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Das war ja gemütlich – Lesung im Bestattungshaus Regenbogen in Karlsruhe

Erkältungsbedingte Kopfschmerzen, den ganzen Tag Streß gehabt und dann steht der Wagen in der Garage und macht keinen Mucks. Die Batterie ist am Ende ihrer Lebensdauer angekommen und orgelte nur noch einmal durch, das war’s dann.
Beste Voraussetzungen, um zu einer Buchlesung nach Karlsruhe aufzubrechen.

lesung-karlsruhe

Gott sei Dank war unsere Haushaltshilfe Brunhilde da, die mit ihrem Auto Starthilfe leisten wollte. Sie wollte … Doch das Starthilfekabel wollte nicht, eine der roten Polklammern gab ihren Geist auf und zersprang in ihre Einzelteile.
Ich sah den Termin beim Bestattungshaus Regenbogen schon mit dem draußen einsetzenden Regen davon schwimmen.
Aber die gute Brunhilde hatte auch noch ein Starthilfekabel und so bekamen wir meine Karre doch noch zum Laufen.

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Und da kam es mir dann sehr zugute, daß ich immer genügend Zeit für Pünktlichkeit einplane. Wenn jetzt unterwegs nichts mehr schiefgeht, käme ich noch pünktlich an.
Es ist ja so, je näher das Ziel liegt, umso kleiner plant man dieses Extra-Zeitfenster. Karlsruhe ist nunmal nicht weit weg von hier, so um die 70 Kilometer.

Mittlerweile war es dunkel geworden, der Regen mischte sich manchmal mit dünnen Schneeflocken und auf der Autobahn herrschte Hochbetrieb, keine schönen Bedingungen um zu fahren; und außerdem muß ich sagen, daß mir mit zunehmendem Alter das Fahren bei Nacht und Regen auch keinen Spaß mehr macht. Schwierigkeiten habe ich keine, es fällt mir auch nicht schwer, es nervt nur, weil die Menschen die Autobahnen nicht mehr benutzen, um zügig von A nach B zu kommen, sondern weil unsere Autobahnen inzwischen zu kommerziellen mobilen Lagern für Waren geworden sind, die „just in time“ von tausenden LKW, die dicht an dicht die rechte Spur blockieren, verkommen sind. Wenn dann einer der LKW auf die mittlere Spur ausschert, um mit einem gewaltigen Geschwindigkeitsüberschuß von 10 km/h zwanzig andere Laster zu überholen, dann bricht auf der linken Spur Bürgerkrieg aus.
Mein Auto ist recht neu, zeitgemäß und recht schnell. Und trotzdem wird man von anderen Fahrern selbst bei Tempo 160, was bei Regen und Dunkelheit schon grenzwertig ist, noch bedrängt und genötigt.
Nee, nee, ich bin kein Schleicher, wenn es die Umstände zulassen, freue ich mich auch mal, wenn der Zeiger die 200 km/h-Marke überschreitet, mich muß man nicht bedrängen, ich sehe auch wenn von hinten viel schnellere Autos kommen und mache denen, sobald es geht, auch schnell Platz. Aber wo soll man hin, wenn rechts von einem eine nicht enden wollende Wand aus Lastwagen fährt?

Man kann sich vorstellen, daß ich ziemlich genervt war, als ich in Karlsruhe ankam.
Doch dann betrat ich das Bestattungshaus Regenbogen und wurde vom Inhaber Andreas Becker und seiner Frau Andrea so freundlich und mit so viel menschlicher Wärme empfangen, daß der Streß schnell vergessen war.
Hier der Link zur Webseite des Bestattungshauses Regenbogen (übrigens: So, und genau so muß ein zeitgemäßer Auftritt eines Bestattungshauses aussehen, finde ich): http://www.bestattungshaus-regenbogen.de/

Bei einer Tasse Kaffee wartete ich in einem Nebenraum ab, bis die Gäste eingetroffen waren, konnte mich etwas sammeln und schon einmal die Geschichten heraussuchen, die ich vorlesen wollte.
Himmel, wo ist meine Armbanduhr? Ich war mir sicher, die Uhr daheim angelegt zu haben, eine recht neue und keine billige. Nein, keine für ein paar tausend Euro, aber für meine Verhältnisse doch teuer.
Ich fand sie nicht, vielleicht hatte ich sie doch auf dem Schreibtisch liegen gelassen.

Kurz nach 18 Uhr ging es los, eine kurze Vorstellung, dann nahm ich auf dem „Philosophensessel“, den Herr Becker für mich aufgebaut hatte Platz und begann zu lesen.
Erst die lange Geschichte „Schneewittchen einst im Sarge lag“, dann die etwas traurigere Geschichte „Es ist kalt“.
Nach „Es ist kalt“ können die Leute nicht klatschen, dieser Text bedrückt. Also lege ich heitere Geschichten nach, plaudere zwischendurch mit dem Publikum und ernte recht viel Beifall.
Es läuft! Und während ich „Zauber der Lyrik“ vorlese, fällt mit siedendheiß ein, daß ich die Armbanduhr, damit sie nicht verkratzt, abgelegt hatte, als Brunhilde mit Starthilfe gegeben hat. Und blöderweise hatte ich sie unter der Motorhaube auf einen Relaiskasten gelegt. Mist! Die Uhr war bestimmt auf der Fahrt herabgefallen und lag jetzt irgendwo zermatscht auf der A5.

Gut zwei Stunden, die Lesung ist vorüber, ich nehme mir noch Zeit für einen Kaffee und etwas Plaudereien mit den Gästen, dann verabschiede ich mich.
Im abendlichen und regnerischen Stadtverkehr nötigt mich ein unbeleuchteter Selbstmörder auf einem Fahrrad zu einer Vollbremsung und wieder fällt mir die Armbanduhr ein. Wenn sie noch auf dem Relaiskasten unter der Haube gelegen hatte, dann war sie jetzt bestimmt weg.

Kurz nach 21 Uhr, ich bin wieder daheim. Jemand hat Buddy, unseren neuen Labrador, im Garten vergessen und ich lasse ihn herein. Das Tier freut sich so, daß er Bocksprünge macht und mit lehmigen Pfoten meine Klamotten von oben bis unten einsaut. Goldiger Kerl! Grrrrr …..

Die Uhr, ach ja, die Uhr! Ich öffne die Haube und siehe da, die Uhr liegt noch genau da, wo ich sie hingetan hatte, auf dem Relaiskasten, unverkratzt und unbeschädigt.

Fazit: Trotz widriger Umstände pünktlich gewesen, eine sehr nette, gemütliche Lesung und meine Uhr ist auch wieder da.
Na also! 🙂

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    Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 12. Dezember 2014 | Revision: 15. Dezember 2014

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    3 Kommentare
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    Rocky
    9 Jahre zuvor

    Schöner Beitrag, Hello,Was du mit der Uhr geschafft hast hab ich mal mit meinem Handy/ Smartphone hinbekommen…

    Blöde Taschenlampen-App….

    Lochkartenstanzer
    9 Jahre zuvor

    Und das ganze ohne rosa Holzlümmel?

    turtle of doom
    9 Jahre zuvor

    Die Uhr ziehst du nicht mehr an – sie bekommt eine Tapferkeitsmedaille und eine eigene Vitrine…




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