Allgemein

Das Urnen-Mirakel

Urnen werden häufig auch einfach per Post versandt. Es ist regional und von Fall zu Fall sehr verschieden, wie die Urne vom Krematorium zum Friedhof gelangt. Bei Friedhöfen, die in der gleichen Stadt liegen, übernimmt oft die Stadtverwaltung den Urnentransport. Da fährt dann ein städtischer Mitarbeiter die Urnen gesammelt zu den jeweiligen Friedhöfen und man rechnet dann pro Urne noch mal keck 50-100 Euro „Urnentransportkosten“ ab.

Urnen, die ins nähere Umland kommen. transportiert in vielen Fällen der Bestatter, der natürlich auch dafür etwas verlangt.
Anders sieht das mit Urnen aus, die durch die halbe Republik müssen. Hier wäre ein Einzeltransport zu aufwendig. Da versenden Kommune oder Bestatter die Urnen dann per Post.

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Offizielle Zahlen über Verlustzahlen gibt es m.W. nicht, aber mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem eine Urne verschwunden ist. Man muß sich allerdings nur mal vor Augen halten, warum überhaupt Pakete verschwinden. Diese verdampfen ja nicht oder werden von außerirdischen Mächten weggebeamt. Es kommen ja nur drei vier Möglichkeiten in Frage:

1. Der Versender hat das Paket gar nicht abgeschickt, behauptet das aber (kennt man doch von Ebay)
2. Der Empfänger hat das Paket zwar bekommen, behauptet aber das Gegenteil (kennt man auch von Ebay)
3. Das Paket wird an den falschen Bestimmungsort geliefert.
4. Jemandem in der Transportkette gefällt das Paket…

Da die Pakete aber als Urnenpaket gekennzeichnet sind und die gefüllten Urnen nicht bei Ebay gehandelt werden, sind die o.g. Punkte nur teilweise relevant.

Jetzt schreibt mir jemand in den Kommentaren:

Mein Mann jahrelang mit Post-Paketen zu tun] … und es ist auch das ein oder andere Mal vorgekommen, dass so ein special Paket beschädigt war und die Asche auf dem Postamt vom Band gekehrt wurde…..

und dazu passt auch diese Frage:

Halten Urnen eigentlich was aus? Der Deckel wird doch nur locker aufgesteckt. Was ist wenn der Urnenträger stolpert? Wird dann die Asche vom Weg ins Loch gefegt?

und ich kann gleich noch die Frage beantworten:

Bei meinem Praktikum bei einem Bestatter habe ich gesehen, daß da überall Rauchverbot galt. Sind Bestatter alle Nichtraucher oder Raucherfeinde?

Dazu kann ich erzählen:

In unseren Räumen im Keller gilt Rauchverbot. Das ist angesichts eines selbst rauchenden Chefs, der eine ablehnende Haltung gegenüber allen Rauchverboten hat, eine Besonderheit. Aber das hat drei Gründe. In dem Bereich, in dem Särge bearbeitet werden, kommt es mitunter zu hohen Konzentrationen von Holzstaub in der Luft. Hier sind es Gründe des Brandschutzes, die das Rauchen verbieten lassen. Außerdem befindet sich im Sarglager einfach zuviel Holz, als daß man dort das Rauchen gestatten könnte.
Desweiteren gilt das Rauchverbot in den Hygieneräumen, in denen die Verstorbenen zurecht gemacht werden. Es liegt klar auf der Hand, daß man, wenn man einen Verstorbenen handhabt, weder ißt, noch trinkt, noch sich Tabakwaren oder sonstwas in den Mund steckt. Das hat hygienische Gründe und es gehört sich auch dem Verstorbenen gegenüber nicht.

Aber das schönste Verbot macht ja keinen Spaß, wenn es nicht immer wenigstens einen gäbe, der dagegen verstößt. Natürlich haben wir auch für die Mitarbeiter der technischen Abteilung einen Aufenthaltsraum und dort können sie rauchen soviel sie wollen. Glücklicherweise hat es da noch nie Probleme zwischen Rauchern und Nichtrauchern gegeben. Nebenbei bemerkt: In den Bestattungswagen sind die Fahrerkabinen i.d.R. so eng, daß hier generell nicht geraucht wird. Ich finde das sieht auch nicht gut aus, wenn in einem Leichenwagen zwei Typen mit Kippe im Mund sitzen oder die Stummel aus dem Fenster werfen.

