Mitarbeiter/Firma

Einmal Pipi Kirmes bitte!

Pipi Kirmes

In einem Bestattungshaus steht das Telefon an manchen Tagen nicht still. Üblicherweise waren wir zu viert im Büro und oft genug kam es vor, dass Anrufer trotzdem beim Anrufbeantworter oder dem Besetztzeichen landeten. Es sind aber nicht nur eingehende Anrufe, die angenommen werden mussten, sondern wir mussten auch bei unglaublich vielen Stellen anrufen.

Das ist ja das, was viele übersehen, wenn sie hören, was eine Bestattung kostet. Sie denken, wir holen den Verstorbenen, legen ihn in einen Sarg und halten dann die Hand auf. Was da alles hinter den Kulissen passiert, das wissen nur die aufmerksamen Leser des Bestatterweblogs, das erzähle ich Euch seit mittlerweile mehr als 20 Jahren.

Wenn alles glatt läuft, gehören zu einem Sterbefall so um die fünf bis sieben Anrufe, dann ist im Idealfall alles organisiert. Läuft es nicht so glatt, dann kommen mit allen Rückrufen, Verschiebungen und nochmaligen Änderungen auch schon mal 40 bis 50 Anrufe zusammen.
Üblicherweise telefoniert man mit den immer gleichen Leuten, man kennt sich und oft hat sich eine Art Kurzsprache eingeschlichen, die für den Außenstehenden auch schon mal rüde klingen kann. Mit Frau Rütters, der Pfarrsekretärin einer großen Kirchengemeinde lief ein Gespräch beispielsweise so ab: „Einmal klein und ohne Trallala, Ost, Musik von uns.“
Wir beide wussten, um was es geht, ich bekam innerhalb von zwei Minuten meinen Termin und alles war erledigt. In lang und ausführlich hätte das bedeutet: „Wir benötigen einen Termin für eine Beerdigung auf dem Ostfriedhof, es muss nicht der Pfarrer kommen, der Kaplan oder Diakon reichen auch, die Leute haben keinerlei Bezug zur Kirche, möchten aber eine Beerdigung mit katholischem Zeremoniell, aber nur eine Trauerfeier auf dem Friedhof. Einen Organisten benötigen wir nicht, wir spielen Musik von einer CD ab.“

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Ein anderes Telefonat hätte auch zum Inhalt haben können: „Einmal Feuer einfach“. Für die beteiligten Profis ein kurzer Satz, der alles sagt.

Bei einer Bestatterin in S. hörte ich mal ein Telefonat mit einer Gärtnerin mit: „Einmal Pipi Kirmes für Donnermeier. Mittwoch 9 Uhr Sankt Fridolin.
Mit diesen Worten bestellte die Bestatterin für den Trauerfall Donnermeier ein Sarggesteck in der Ausführung Kirmes. Kirmes stand hier, so erklärte sie mir, für groß, bunt und billig. Und Pipi? Pipi stand für Pissnelken. Ganz zu Unrecht ist die wunderschöne Nelke ein bißchen in Verruf geraten und galt lange Zeit als ganz billiger Sargschmuck. Das hätte die Bestatterin auch alles zeitraubend und ausführlich sagen können, aber im Laufe der Jahre hatte sich das so eingespielt, dass Pipi und Kirmes ausreichten, um alles Wichtige zu sagen.

Für uns ganz normaler Alltag, für die Angehörigen vielleicht verstörend. Deshalb führt man solche Gespräche natürlich möglichst nicht im Beisein von Hinterbliebenen oder man spricht dann doch anständiger.

In manchen Fällen mussten Absprachen aber schon während des Beratungsgesprächs in der Wohnung der Angehörigen getroffen werden. Das ist meistens dann so, wenn das Beratungsgespräch nach einer nächtlichen Abholung vormittags stattfand. Dann versuchten wir, direkt bei der Beratung auch den Beerdigungstermin zu vereinbaren und möglichst die wichtigsten Telefonate zu führen. Hier gilt es dann, Fingerspitzengefühl zu zeigen. Da darf man natürlich nicht Pipi und Kirmes sagen und die Angehörigen düpieren.

Ich möchte nicht wissen, welche Abkürzungen und internen Floskeln in anderen Branchen üblich sind. Da wird es nicht viel anders sein. Es haben ja nicht alle Branchen, so wie die Mediziner das Lateinische, um auch diffizile Sachverhalte wichtig klingen zu lassen.

Wie ist das in Deinem Beruf? Gibt es da auch so etwas, das die Kunden besser nicht so hören sollten, was aber gar nicht schlimm oder böse gemeint ist?

Bildquellen:
  • pipi-kirmes: Peter Wilhelm KI


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Hier erzähle ich Geschichten aus meinem Bestattungshaus und insbesondere über meine fabelhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Namen sind verändert. Manchmal wurden auch mehrere Personen zu einer Erzählfigur zusammengefasst.


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 2. Mai 2025

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2 Kommentare
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Glückauf
8 Stunden zuvor

Übergabe von uns (RTW im KH) Isoliert C2. für, der ist Besoffen sonst nix.

twl
Reply to  Glückauf
2 Stunden zuvor

Bei uns in der ambulanten Pflege stand in den Akten ggf. auch „C2H5“ (ebenso unvollständig, ebenso verstanden…) bei Alkoholkranken. Hat teilweise geholfen, Dinge einzuordnen bei neuen Patienten bzw. Kunden.




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