Geschichten

Der Blonde mit dem irren Blick -2-

Und vor mir stand meine Frau, die Allerliebste. Beinahe wie aus einem Munde fragten wir beide im Flüsterton: „Was machst Du denn hier?“

„Du Hirni“, liebkoste mich meine Frau mit schmeichelnden Worten und schimpfte, immer noch leise: „Warum hast Du denn bloß das Licht im Keller angelassen? Ich dachte schon, da wären Einbrecher!“

„Wie? Ich? Nee! Ich doch nicht! Nee, ich hab‘ das Licht nicht angelassen. Ich hab‘ gedacht, daß wär einer von den Männern gewesen oder einer von Euch.“

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In dem Moment rumpelte es im Keller und wir beide zuckten zusammen, was den Hund zu einem fröhlichen kurzen Kläffen veranlaßte.

„Pscht!“ machten wir beide, wieder fast gleichzeitig.

Kurz schoß mir der Gedanke durch den Kopf, daß wenn alles in unserer Ehe und eigentlich in allen Ehen so harmonisch verlaufen würde, wie das gemeinsame Ausstoßen von Zischlauten, dann gäbe es weniger Streß, viel weniger.

„Was war das denn?“ fragte die Allerliebste überflüssigerweise, denn aus meinen vorherigen Einlassungen hätte sie ja eigentlich entnehmen können, daß auch ich dieser Frage antwortlos gegenüberstehen mußte.
„Was weiß ich denn! Ich geh‘ jetzt mal nachgucken!“ sagte ich und drückte ihr die Hundeleine in die Hand.

„Willste den Hund nicht lieber mitnehmen?“

„Und was soll der dann machen? Den Einbrecher wehrlos schmusen und abschlecken?“

„Du wolltest ihn doch gerade sowieso mitnehmen.“

Sie kann es nicht lassen! Sie muß immer klugscheißen und spitzfinden!

„Komm, gib her!“ sagte ich, nahm die Leine und zog den freudig mit dem Schweif wedelnden Kanadier hinter mit her. „Jetzt guck wenigstens ’n bißchen gefährlich!“ raunte ich dem Hundekalb zu und schlich die Rampe hinunter.
An der Tür mußte ich den Code eingeben. Verflixt! Wie war der noch mal? Ansonsten pflegte ich nämlich immer von der anderen Seite der Tür zu kommen, also aus dem Haus; und wenn ich tagsüber mal auf den Hof gefahren kam, dann stand entweder die Tür sowieso offen oder ich fuhr eh mit dem Auto die Rampe runter.

2 – 5 – 1 – 1, ah! Stimmte!

Leise machte es „Klick“ und die Klinke ließ sich herunterdrücken.

Codeschlösser sind was Tolles, man muß dann nämlich nicht für jeden Angestellten immer Schlüssel nachmachen lassen und wenn mal einer kündigt und seinen Krempel nicht abgibt, wechselt man einfach den Code und muß nicht noch den Schlüsseln hinterherjagen.

Gerade wollte ich die Tür aufschieben, meine Nerven waren ziemlich angespannt und ich spürte ein Kribbeln bis in die Haarspitzen, da legte sich von hinten eine schwere Hand auf meine Schulter…

…ich fuhr erschrocken herum, es war nur die Allerliebste, die mir etwas grobmotorisch Beistand leisten wollte. „Was machst Du denn?“ raunte ich ihr vorwurfsvoll zu.

„Ich will Dir helfen“.

„Wobei?“

„Den Einbrecher zu fangen.“

„Da, dann halte den Hund! Das wäre mir schon Hilfe genug, der guckt nämlich nicht gefährlich genug.“

Ganz vorsichtig schob ich mich durch die nur etwas geöffnete Tür. In dem Bereich des Kellers befand sich die Tiefgarage, da standen die Autos, es roch nach Reifengummi und Werkstatt. Es war stockdunkel und ich tastete im Dunkeln links neben der Tür nach einer Eisenstange. Die stand immer da, es war der Griff von einem alten Wagenheber, den wir schon längst nicht mehr hatten, den wir aber für alle mögliche gebrauchen konnten. Jetzt sollte mir die Stange als Waffe dienen.

Doch ich konnte die Stange nicht finden. Bei Dunkelheit war irgendwie doch alles ganz anders.
Den Griff des Feuerlöschers konnte ich ertasten, doch die Eisenstange fand ich nicht und der Feuerlöscher schien mir als Waffe denkbar ungeeignet. Zum Werfen und Hauen war er zu schwer und wie man ihn auslöste, wußte ich nicht; es wäre ja auch blöd, einen Einbrecher wehrlos sprühen zu wollen; und was kam wohl aus dem Feuerlöscher raus? Schaum? Wasser? Irgendein Gas?

Langsam tastete ich mich in der Dunkelheit voran, endlich ertastete ich die aufgestapelten Särge an der linken Seite.
Von dort aus könnte ich mich bis zur Werkbank hinten links weitertasten und mich mit einem Hammer bewaffnen, überlegte ich mir.

Doch genau in diesem Moment geschah etwas Unerwartetes!
Das Licht in der Halle flammte auf! Zuerst flackerten nur einzelne der Röhren an der Decke, dann gesellte sich der Rest mit mockendem Ton grell hinzu.
Ich erschrak abermals und wollte mich gerade ducken, da hechelt schwanzwedelnd unser Hund an mir vorbei und ich sehe, daß mir die Allerliebste bis dahin gefolgt war.

„So macht man das!“ sagt sie und kommandiert: „Los, komm! Folge mir!“

Das Folge-mir sah dann so aus, daß sie sich hinter mich duckte und mich wie einen Räumpanzer vor sich her schob, in Richtung der Räume, die zur Straßenseite liegen. Von dort klang fröhliches Kläffen gepaart mit Angstrufen einer Männerstimme zu uns. „Hilfe! Hilfe!“, rief da jemand.

Nun, der Hund hatte also offenbar genügend Vorarbeit geleistet, damit ich nun zur Tat schreiten und den Einbrecher endgültig zur Strecke bringen konnte!

Auf in den Kampf!


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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 17. Februar 2014

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uli-mit-hut
10 Jahre zuvor

OKEEEEEEEEE ! ….. aber jetzt bitte noch den Rest der Geschichte 😉

joschi
10 Jahre zuvor

Das mit dem „gefährlichen Hund“ kenn ich zu gut. Meiner würde nen Einbrecher höchstens mit wedelndem Schwanz erschlagen oder das Einbruchwerkzeug für Spielzeug halten

Held in Ausbildung
10 Jahre zuvor

1A! Ich schmeiss mich weg! Unser Hund war auch so einer… solange DER schlafen konnte und man ihn nicht gestört hat, war die Welt in Ordnung!




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