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Einsdreissig

„Du kannst gut sein und auch fleißig, die bringen doch stets nur Einsdreißig.“
Das ist ein geflügelter Spruch unter Journalisten, die für die Tagesschau arbeiten, denn viel länger als 90 Sekunden ist dort kaum ein Beitrag.

Hier ist aber heute mit Einsdreißig jener Betrag gemeint, den eine Kassiererin genommen haben soll, in Pfandwertscheinen wohlgemerkt und der letztlich zu ihrer Entlassung geführt hat. Was ich denn wohl davon halte, wollten einige Leser wissen, und ob denn bei mir auch schon Mitarbeiter etwas geklaut hätten und wie ich da reagiert habe.

Nun, wer klaut, der fliegt. Punkt.
Das ist der Grundsatz, an den ich mich seit jeher halte und den auch alle Mitarbeiter so und wortwörtlich kennen.

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Dabei kommt es überhaupt nicht auf den Wert der entwendeten Sachen an. Es ist das Vertrauensverhältnis das zerstört ist und allein darauf kommt es mir an. Wir führen einen sehr familiär geprägten Betrieb, es wird nichts weggeschlossen, nichts vor den Mitarbeitern gesichert und alles liegt offen und frei verfügbar herum. Wenn einer etwas davon haben möchte, so muß er mich nur fragen. Entweder gebe ich es ihm dann oder ich helfe ihm, auch finanziell, bei der Beschaffung. Wer mir aber einfach etwas wegnimmt, der hat in meiner Firma nichts verloren, denn ich weiß dann nie, was er in der Vorzeit möglicherweise schon alles mitgenommen hat und was er in Zukunft noch alles mitnehmen wird.

Jetzt kommt aber das Aber:
Man muß bei diesen grundsätzlichen Erwägungen aber die Kirche im Dorf lassen und als verantwortungsvoller Arbeitgeber habe ich die Umstände näher zu hinterfragen und zu berücksichtigen. Hat jemand etwas aus einer Notsituation geklaut? Wie groß ist tatsächlich die Gefahr, daß es wieder vorkommt? War dem Mitarbeiter klar, daß dies als Diebstahl angesehen werden wird? Wie lange ist der Mitarbeiter schon bei mir beschäftigt? Welchen sozialen Hintergrund hat er und was werden für ihn die Folgen einer Kündigung sein?

Keine der oben aufgezählten Fragen, derer es noch weitaus mehr gibt, kann in ihrer Beantwortung allein einen Grund zur Rechtfertigung liefern, aber in der Abwägung aller Umstände, kann es durchaus sein, daß ich zu dem Ergebnis komme, daß eine Entlassung doch nicht das richtige Mittel ist.

Den Fall der Kassiererin habe ich nicht genau verfolgt, solche Fälle gab es ja schon häufiger. Der Bäckergeselle, der einen abgelaufenen Becher „Müller-Milch“ ausgetrunken hat, die Bäckereifachverkäuferin, die ein Stück altbackenen Bienenstich vom Vortag gegessen hat, die Kantinenfrau, die sich ein Stück Frikadelle in den Mund gesteckt hat, sie alle sind entlassen worden und sie alle wären von mir nicht entlassen worden.
Auch wenn ein Kunde ein paar Pfandwertmarken einzulösen vergisst und eine Kassiererin diese dann findet und für sich einlöst, hat das für mich eher den Stellenwert von einem gefundenen Eurostück, das auf der Straße lag, das man sich einsteckt und nicht zum amtlich-preußischen Fundbureau trägt.

Der wichtigste Aspekt bei allen Betrachtungen ist für mich jedoch: Ist es demjenigen egal, daß er mich schädigt, mir etwas wegnimmt, mißachtet er meinen Besitz und mein Eigentum? So eine Geringschätzung meiner gutmütigen und freigiebigen Grundhaltung ahnde ich.

Ob bei uns schon mal geklaut wurde: Aber ja. Doch das werde ich noch erzählen.

