Das Erste, was der Kunde mir erzählt, ist, dass er Studienrat von Beruf sei. Mathematik und Physik. Ihm mache so schnell keiner was vor. Rationale Entscheidungen seien quasi sein Lebenselixier.
„Alle lässt sich mathematisch begründen, alles!“
Ich führe den Herrn in den Ausstellungsraum und bitte ihn, sich doch einmal in Ruhe umzuschauen. So lasse ich die Leute, wenn sie gefasst genug sind, dann ein paar Minuten alleine, um die Unterlagen schon mal rüber ins Büro zu geben. Dort machen die Mitarbeiter dann die nötigen Kopien und Ausdrucke und meistens klappt es, dass wenn ich später mit dem Kunden ins Beratungszimmer zurückkomme, die Kundenmappe schon fertig daliegt.
Dieser Kunde lässt mich aber nicht gehen, sondern sagt: „Ich will den erstbesten Sarg.“
Den erstbesten wird er sicher nicht wollen, sondern den ersten und besten und ich freue mich, denn des Kunden Wille geschehe und fülle meinen Beutel der ewigen Habgier. „Sie haben die freie Auswahl“, sage ich und mache eine Handbewegung so über unser Sortiment hinweg.
Meine Bewegung endet vor der Adenauer-Truhe, jener dicken und teuren Eichentruhe, aus deren Holz man heutzutage eine ganze Wohnungseinrichtung schreinern könnte. Das ist eindeutig der beste, stabilste, schwerste und teuerste Sarg, also eben nach seiner Vorstellung, der Erstbeste.
Der Studienrat tritt einen Schritt zurück und sein Blick bleibt auch auf der Adenauer-Truhe haften.
Doch dann legt er den Finger an die gespitzten Lippen, summt leise vor sich hin und tut etwas, mit dem ich absolut nicht gerechnet habe: Er beginnt abzuzählen: „Ene mene muh und raus bist du!“ Dabei deutet er der Reihe nach auf jeden der Särge.
Das macht er ein paar mal, bis sein Finger auf einen schmalen, grauen Pappelsarg deutet, dann sagt er schnell. „Und raus bist du noch lange nicht, mutze, butze, Eidelschwang! Den nehme ich!“
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Und, was kostet die so ungefähr? 😉
"Den erstbesten wird er sicher nicht wollen, sondern den ersten und besten und ich freue mich, denn des Kunden Wille geschehe und fülle meinen Beutel der ewigen Habgier."
Also ich würde "erstbester" eher so verstehen, dass er einfach irgendeinen haben möchte und keine besonderen Wünsche hat. Warum sollte er dann den teuersten auswählen? 🙂
Oh oh, ich rieche einen Fall für den Abmahn-Anwalt von etlichen Gewinnspielsendern…
Ene, mene miste, das ist meine Kiste.
Ene, mene mu – mach die Kiste zu.
Zu ist der Sarg noch lange nicht, sag mir erst wie teuer du bist…