Menschen

Der asiatische Trick

„Sie sind ein lausiger Betrüger, jawoll. Ein Halsabschneider sind Sie, das muß ja wohl mal gesagt werden!“

Der Mann, der das ruft, steht in unserer Halle und hatte schon eine ganze Weile mit Frau Büser gesprochen. Erst leiser, dann immer lauter und am Ende schreit er so herum, daß Frau Büser das alles zu viel wird und sie mich holt.
Ich stehe dem Mann gegenüber, er wedelt mir mit einigen A4-Blättern vor der Nase herum und ruft noch:

„Einsperren sollte man Euch, so wie Ihr abrechnet, Ihr gehört doch alle ins Gefängnis!“

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Die Zettel, mit denen der etwa 50jährige Mann da herumwedelt, sind eindeutig Rechnungsbogen aus unserem Haus und ich kenne den Mann auch, es ist Herr Schlappwedel, dessen Mutter wir vor zehn Tagen beerdigt haben.

Normalerweise würden wir ja aus Pietät noch eine Weile mit der Rechnung abwarten, früher haben wir das auch gemacht, doch seitdem das Friedhofsamt seine Gebührenrechnung pünktlich am Tag der Beerdigung zustellt, beeilen wir uns ebenfalls etwas mit der Rechnung. Die Überschrift „Amtlicher Gebührenbescheid“ und der Zusatz „zahlbar sofort!“ mit den ganzen Rechtsbehelfsbelehrungen auf der Rechnung vom Friedhofsamt versetzt die Empfänger so in Panik, daß sie meistens gleich am nächsten Tag die amtliche Rechnung begleichen und dann oft erst Wochen später das Geld für den Bestatter zusammen haben. Manchmal auch nicht.

Bei Herrn Schlappwedel ist das etwas anders, er hatte uns beauftragt, sämtliche Kosten und Gebühren in seinem Namen vorzustrecken, auch die amtlichen Gebühren für Halle, Grab und sonstige Kosten und den gesamten Blumenschmuck, die Zeitungsanzeige, die beiden Musiker und den Tenor, sowie den Redner, die Taxigebühren und den Fotografen.
Da war ein hübsches Sümmchen zusammengekommen, alles in allem fast 8.000 Euro.
Der größte Posten war das neue Familiengrab für sechs Personen.

Am Tag nach der Beerdigung war Herr Schlappwedel zu uns gekommen und hatte sich umfangreich bedankt, weil alles so arg schön gewesen sei und nachgefragt, ob denn angesichts des finanziellen Aufwandes, den er getrieben habe, ein kleiner Rabatt für ihn drin sei.
Ja klar, den habe ich ihm gegeben, Bestatter haben eine gute Gewinnspanne und so habe ich ihm gesagt, er könne drei Prozent von unserer Bestatterrechnung als Rabatt abziehen und weitere zwei Prozent, wenn er die Rechnung binnen einer Woche bezahle.
Ich würde ihm das aber alles auf die Rechnung schreiben, die wir ihm bald zusenden würden.

Gut, damit war er zufrieden.

Antonia hat dann die Rechnung entsprechend ausgedruckt. Unsere Rechnungen bestehen ja aus zwei Teilen, einmal unserer Bestatterrechnung für Sarg, Wäsche und Pipapo und der andere Teil umfasst die ganzen amtlichen, kirchlichen und sonstigen Gebühren, für die wir nichts können und die wir im Namen des Kunden auslegen und komplett auch nach Eingang weiterleiten.
Und genau vom ersten Teil, denn nur da haben wir Einfluss drauf, hat Antonia brav drei Prozent abgezogen und das auch schön hingeschrieben.
Unter die Rechnung schrieb sie dann noch, daß der Rechnungsempfänger weitere 2% Skonto abziehen dürfe, wenn er binnen einer Woche bezahlt.

Alles ganz normal und so machen wir das oft.