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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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Ralle
15 Jahre zuvor

Klar wurde bei Tom schon geklaut… ich erinnere mich da an einen Mehrteiler über irgend nen Werkzeugkasten 🙂

pitdieerste
15 Jahre zuvor

Hallo,
der eigentliche Tragische an der Geschichte ist für mein Empfinden daß der Diebstahl nicht bewiesen wurde. Die Kassiererin beteuert bis heute daß sie damit nichts zu tun hat.
Es besteht wohl eher der verdacht daß man die Dame loswerden wollte indem man ihr die Pfandbons unterschob.
Es ist wohl im Arbeitsrecht so daß in dubio pro reo in einem solchen fall nicht gilt sondern allein durch den verdacht das Vertrauensverhältnis so gestört sei daß eine Weiterbeschäftigung nicht tragbar sei. Wenn du also mal einen doofen Kollegen loswerden willst einfach ein paar Firmenkugelschreiber in die Tasche mogeln und dafür sorgen daß sie gefunden werden…

Lisa
15 Jahre zuvor

Meine Herrn, da wird wieder eine Sau durchs Dorf getrieben. Ich vertrete Toms Meinung durchaus auch, nur jetzt geht das hier auch schon los.
Ich mein, man muss immer beide Seiten sehen und sicher hätte da eine andere Lösung gefunden werden können.
Nur wird einer Mitarbeiterin auch gekündigt wenn sie in der Cafeteria einen Löffel nitnimmt?!
Naja das lasse ich mal dahingestellt…

DerStefan
15 Jahre zuvor

Da assoziiert man doch irgendwie uns „Henning“ 🙂

Senfgnu
15 Jahre zuvor

Über klauende Mitarbeiter gabs ja schon mal hier was zu lesen 😉

martin
15 Jahre zuvor

was ich mich vor allem frage: wenn ich etwas im supermarkt verliere, geht das dann automatisch in den besitz des supermarkts über?
ergo müssten die pfandmarken immer noch der kundin und nicht der supermarkt gehören und diese somit auch nicht geschädigt worden sein!

Simon
15 Jahre zuvor

Nun auch noch hier… Wie schon beim Shopblogger gepostet wurde, hier mal Pressemitteilung und das Urteil: http://www.berlin.de/sen/arbeit/gerichte/presse/07_09.html http://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Urteile_Verdachtskuendigung_ArbG-Berlin_2Ca3632-08.html Vor allem 2 Passagen finde ich da sehr interessant: „Der Vertrauensverlust sei im zu entscheidenden Fall noch nachhaltiger gewesen, weil die Klägerin im Rahmen der Befragungen durch den Arbeitgeber immer wieder falsche Angaben gemacht habe, die sie dann, als sie vom Arbeitgeber widerlegt waren, einfach fallengelassen hat. So habe sie beispielsweise ohne Grund und Rechtfertigung eine Kollegin belastet, die nichts mit der Sache zu tun gehabt hatte.“ Falschaussagen ok, aber es macht die Sache mit dem Vertrauen nicht besser. Das dann scheinbar auch mehr mehrfach und dann Kollegen belasten… uiuiui Noch heftiger: Punkt 10 aus dem Urteil „Sie ist der Auffassung die Vorwürfe der Beklagten könnten – selbst wenn sie zuträfen – eine Kündigung von vornherein nicht rechtfertigen. Bagatellstraftaten gegen das Eigentum und das Vermögen des Arbeitgebers seien nicht so gravierend, als dass eine Kündigung überhaupt in Betracht käme.“ Uff, bei so einer Begründung blieb dem Richter ja fast nix anderes übrig, als die Kündigung zu bestätigen.… Weiterlesen »

Yvonne
15 Jahre zuvor

1.) Die Dame wusste, dass sie auf der Abschussliste steht. Wer da soetwas dummes macht, der hats nicht besser verdient.
2.) Der Diebstahl ist bewiesen, ansonsten wäre die Kündigung vom Gericht abgewiesen worden. Die Dame hat ja auch zugegeben, dass sie die Bons in der Tasche hatte.
3.) Wer im Einzelhandel arbeitet, weiss, dass Diebstahl, egal wie gering und was, zur fristlosen Entlassung führt und Basta!

