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Der wackelt nicht!

„Der wackelt nicht!“ gellt eine Frauenstimme über den Friedhof, dann wieder, wesentlich leiser, eine Männerstimme. Ich bin ja nicht neugierig, ich will nur immer alles wissen, deshalb gehe ich da mal hin. Natürlich nicht ganz, sondern so, daß noch ein paar Buchsbaumhecken zwischen mir und den Hauptdarstellern des Spektakels sind. Wenn ich mich so halbrechts nach schräglinks beuge, kann ich sogar was sehen.

Es ist eine Frau, die mit einem kleinen Schäufelchen in der Hand offenbar gerade das Grab des August Fleischhauer pflegt, ich nehme mal an, es handelt sich um die Witwe Fleischhauer. Vor ihr steht der Friedhofswärter, Herr Hein Bruder, in seiner grünen Kluft. Herr Bruder ist ungefähr 2,10 Meter groß, wiegt gewiss um die 150 Kilogramm, hat Hände so groß wie Kohlenschaufeln und Füße, die in sicherlich maßgefertigten Arbeitsschuhen der Größe 53 1/2 stecken.

Frau Fleischhauer wiederholt: „Der wackelt nicht! Wenn ich Ihnen sage, daß der nicht wackelt, dann wackelt der nicht!“

„Doch der wackelt“, beharrt Herr Bruder und drückt mit dem Daumen vor den etwa 80 cm hohen und knapp anderthalb Meter breiten Grabstein:
„Sehen Sie, der wackelt.“

„Wenn Sie mit ihren ungehobelten Wurstfingern da drauf rumdrücken, muß er ja wackeln. Sie sind doch auch schwer wie ein Ochse!“

Herr Bruder betrachtet mit offenstehendem Mund seine Finger und sagt dann lakonisch:

„Wenn er umfällt, kann was passieren.“

„Quatsch, der fällt nur um wenn was passiert. Aber glücklicherweise sind Erdbeben ja hierzulande selten. Den Stein hat der Steinmetz Kessler aufgestellt, also nicht der junge Kessler, der jetzt das Geschäft hat, sondern der alte Kessler, der hat den aufgestellt, warten Sie mal, wann ist der gestorben, das ist ja auch schon ein paar Jahre her, der hat noch gelebt als mein August gestorben ist, das war 1989 und dann hat er ja diese Krankheit bekommen, Mensch jetzt fällt mir nicht ein wie diese Krankheit heißt, die hat mein Schwager auch gehabt, den müßten Sie eigentlich auch kennen, der war auch bei der Stadt, im Katasteramt in der Registratur, der ist aber auch schon seit 1990 in Rente, der hat ja lange bei der Stadt gearbeitet, aber auf die Krankheit komme ich jetzt doch nicht, aber der hat sie gut überstanden, der war ja bei Professor Neumann im Klinikum, der alte Kessler aber der ist da dran gestorben, dann hat ja sein Sohn den Betrieb übernommen…“

An dieser Stelle tippt Herr Bruder grüßend mit dem Zeigefinger an die Krempe seiner grünen Arbeitsmütze und trollt sich.
Als er weg ist, beugt sich Frau Fleischhauer in nahezu unanständiger Weise mit recht weit gespreizten Beinen nach unten, schaufelt wieder mit dem Schäufelchen, wackelt dabei mit dem Hintern und ich höre wie sie sagt: „Siehste August, so habe ich den die ganzen letzten drei Jahre vertrieben.“

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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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13 Kommentare
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jemand
14 Jahre zuvor

😀
Schön.

jemand anderes
14 Jahre zuvor

Ja nee, is klar 😉

14 Jahre zuvor

Die Waffen einer Frau …

Andreas Lechthaler
14 Jahre zuvor

Jaaaa…. auch die alten Damen habens gelegentlich faustdick hinter den Ohren .
🙂 Lechthaler

14 Jahre zuvor

Jaja, die lieben Frauen, sollte man einfach nicht unterschätzen 🙂

Marianne
14 Jahre zuvor

Jaaa, man unterschätze nieee die Frauen. Für so etwas sind wir geboren.
Diese Frau gefällt mir.
LG :-))

14 Jahre zuvor

jaja, die frauen… hihi
Pie

Eulchen
14 Jahre zuvor

lol geiler Trick, Leute einfach zutexten.
Ob dem Blut aus dem Ohr gelaufen ist dem Herrn Bruder?

DeserTStorM
14 Jahre zuvor

Haha, nette Geschichte 🙂 Ich hoffe für deine Augen die Dame war noch so weit ansehnlich das sie in dieser Position schaufeln durfte 🙂 Nicht das du uns erblindest

LeSmou
14 Jahre zuvor

ha! das mach ich regelmäßig wenn die anders nicht abwimmelbare verwandschaft anruft und ich weder zeit noch lust habe. einfach ohne punkt und komma reden..dann dauerts nicht so lang 🙂 funktioniert ansonsten auch bei jedem…

Henrik
14 Jahre zuvor

Ich habe Schuhgröße 52 und brauche keine Maßanfertigungen, inzwischen kriegt man bis etwa Größe 54 noch normale Schuhe. Muss man nur aufpassen, bei manchen Herstellern fallen die Größen kleiner aus als anderswo. Bei Adidas brauche ich z.B. eine 54.

Vor 10 Jahren war das alles noch ein bißchen problematischer, aber seit etwa 5 Jahren geht es eigentlich.

MacKaber
14 Jahre zuvor

Ist das der Nebenjob von Hein Bruder, da sein Hauptberuf gerade nicht so gut läuft und alle älter werden?

Micha
14 Jahre zuvor

Da suche ich bei Google nach Bruder Hein, weil ich mir wegen der Anspielung nicht mehr sicher bin, und lande bei irgend so nem komischen Bordell.

Der arbeitet wohl in vielen Branchen, der Bruder Hein.




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