Frau Doktor Sonnenblum ist gemeinhin als schwierige Kundin bekannt. Die Kaufleute hier schätzen den Umsatz, den sie macht, fürchten sie aber wegen ihres arroganten und herablassenden Gehabes.
Als sie heute Morgen in unserer Empfangshalle auf dem Sofa saß, wollte keiner meiner Mitarbeiter die Beratung übernehmen, denn Frau Doktor hatte intensiv und ausdrücklich nach dem Chef verlangt. Das ist zwar ein Wunsch, den viele Kunden vortragen, weil sie meinen, sie seien etwas Besonderes oder nur der Chef könne ausgerechnet sie zufriedenstellend bedienen, aber diesem Wunsch treten meine Mitarbeiter normalerweise kompetent entgegen. Ich kann nicht alle Beratungen machen, dazu bin ich viel zu viel unterwegs und eben genau deshalb habe ich hervorragende Leute eingestellt und ausgebildet die genau für diese Arbeit da sind.
Doch Frau Doktor Sonnenblum fragte nicht nach dem Chef, sondern befahl: „So, und sie gehen jetzt und holen mir mal ihren Chef!“
„Der ist im Moment nicht da, er ist unterwegs und wird erst in einer guten Viertelstunde zurück sein“, sagte Frau Büser und bot an: „Aber ich bin schon seit vielen Jahren hier im Hause auch für die Beratungen zuständig und könnte Ihnen genausogut alles zeigen.“
„Das glaube ich Ihnen gerne, gute Frau, aber ich bin es erstens nicht gewöhnt, daß ich mit subalternen Figuren verhandele und zweitens ist es schon sehr grenzwertig, daß man mich hier warten läßt. Wann also wird der Inhaber mir zur Verfügung stehen?“
„Ich sagte ja schon: Sie müssen gar nicht warten, wir könnten sogleich loslegen und mein Chef wird in etwa einer Viertelstunde da sein.“
„Dann sind Sie doch bitte so gut und holen Sie mir einen Eistee, ich warte dann noch einen kleinen Moment“, sagte Frau Doktor, wandte sich ab und zückte ihr Handy.
„Wir haben keinen Eistee, ich könnte Ihnen eine Tasse normalen Tee anbieten oder Kaffee.“
„Kaffee trinke ich seit mehreren Jahren schon nicht mehr und was für einen Tee haben Sie denn?“
„Wir trinken hier sehr gerne aromatisierte Tees, so einen könnte ich Ihnen machen.“
„Was für aromatisierte Tees sind das denn?“
„Schwarzer Tee mit Kirscharoma, Jasminblütentee, mit Vanille oder mit Erdbeer…“
„Alles Chemie! Wissen Sie was? Sie gehen jetzt und holen mir einen Eistee, das dürfte ja nicht zuviel verlangt sein.“
Frau Büser will sich gerade aufblasen, da komme ich herein und ernte, statt einer höflichen Begrüßung, ein: „Das wird aber auch Zeit! Wie lange wollten Sie mich eigentlich noch warten lassen?“
Hinter Frau Doktor Sonnenblums Rücken verdreht die Büser ihre Augen und ich verstehe, es hat schon eine eher unerfreuliche Szene stattgefunden.
„Gute Morgen“, sage ich betont und mit dem arrogantesten Unterton, den ich beherrsche und superarrogant hochgezogenen Augenbrauen frage ich: „Sie wünschen?“
„Das werde Sie sich ja wohl denken können, oder sieht das hier aus wie eine Metzgerei? Was werde ich wohl von Ihnen wollen, wenn ich zu Ihnen komme?“
„Sie wünschen also?“
„Na, eine Bestattung werden Sie ja wohl hinkriegen, oder?“
„Ich denke doch, wer ist denn verstorben?“
„Ach, und das wollen Sie jetzt hier im Stehen klären?“
„Wieso, Sie sitzen doch.“
„Ja Sie aber nicht!“
„Ich kann auch im Stehen sprechen. Was genau möchten Sie also?“
„Sehr freundlich sind Sie aber nicht.“
„Oh, das kann mitunter vorkommen. Das Beste wird sein, wenn Sie sich mit der besten Mitarbeiterin, die ich habe, unterhalten. Frau Büser hier ist für ihre freundliche Art bekannt. Wenn noch Fragen sind, kann ich ja später nochmals kurz dazukommen.“
Sprach’s, nickte der sprachlosen Frau Doktor Sonnenblum kurz zu, drehte mich um und ließ die beiden Frauen zurück.
Kurz bevor ich in meinem Büro verschwand, hörte ich noch wie die Büser sagte: „So, dann lassen Sie uns mal anfangen“ und im Augenwinkel sehe ich, daß Frau Doktor Sonnenblum der Büserin folgt, wie ein Lämmchen.
Da sieht man mal wieder, manchmal muß man so arroganten Zicken einfach nur nicht nachgeben.
