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Die Köhlers

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Die Frage der Witwe, ob sie denn ihren verstorbenen Mann noch einmal sehen dürfe, hat heute für mich eine ganz neue Dimension bekommen. Angerufen hat eine Frau Mälzer, die Tochter der Frau Köhler. Ihr Vater sei gestorben und deshalb müsse jemand bei ihnen vorbeikommen.

Am späten Vormittag war ich dann an der angegeben Anschrift und fand dort die besagten beiden Frauen vor. Die Tochter rührend bemüht um ihre kranke und alte Mutter, die im Rollstuhl saß und einen sehr gebrechlichen Eindruck machte. Geistig war sie aber voll auf der Höhe und konnte alle meine Fragen frei und teilweise auch energisch beantworten.
Frau Mälzer war die ganze Zeit sehr besorgt, bemüht und absolut liebevoll zu ihrer Mutter.

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Schon am Telefon hatte ich erfahren, daß der alte Herr Köhler von außerhalb überführt werden müsse und ich nahm an, daß er vereist oder zur Krankenhausbehandlung außerhalb gewesen sei.

Dann aber kam diese Frage: „Kann ich denn meinen Mann noch einmal sehen?“ Frau Köhler schaute mich mit großen, erwartungsvollen Augen an und fügte dann noch hinzu: „Ich habe ihn doch fast zwei Jahre nicht gesehen.“

Ich muß ziemlich erstaunt geguckt haben, denn die Tochter beeilte sich gleich zu sagen: „Ja, mein Vater ist nämlich in Bad Kreuznach bei meinem Bruder, wir haben uns die Pflege der Eltern geteilt.“

Viel mehr habe ich über die Umstände nicht erfahren, jedenfalls ist es so, daß die Mutter vor zwei Jahren ziemlich stark abgebaut hatte und nicht mehr in der Lage war, den Haushalt alleine zu führen und den Mann zu versorgen. Da der an zwei Krücken gehen muß und selbst überhaupt nichts im Haushalt machen konnte, haben die Kinder der Köhlers beschlossen, daß die Tochter sich um die Mutter kümmern solle und der Sohn in Bad Kreuznach um den Vater.

Da ich nichts weiter über die näheren Umstände weiß, kann ich mir kein Urteil erlauben. Aber diese Geschichte hat mich seit Stunden beschäftigt. Zwei Menschen, die seit über 40 Jahren verheiratet sind, im Alter zu trennen, das ist schon eine ziemlich besondere Maßnahme finde ich.

Gerne wollen wir Frau Köhler ihren Wunsch erfüllen und ich bin froh, daß die Tochter meinem Vorschlag, die Aufbahrung und Abschiednahme bei uns zu machen, zugestimmt hat. So können wir das so gestalten, daß es der alten Dame auch etwas bringt. Auf dem Friedhof könnte sie mit dem Rollstuhl zum Beispiel gar nicht richtig an den Sarg heranfahren, weil die Zellen viel zu eng sind und der Sarg auch recht hoch auf dem Katafalk steht.

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#köhlers

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