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Der Eisbär an sich und die Wasserhupe

Ich weiß gar nicht genau, wieviele Flippers es gegeben hat, irgendwo bei Fickipaedia wird es sicher stehen. Aber so wirklich gut geht es Tieren, die für den Film oder das Fernsehen genommen werden/wurden nicht.
Heute ist das wahrscheinlich etwas anders, da hat jeder TV-Wellensittich Anspruch auf eine eigene Tierpsychologin, die ihm zwischen den Aufnahmen seine „Schackrenbaracken“ wieder geraderückt.
Gerade von den Fernsehtümmlerdelphinen jedoch, meine ich mal gelesen zu haben, daß die eh nicht so viel können mußten (nicht einmal auf die legendäre Wasserhupe haben die wirklich reagiert), wie wir immer glaubten und deshalb in ziemlich rascher Folge durch jeweils gleich aussehende andere Säugefische ersetzt wurden.

In den großen Western-Produktionen der 60er und 70er Jahre hat man die Pferde der abgeschossenen Indianer gerne auch mal durch hochschnellende Stolperfallen aus Drahtseilen zum Stolpern gebracht. So fielen Reiter und Pferd besonders kamerafreundlich um.

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Das waren ja „nur“ Tiere, meine Güte nochmal, hat man damals gedacht und ähnlich denken auch spanische und portugiesische Eselstreiber, die ihre bis auf die Knochen abgemagerten Tiere prügeln, treten und alles andere als so behandeln, wie bei uns das Eselchen im Streichelzoo.

Nun sind wir also beim Thema Zoo. Mit dem (oft nur vorgeschobenen) Anspruch dort wissenschaftlich zu arbeiten, haben Zoologen schon immer seltene und weniger seltene Exemplare fremdländischer Fauna zu uns in Gefangenschaft geholt.
Die Gehege der früheren Jahrzehnte glichen dann auch folgerichtig eher Gefängnissen und bestanden größtenteils aus lieblosem Schwimmbeckenbeton und Gitterstäben.
Hospitalisierte Tiere, die nur noch an den Gitterstäben entlang von links nach rechts und dann wieder von rechts nach links liefen, und das 12-16 Stunden am Tag, waren die Folge.
Ein Affe, der sich 30 mal am Tag „einen runtergeholt hat“ und mit seinem Hodensaft das Publikum bespritzte, galt in einem süddeutschen Zoo als „MUSS“ für jeden jugendlichen Zoobesucher und Lehrerinnen mit Schulklassen im Gefolge mieden immer diese Ecke hinterm Affenhaus.
Was auf den zufälligen Besucher mit der Videokamera belustigend wirkt, ist dennoch nichts weiter als eine typische, zoobedingte Verhaltensstörung.

Außerdem neigen die Tiere auch mal dazu, urplötzlich das Erinnerungsvermögen an die weite Pampa, Steppe oder Savanne zurück zu erlangen und tun dann das, was sie gerne mal so tun, sie reißen sich was; und das was war manchmal sogar ein Wärter.
Ach so, ganz schlecht für den jeweiligen Chefbuchhalter des Zoos ist es natürlich, daß sich so manche Tierart in Gefangenschaft gar nicht wohl fühlt und schlicht und ergreifend völlig unerwartet tot umfällt.
Da rettete der Heidelberger Zoo, soweit ich mich erinnere, einen ganz armen Kettenelefanten aus einem Zirkus, stellte den neben seinen eigenen Elefanten ins Gehege und man sammelte (verschreckt ob der fehlenden geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten) für ein eigenes neues Elefantenhaus.
Dann fiel der eine Elefant tot um und kurz danach auch der Gerettete.
Da hatte man dann auf einmal das vermutlich tollste Elefantenhaus des ganzen Universums, aber eben keinen Elefanten mehr. So ähnlich war das, man möge mich berichtigen, wenn ich da was falsch wiedergegeben habe.

Nun, jetzt gibt es Ziege, Gorilla und Klo im Fernsehen und beinahe jedes doofgemachte Kind in unserer Nation gibt bei der Formulierung seiner Berufswünsche nach Superstar nun an, es möchte gerne was mit Menschen machen, ey Alder, und vielleicht so berühmt sein, oder mit Tieren, so wie im Fernsehen, immer die Muschnoggs aus Tasmanien beuteln und so.

Daß Tierpfleger eher ein Beruf am unteren Ende der Lohnskala ist und die Aufgabe der Tierpfleger zum größten Teil daraus besteht, Scheiße wegzukratzen und andere totgemachte Tiere ihren Lieblingen zum Fraß vorzuwerfen, das sieht man im Fernsehen eher selten.
Die frieren bunte Obst- und Gemüsebomben zusammen und bauen den ganzen Tag lustige Futterverstecke für ihre Pfleglinge.
Daß da gerne auch mal der verendete afrikanische Springbock aus Gehege 6 den Löwen in Gehege 7 einfach zum Fraß vorgeworfen wird, das ist dann eher was für die Sendung „Päng“, „Zack“ oder „Explobums“ in RTL oder sonstwo im Fernsehklo.

Was die Leute allenfalls noch sehen sind die niedlichen Heringsbomben. Da tut man ganz viele Heringe in einen Eimer und friert den mit Wasser zusammen zu einer Eisschleckerei für die Eisbären oder Robben. Aber Heringe werden, zumindest von Kindern, überhaupt gar nicht mehr als tierische Nahrung verstanden. Man kennt den Fisch als solchen ja gar nicht mehr, Fisch ist rechteckig und wird stäbchenweise oder als Fischmac verzehrt und darf nach allem schmecken, nur bloß nicht nach Fisch.

