nicht besonders würdevoll.
Mag sein, aber…

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Opa Lausitzer hatte schon 22 Jahre vollkommen alleine in seiner Anderthalbzimmerwohnung unterm Dach gewohnt und sich jeder staatlichen Hilfe verweigert. Egal wie, er wollte mit seiner kargen Rente über die Runden kommen, auch wenn das bedeutete, daß er Stunden um Stunden auf dem Hof des Supermarktes die weggeworfenen hölzernen Obstkisten zerlegen musste, um sich so etwas Brennholz zu verschaffen.

Von den Kroppers nahm er nichts an, obwohl Herr und Frau Kropper nur deshalb beide arbeiten gehen konnten, weil Opa Lausitzer sich stundenweise um die beiden Kinder der Kroppers kümmerte.
Alles was er annahm, war das gemeinsame Abendbrot.

Als Opa Lausitzer eines Tages starb, stand schnell fest, daß er von der Stadt das bekommen würde, was alle Leute ohne Geld und Angehörige bekommen, nämlich eine Feuerbestattung ohne Trauerfeier und ein anonymes Urnengrab auf irgendeinem abgelegenen Rasenstück auf dem Hauptfriedhof.

Für die Kroppers, die trotz doppelter Berufstätigkeit nicht wohlhabend waren, war es eine Selbstverständlichkeit, beim Bestatter das bißchen Würde und Pietät auf eigene Rechnung zu bestellen, das sie für Opa Lausitzer für angemessen und für sich selbst für bezahlbar hielten.

Eine Trauerfeier sollte er bekommen, einen kleinen Kranz mit Schleife und natürlich ein anständiges Grab, wo man auch mal mit den Kindern hingehen kann, denn die weinten ganz besonders um den einfachen und bescheidenen Mann aus der Mansardenwohnung.
Doch selbst für ein einfaches Grab hatten auch die Kroppers kein Geld und so beschlossen sie, Opa Lausitzer zu Herrn Kroppers Eltern mit ins Familiengrab zu geben.

Das war alles bezahlbar und ging auch so über die Bühne.
Nun kam aber die Frage, wie man denn Opa Lausitzers Name auf dem Grabstein anbringen könne.
Das sei doch kein Problem, meinte der Steinmetz. Es sei zwar kein Platz mehr für einen weiteren Namen, aber es sei problemlos möglich, den Stein abzutransportieren, komplett abzuschleifen und zu bearbeiten und dann mit etwas kleinerer Schrift alles ordnungsgemäß draufzuschreiben…
Das würde alles in allem auch kaum mehr als etwas 1.500 Euro kosten…

Herr Kropper hat dann bei „Mr. Schuhquick“ ein Namensschild aus Messing machen lassen, das den Namen von Opa Lausitzer und sein Geburts- und Sterbejahr nannte. Das Schild hat er dann mit Pattex auf den Grabstein geklebt.

Ich finde das schön, daß Opa Lausitzer einen Platz gefunden hat und daß man seinen Namen auf diese Weise nicht ganz vergisst.
Ob so ein Messingtäfelchen nun den Friedhofsbesuchern gefällt oder diese eher an ein Briefkastenschild erinnert, das dürfte Opa Lausitzer ganz egal sein, aber sowas von egal!

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