Herr Schlappwedel sieht das aber vollkommen anders. Ich hätte mich nicht an die Absprache gehalten und deshalb sei unser Haus ein Sauladen (ein dreckiger) und er würde sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, beim Papst und bei Ali Baba höchstpersönlich beschweren.
Er verlange auf jeden Fall, daß wir sofort fünf Prozent von der gesamten Rechnung abziehen, nicht nur läppische drei Prozent von unserem Teil.
Nun ist es einerseits kein großer aber eben doch vorhandener Unterschied, ob man von einer Rechnung komplett 5% abzieht oder ob man zuerst 3% und dann nochmals 2% herunterrechnet.
Andererseits kann ich auf amtliche Gebühren überhaupt gar keinen Rabatt geben und Skonto gewährt mir die Friedhofsverwaltung ja auch nicht.
Das alles will Herr Schlappwedel nicht einsehen und schickt sich an, die Rechnung vor meinen Augen zu zerreißen.
„Ich mach das! Sie können mir glauben, ich mache das, ich zerreiße die! Dann können Sie sehen, wo Sie Ihr Geld her kriegen!“

Ich weiß nicht warum, aber der Mann amüsiert mich mehr als er mich aufregt. Ich muß lächeln, als ich sage: „Sie können die Rechnung meinetwegen auch verbrennen oder aufessen, das ändert nichts daran, daß Sie sie bezahlen müssen.“

„Nicht?“

„Nein.“ Ich lächele immer noch.

„Die ist doch dann aber weg.“

„Und? Dann drucken wir ’ne neue aus.“ Ich muß jetzt sogar grinsen.

„Gilt das?“

„Ja sicher.“

„Sagen Sie mal, watt grinsen Sie eigentlich so, finden Sie datt lustich?“

„Schon, irgendwie.“

„Wollen Sie mich fertigmachen? Ist datt mit dem Lächeln so’n Trick, so’n asiatischer?“

„Ich lächele nur, weil ich so ein freundlicher Mensch bin.“

„Und jetzt? Können Sie jetzt noch die Prozente abziehen?“

„Wir haben Ihnen doch schon drei Prozent gegeben, auf unsere Leistungen. Skonto hätten Sie auch bekommen, wenn Sie innerhalb einer Woche bezahlt hätten.“

„Wie? Datt Skonto krieg ich jetzt auch nicht mehr?“

„Nö.“

„Das ist aber gemein!“

„Nö.“

„Doch.“

„Nöhö.“

„Und wenn ich jetzt sofort bezahle? Krieg ich dann die Prozente?“

„Ja, drei Prozent nur auf unsere Leistungen und meinetwegen auch noch die zwei Prozent Skonto. Aber nur wenn Sie jetzt und hier bezahlen.“

„Kann ich noch eben auf die Bank? Ich hab nur EC.“

„EC-Karten nehmen wir auch.“

„Watt? Ehrlich?“

„Ja.“

„Prima, dann bezahl ich jetzt.“

Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 1. Juni 2012 | Peter Wilhelm 1. Juni 2012

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25 Kommentare
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12 Jahre zuvor

Ha ha ha ich wusste nicht das du ein Halb Asiate bist. . . .
Genau SO wuerde ich auch gerne mal mit unsren Kunden bzw Gästen aber das geht natürlich nicht…deshalb hier mal danke für den Grinser am Morgen.

Micha
12 Jahre zuvor

Soft Skills, alter.

Timo
12 Jahre zuvor

Ich kann mich noch erinnern beim Bezahlen meines MacBooks per EC-Karte noch mit meiner Bank telefonieren zu müssen. Wie läuft das bei solch hohen Rechnungen ab? Kann man da einfach 8000€ über EC bezahlen? Ist ein bestimmtes Verfahren dafür notwendig (ec/ELV)?

Held in Ausbildung
12 Jahre zuvor

Bin mir sicher eine EC-Karte hat auch ihr Limit so wie bei der Abhebung am Automaten.
Is ja aber auch egal, Toms Seminar „Wie mache ich Kunden durch Augenkontakt willig“ hat sich also gelohnt *lach*

Garfield
12 Jahre zuvor

Sollte es denn Probleme damit geben? (Vorausgesetzt natürlich, man hat das Geld auch auf dem Konto)

matakuka
12 Jahre zuvor

Und wieder hat jemand subjektiv die Bestätigung, dass man mit lauthals sich beschweren und rumpoltern was erreicht. Schaut, ich habe den Laden zusammengebrüllt, und habe am Ende doch ncoh Rabatt bekommen! (Dass das das gleiche war wie am Anfang, geht wohl unter)

Timo
12 Jahre zuvor

Ich hatte auch genügend Geld drauf, trotzdem meinte meine Bank bei Transaktionen über 1000€ sich erstmal rückbestätigen zu müssen.