Ja und der Eisbär, wann kommt den endlich der Eisbär?
Jetzt!

Ein Eisbär gehört in die nordischen Polarregionen, dort ist sein zu Hause. Und das nehmen wir ihm weg. Irgendwann wird es einfach nicht mehr genug Platz für den Eisbären geben und der dicke Weißpelz wird sich schwer tun, eine Partnerin zu finden und es wird auch weniger Eisbärennachwuchs geben. Irgendwann, irgendwo wird das so sein. Der Eisbär wird vermutlich trotzdem nicht aussterben.

Aber es gibt so Tierarten, die haben wir da -wo sie eigentlich hingehören- schon längst ausgerottet.
Nicht die böse Natur hat ihnen die Heimstatt genommen, sondern wir. Entweder waren wir scharf auf irgendein potenzsteigerndes Gehörn oder Gezipfel, das diese Tiere haben oder wir haben einfach Bock darauf gehabt, diese Tiere einfach zur persönlichen Belustigung abzuknallen.
Manchmal wollten wir einfach auch das Land für Landwirtschaft oder sonst einen Zweck.

Da ist es dann gut und toll, daß es so etwas wie Naturparks gibt, „in die sich die letzten Bestände einstmals großer und mächtiger Herden“ (Originalton Professor Grzy-usw.) zurückziehen können.
Und auch im Zoo züchtet man so manche Rasse munter weiter, die es „da draußen“ gar nicht mehr gibt.
Oh Dank, oh Verneigung, oh Kotau, Ihr großen Zoologen. So können wir den südphilippinischen Mantelkragenzipfelohraffen noch über Generationen im Wackensberger Erlebniszoo betrachten, wo es ihm ja ach so viel besser geht, als auf den Philippinen, wo die Leute seine ganzen Vorfahren einfach in Lehm gewälzt und dann über offenem Feuer geröstet und als Leckerei vertilgt haben.

Heutige Zoos sind natürlich viel schöner. Da gibt es Erlebniswelten! Da gibt es eine Savannenlandschaft aus sandgestrahltem Beton mit echtem Sand aus Afrika in der sich die afrikanischen Tiere ganz wie zu Hause fühlen können. Die Eisbärbecken sind nicht mehr betonierte Tierkloaken im deutschen DIN-Rechteck sondern gewundene Schwimmanlagen mit Liegeflächen aus weißlackiertem Gedöns, damit es aussieht, als sei das in der Arktis. Egal ob draußen 40 Grad im Schatten sind, nee, das ist weiß, das ist Eis!
Nur durch einen Wassergraben von den Eisbären getrennt stolzieren die Pretender, die Angeber und arroganten Aufschneider durch die ebenfalls weißgestrichene Landschaft, die Pinguine in ihren Fracks.
Daß die kleinen Oberkellner mit dem Watschelgang in freier Natur überhaupt nicht gemeinsam mit Eisbären vorkommen interessiert die johlende Frauen- und Kinderschar nicht im Mindesten.
Ist weiß, also Eis!

Schön, daß es da im finanziell ziemlich angeschlagenen Berliner Zoo einen kleinen Eisbären aus der Fruchtblase seiner Mutter ins weißliche Eis spülte und der kleine Puschel gleich die Herzen der Zoobesucher eroberte und Knut getauft wurde.
Dem Zoo kann man es nicht verübeln, daß er die Gunst der Stunde nutzte und die plötzlich über den kleinen Puschel hereinbrechende Popularitätswelle ausnutzte und den Knut-Hype auch noch schürte.
In Zeiten knappen Geldes und leerer Kassen muß man mitnehmen was geht.

Und meinetwegen dürfen Millionen Frauen und Kinder auf der ganzen Welt Patenschaften für süße kleine Eisbärpuschels übernehmen und Kerzen der Trauer anzünden, wenn eine Randfigur des Ganzen, der scheißekratzende und eisbombeneinfrierende Tierpfleger verstirbt.
Aber bitteschön, auch Knut war nur ein Tier. Ein schönes Tier, ein bekanntes Tier und ein Tier, das durch die Aufmerksamkeit, die es auf sich gezogen hat, vielleicht mehr für die Eisbären dieser Welt „getan“ hat, als alle Zoologen zusammengenommen.
Und es ist völlig legitim, Knut süß und toll gefunden zu haben, ihn vermenschlicht zu haben und extra wegen Knut nach Berlin gefahren zu sein.
Alles gut und schön.

Aber nun ist das passiert, was eben -wie ich oben schon schrieb- immer wieder mal mit Zootieren passiert: sie fallen manchmal eben einfach tot um.

Bubs!

Nun ist es genauso doof, diesen Eisknut quasi zu einem Heiligen hochzujubeln und ihm wer-weiß-was für dolle Sachen nachzusagen. Es fehlen ja nur noch die zwei nötigen Wunder und schon können wir mit dem Seligsprechungsverfahren anfangen; scheiße nur, daß Knut evangelisch war!

Aber noch doofer finde ich es, wenn man jetzt den vielen Menschen, die Freude an diesem Eispuschel gefunden haben, ihre Freude und die daraus jetzt auch durchaus berechtigterweise erwachsende Betroffenheit zum Vorwurf macht. Ich finde Eisbärbabys nämlich auch niedlich.

Um die vielen Rechtschreibfehler kümmert sich unser Rechtschreibepapst Torsten später.

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(©si)