Rena
15 Jahre zuvor

Zuerst dachte ich auch, dass die Kassiererin die Pfandzettel nicht über die Kasse abgerechnet hat. Dann habe ich gehört, dass Kunden die zwei Zettel verloren haben, diese dann im Büro gelandet sind und von dort von der Kassiererin entwendet wurden.

tyler
15 Jahre zuvor

„Es werden keine Leichen geklaut“
„aber es war doch nur ein Finger, und der war eh schon locker“

@5: könntest Du mir mal den Unterschied zwischen Angeklagtem und Beklagten erklären?

Katha
15 Jahre zuvor

„Angeklagter“ ist, wer im Strafrecht wegen einer Straftat vor Gericht steht.

„Beklagter“ ist jeder, gegen den zivil- oder verwaltungsrechtlich jemand klagt.

15 Jahre zuvor

@8, Simon: Danke, das wollte ich auch gerade posten. Es kann doch nicht sein, dass die ganze Republik auf Stammtischniveau über dieses Thema palavert, ohne dass sich mal jemand mit den Hintergründen beschäftigt. Teilweise echt beschämend…

Klaus
15 Jahre zuvor

Der Fall wurde auch mehrmals in verschiedenen Shows im Fernsehen diskutiert.

Die dort Diskutierenden aus dem Arbeitgeberlager sahen das meistens recht eindeutig, wer klaut muss fliegen. Begründet wurde das meistens mit dem zerstörtem Vertrauensverhältnis.

So weit, so gut. Verstehe ich.

Als Angestellter in einer großen Firma, weiß ich aber auch, dass man dann grade ab Teamleiter aufwärts alles entlassen könnte.

Trotz Verbot, tut dort fast jeder mal privat telefonieren, Mails schreiben, Internetseiten anschauen, Briefumschlag benutzen, usw.
Das sind auch alles Diebstähle, aber dort wird das so nicht mehr gesehen.

alfred
15 Jahre zuvor

Tja, hätte sie eine Milliarde geklaut, dann würde die Regierung nun einen Rettungsschirm aufspannen und mit Garantien großzügig aushelfen.

Numanoid
15 Jahre zuvor

@8, Simon: Danke für die Erwähnung dieser, nicht unwesentlichen, Tatsache. Das die Frau vorsätzlich eine Kollegin des Diebstahls beschuldigte wird von dem Massenmedien leider nur höchst selten erwähnt.

MacKaber
15 Jahre zuvor

@Numanoid: Trotz mehrfachen Lesens kann ich mir keinen Reim auf das Wort „vorsätzlich“ im zweiten Satz machen. Das Gegenteil wäre doch „unabsichlich“. Oder? War vielleicht „wissentlich falsch“ oder „fahrlässig“ gemeint?
Alles was man begeht, begeht man doch vorsätzlich. Selbst wenn es nur ein Feldweg ist. Wenn ich jemand wegen Fahrerflucht bei der Polizei anzeige, tue ich das auch vorsätzlich.;-)

Manfred aus Downunder
15 Jahre zuvor

Hoffentlich bezahlen auch die Gewerkschfaftsleute, die „Skandal“ geschrien haben der Frau nun die Prozesskosten. Ein seriöser Anwalt wäre vielleicht unter diesen Umständen gar nicht in die zweite Instanz gegegangen.
Das Problem, das sie nun kein anderer mehr einstellt, hat sie sowiso selbst.

Um den Bezug zu diesem Blog herzustellen:
„Üb immer treu und Redlichkeit, bis an dein kühles Grab“

15 Jahre zuvor

Wenn der Arbeitgeber sie tatsächlich „los werden“ wollte, dann hätte er auch einfach fristgerecht kündigen können. Nichts anderes hat der Arbeitgeber ja als Alternative angeboten, als die Arbeitnehmerin gegen die fristlose Kündigung vorgehen wollte. Die Theorie ist also absurd.

Micha
15 Jahre zuvor

Was wars bei Henning, ne Ratschenkiste? was auch immer das war ^^
Mich wurmt es immer, wenn Leute in irgendwelchen Betrieben verheizt werden, bis zur Besinnungslosigkeit schuften und dann aus irgendeinem nichtigen Grund rausgekickt werden…

und sich dann nicht wehren.




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