Anja
12 Jahre zuvor

@ 3 Timo Das kommt ganz darauf an, wieviel du monatlich einzahlst(ich verkneife mir bewusst „verdienen“). Ich als Studentin hab eine Sperre von 500 € am Tag, die ich nicht überschreiten darf, auch nicht aufsummiert. Die normal verdienende Bevölkerung hat 500-2000, Firmenkarten oft bis 4000 und man kann das auch mut seiner Bank aushandeln, wenn man mehr oder weniger will. Das ist quasi nur zu deinem Schutz, falls die Karte und die PIN mal in kriminelle Hände gelangen(zB Diebstahl oder auch manipulierte Automaten), dass die sich nicht hemmungslos bedienen können. Wenn man weiß, dass man drüber kommt(„morgen gehe ich einen teuren(überteuerten :p) Computer kaufen“), kann man das vorher bei der Bank freischalten lassen für einen oder mehrere Tage. Das geht auch telefonisch. Deswegen würde ich die Sperre auch immer so niedrig wie möglich einstellen. Man kann auch, wenn die Bank auf hat, aus dem Laden anrufen. Falls es spontan teurer wird. Dauert zwei Minuten, dann gehts. Konto überziehen geht natürlich nicht. Deswegen sollte man auch möglichst keinen Dispo haben. Das wird so teuer, wenn man… Weiterlesen »

Garfield
12 Jahre zuvor

Übrigens: Ist es nicht auch ein „asiatischer Trick“, den unbeherrschten rasenden zu _spielen_, um sein Anliegen durchzusetzen? Der Mensch aus der Geschichte hat das vielleicht versucht…

Sonne
12 Jahre zuvor

gnihihihi…warum nicht gleich so !!!!
HERRLISCH !!!!

Renan
12 Jahre zuvor

Wobei der ja 5% auf die GESAMTE Rechnung wollte.
Tom wollte ihm nur 3% Rabatt und 2% Skonto auf einen kleineren Teil der Rechnung geben. Mehr wollte Tom nie geben und mehr hat er am Ende auch nicht gegeben.
Der Mann allerdings wollte 5% von 8.000, das wären immerhin 400 Euro gewesen und hat vielleicht nur 100 bekommen.
Klarer Punktsieg also für Tom.

12 Jahre zuvor

Ach Tom,

jetzt kann mir auch nichts mehr den Tag vermiesen, denn ich habe für den restlichen Tag ein Lächeln im Gesicht.

Frohes Schaffen und… Immer schön freundlich bleiben.

Liebe Grüße
Joe

Smilla
12 Jahre zuvor

Die meisten Ec Karten haben eine von den Kunden selbst auferlegte Sperre, auch die geschäftlichen, um Mißbrauch vorzubeugen.

Wenn man mehr braucht, gehe ich immer in die Filiale, ich wußte noch gar nicht, dass ich da auch anrufen kann..

12 Jahre zuvor

Guten Tag!

Zum Thema „Zahlungen mit EC-Karte“ am EC-Terminal möchte ich beisteuern, dass der Zahlungsempfänger ja diverse Möglichkeiten der „Abrechnung“ hat: Die sichere Variante mit PIN und online Prüfung (Guthaben/Höchstbetrag) und der Garantie, das Geld gutgeschrieben zu bekommen. Hier gelten wie gesagt die vereinbarten Grenzen. Daneben gibts auch noch die Möglichkeit, das EC-Karten-Terminal einfach dazu zu nutzen, die Bankdaten des Kunden zu erfassen und sich ermächtigen zu Lassen, den fälligen Betrag per Lastschrift einzuziehen (in diesem Fall muss man unterschreiben statt PIN einzugeben). Dieses Verfahren ist logischerweise unsicherer, da keine Zahlungsgarantie erfolgt, denn eine Lastschrift kann ja seitens der Bank „mangels Deckung“ oder vom Kontoinhaber „wegen Widerspruch“ nicht eingelöst bzw. zurückgegeben werden.

turtle of doom
12 Jahre zuvor

[quote]“Ich lächele nur, weil ich so ein freundlicher Mensch bin.“[/quote]

Diese fernöstliche Weisheit werd ich ab sofort beachten… mein ganzes Leben lang. 🙂

12 Jahre zuvor

Den asiatischen Trick merke ich mir, wenn wieder ein Gast austickt, weil er meine Zimmerpreise von irgendeiner Portalseite gelesen hat und meint, die wären verbindlich.