Derjenige, der sich aber im Keller nicht an mein Verbot hält, ist Herr Huber. Abgesehen von den Zeiten in denen er mit Verstorbenen zu tun hat, hat der eigentlich immer eine Zigarette (früher Zigarre) im Mundwinkel. Und weil ich weiß, daß er weiß, daß ich das weiß, sage ich nichts und er läßt sich nicht von mir erwischen. Und damit ich ihn nicht erwische, hat Huber an diversen Plätzen feuerfeste Aschenkapseln mit Sand gefüllt und als Ascheneimerchen aufgestellt.

Manchen mag das pietätlos vorkommen, aber man nimmt halt das, was man hat und es gibt immer mal wieder verbeulte oder zerkratzte Behälter, die wertlos sind.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat Huber mit seinem Männern herumgealbert und sie haben einer dieser Aschenkapseln einen Deckel aufgepresst und sie einem Kollegen in die Tasche gepackt. Der sollte dann damit nach Hause gehen und dort zu seinem Schreck feststellen, daß er eine Urne dabei hat. Das hat natürlich nicht geklappt, denn die Tasche ließ sich gar nicht schließen, war viel zu schwer und der Spaß ist schnell aufgeflogen. Hallo, bevor sich jemand aufregt: Wir sprechen von einer schwarzen Stahlblechdose in der Sand und Zigarettenstummel waren.

Im weiteren Verlauf der Geschichte flog diese Dose dann in Richtung Huber, der sie schnappen sollte, sie aber verfehlte und die Dose donnerte auf den Boden.

Platze die Dose auf? Verstreute sich der Inhalt? Nein.
Die Deckel einer solchen Stahlurne bzw. Aschenkapsel werden in die Öffnung hineingepresst und dort unter den Rand geweitet. Ohne weiteres sind sie nicht abnehmbar.

Man hat mich seinerzeit dazu gerufen und mir dann demonstriert, wie stabil dieses Gefäß ist. Ich glaube jeder von uns hat dann einmal probiert, wie fest er diesen Behälter gegen die Wand werfen kann. Es war nach über 20 Versuchen nicht möglich, den Aschenbehälter zum Aufplatzen zu bringen. Er war verbeult stellenweise war die schwarze Farbe verkratzt, aber er ging nicht kaputt und man kann mir glauben, daß wir dem Teil ordentlich zugesetzt haben.

Nun ist Sand ungleich schwerer als Totenasche. In einer normalen Aschenkapsel sind etwa 2 bis 2,5 Kilo enthalten. Der Sand dürfte, weil dichter eingefüllt, mindestens das Doppelte wiegen, entsprechend wuchtiger wirkte er sich bei unseren „Versuchen“ aus. Überdies steckt diese Aschenkapsel in den meisten Fällen zusätzlich noch einmal in einer weiteren stählernen, hözernen oder steinernen Überurne, deren Deckel ebenfalls nicht nur locker aufliegen. Das Ganze wird mit Holzwolle in einen Pappkarton gepackt, der wiederum mit etwas Holzwolle in den Versandkarton kommt.

Wenn also davon berichtet wird, während der Transporthandhabung sei eine solche Sendung aufgegangen und die Asche habe sich irgendwo verstreut, dann müssen das schon ganz besondere Umstände gewesen sein. Da müsste der Behälter in einer sehr großen Halle von sehr weit oben gefallen sein, es müsste schon ein Fahrzeug darübergefahren sein oder es muß sich um eine ausländische Urnensendung gehandelt haben, bei der die Asche direkt (ohne Aschenkapsel) in ein weniger stabiles Gefäß gefüllt wurde. Denkbar wäre noch, daß der silberfarbige Metalldeckel der Aschenkapsel nicht ordnungsgemäß eingepresst wurde.
Aber ansonsten kann ich mir nicht vorstellen, wie das gehen soll.

Man kann das nichtmal mit einer Konservendose vergleichen. Die ist i.d.R. weitestgehend mit Flüssigkeit gefüllt, die sich bekanntlich nicht so komprimieren lässt wie Gas. Und Aschenkapseln enthalten ja Umgebungsluft, weil sie nie randvoll sind.

Es könnte also unter ganz seltenen Umständen passieren, dürfte aber eher unwahrscheinlich sein, daß auf die oben beschriebene Weise Totenasche verlorengeht.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#urnen-mirakel

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