Smilla
12 Jahre zuvor

@14
Danke! Machen die das bei den großen Elektronikkonzernern so? Das fände ich ja wesentlich praktischer, als mit der Kohle durch die Gegend zu laufen.

ibo77
12 Jahre zuvor

@ #17

Hi Smilia,
nein, ich denke dort wird ganz bestimmt das 100%ig sicherer Verfahren angewandt, das „Lastschrift“verfahren wäre eher etwas für den Fernsehhändler Deines Vertrauens, der Dich kennt und weiss dass Du die Kohle hast. Teilweise wird dies Verfahren auch in Kaufhausketten bei Kleinstbeträgen, so um die 10 EUR angewandt, damit die teuren online-Gebühren gespart werden. Musst Du mal drauf achten!

12 Jahre zuvor

Ich habe mal ein notebook für über 2000 EUR einfach so mit EC bezahlt, ohne irgendwelche Sicherheiten bei der Bank (keine Fonds oder Sparbücher oder so), bei einem Guthaben von ca. 3000 EUR, per PIN, und fertig. Bargeld wäre nicht so viel gegangen, da war ein Limit bei AFAIR 1000 oder 1500 EUR.

simop
12 Jahre zuvor

Das scheint je nach Bank zu variieren – bei meinem einen Konto sind 1000 Euro Verfügungsbetrag – egal, ob per Geldautomaten oder per EC-Cash mit Pin an der Kasse.
Mein zweites Konto hat die 1000 € nur bei Barauszahlungen, nicht bei Transaktionen über EC-Cash, da sind es 5000 €.
Ach – ersteres ist das Gehaltskonto, zweites wird eher „zufällig“ bestückt…

Wega
12 Jahre zuvor

Das Schlimme ist, dass sogar viele Banksters die verschiedenen Tages-, Wochen- oder 2-Wochen-Limits nicht kennen. Da hat man dann schon mal einen erzürnten Kunden stehen „Denken Se, ich hätt das Jeld nich uffm Konto?!?!“, dem dann auch ein Anruf bei seiner Spacodeuba nicht weiterhilft. Für diese Fälle nutzen wir dann doch das Lastschriftverfahren mit der Unterschrift. Sieht noch amtlicher aus als die Zahlung mit der PIN, und wer sich nicht mit den Limits auskennt, weiss auch nicht, dass man die Lastschriften stornieren kann.

12 Jahre zuvor

Du bist ja ein ganz schlitzäugiger… äh, Quark. Na so ähnlich jedenfalls.

Me
12 Jahre zuvor

@18

Nein das Verfahren wird durchaus auch bei Media Markt, Baumärkten und Super-Märkten für größere Summen (50-200€) genutzt. Interessanterweise kann man sogar beim selben Laden fünf mal am Tag kommen und für hundert Euro einkaufen. Ich weiß das so genau weil mit meiner geklauten und gesperrten Karte auf diesem Wege bei verschiedenen Geschäften einmal für ungefähr 2000 € eingekauft wurde.
Denn Schaden haben dann die Läden, mit anderen Worten alle Kunden da die Unternehmen diese Schäden natürlich vorher einpreisen.
Als Karteninhaber hilft da nur verlorene oder gestohlene EC-Karten unabhängig von ihrer Deckung nicht nur zu sperren sondern immer auch polizeilich zur Anzeige zu bringen.
Ein finanzieller Schaden entsteht dir als Karteninhaber wenn du rechtzeitig telefonich sperrst zwar in keinem Fall, du ersparst dir aber viel Ärger und schonst deine Nerven da du nicht die ganzen Briefe von Firmen die ihr Geld von dir wiederhaben wollen beantworten musst.

Astrid
12 Jahre zuvor

Du kriegst sie halt alle klein. Meine Güte, so viel Dummheit die es auf dieser Welt gibt….

Maddin
12 Jahre zuvor

Wenns um die Kohlen geht…




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