Hinterher berichtete mir Frau Büser, daß Frau Doktor Sonnenblum sich im weiteren Verlauf „eigentlich“ ganz normal verhalten hätte. „Man muß bloß immer den zweiten Satz ignorieren, dann geht’s wunderbar!“
„Wie meinen Sie das, Frau Büser?“
„Nun, ich zeige ihr einen Sarg, sie findet den auch gut, muß aber sagen: ‚Der ist ja in Ordnung, der gefällt mir.‘ Dann muß sie aber noch hinzufügen: ‚Einen Besseren werden Sie ja sowieso nicht haben.‘ Bei den Urnen das Gleiche: ‚Die Messingfarbene da vorne, die ist perfekt.‘ Der nächste Satz ist dann: ‚Die sind ja alle scheußlich.‘. Man muß also nur immer den Nachsatz überhören, dann ist sie ganz normal.“
„Was ist denn das überhaupt für eine Doktorin?“ erkundige ich mich.
„Die? Gar keine! Ihr Mann ist Radiologe. Sie hat den Herrn Doktor bloß geheiratet. Früher arbeitete die als Sprechstundenhilfe bei einem Zahnarzt.“
Naja…
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: eistee
Die Frau Doktor…
Ich finde so eine Titel Anmaßung ja scheußlich, deswegen sage ich meist: „Die Frau VOM Doktor“
@Kathrin
ein Doktor, der dich behandelt, promoviert in der regel nicht
Geht mal nach Österreich. Zum Glück haben wir die Angewohnheiten nicht ganz übernommen, die die Österreicher, besonders aber die Wiener haben.
Ich wollte schon nach dem 1. Satz schreiben: Die nennt sich nur Frau Dr. weil der Mann promoviert hat. So vorhersehbar! Solche Kundinnen kenne ich auch bis zum Abwinken. Es gibt wenige, die Schlimmer sind.
hier gilt sicherlich auch-wie fast überal bei der vorbereitung einer bestattungl- der grundsatz der ausnahmesituation.
Tja, im Süden Deutschlands wird die Frau halt noch oft über den Mann definiert.
Die Frau Landrat ist in aller Regel die Frau vom Landrat und so ist die Frau Doktor oft genug „nur“ die Frau vom Doktor.
Ich hab den Eindruck dass viele Frauen das auch ganz gerne mitmachen, schliesslich klingt „Frau Landrat“ sehr viel besser als Frau XYZ
Wie bereits erwähnt: Die Österreicher treiben das Ganze definitiv auf die Spitze.
@Bianca:
Ich hoffe doch dass er/sie promoviert hat, alles andere wäre (in Deutschland) strafbar.
@jörg,
würde ich nicht so sagen,
es gibt Doktoren etc.. so wie in Deutschland,
und jetzt kommt das grosse aber
wir haben dafür keine Adelstitel etc… 😉
@Zoidberg
Ich glaube, da liegst du falsch. Ein Arzt in DE braucht meiner Meinung nach keine Promotion, sondern lediglich eine Zulassung. Eine Promotion kann er machen, muss aber nicht, um die Ausbildung abzuschließen
Wie heißt es bei den Medizinerinnen?
Wer bis zum 10. Semester noch keinen Doktor hat, muss ihn selber machen.
@ Volker:
Vollkommen richtig. Ein guter Bekannter von mir schreibt gerade seine Promotion und verdient sich seinen Lebensunterhalt nebenher mit Einsätzen als Notarzt.
Darf man sich denn öffentlich „Frau Dr. Sonnenblum“ nennen, wenn man gar keinen Dr. gemacht hat?!
Kommt mir grad ziemlich zweifelhaft vor… das wird doch sonst so streng verteidigt?
(OT: Zum Praktizieren reicht auch meines Wissens die Approbation.)
schöne story und gut gekontert!
wie wars denn wirklich?
Hi, es ist immer wieder ein Genuß, wenn man bei einer solchen Geschichte dann bei den Worten im Sinn wie „wie en Lamm“ angekommen ist 🙂
Ich hoffe nur dass „Frau Doktor“ das hier nicht lesen wird, denn wenn sie pingelig und juristisch aggressiv eingestellt ist, wird das „arrogante Zicken“ teuer, auch wenn es bei dem beschriebenen Verhalten durchaus verständlich ist.
Und nein, ich bin kein Jurist. Hatte nur schon schlechte Erfahrung mit solchen. Ich gehe einer ehrbaren Tätigkeit nach.
lg Desian
@Jörg:
Na wenn der Süden Deutschlands schon zu Österreich gehören würde, dann würde deine Aussage ja stimmen ;o)
Jetzt bin ich hier geboren und leb mehr als 30 Jahre im Süden (derzeit südöstlichsten Süden 25 km von der österreichischen Grenze entfernt), aber mir ist noch nie aufgefallen, dass sich die Frauen über ihren Mann definieren, wie bei unseren Nachbarn.
Aber vielleicht hab ich einfach nur mit Generationen zu tun, die das nicht machen ;o)
LG
Sandy
Möchte da ein paar Vorurteile über Österreich aufklären — „normale“ Leute, die nicht gerade in Hietzing oder Döbling wohnen und geistig schon in der Zeit nach dem Kalten Krieg angekommen sind, würden (meiner Erfahrung nach) kaum mehr auf die Idee kommen, die Titel des Ehepartners auf den jeweils anderen zu übertragen…
Das passiert in D und außerhalb doch auch noch ständig. Das geht schon bei den „First Ladies“ los. Wobei es hier zum Teil nicht ein mal unbedingt mit den Titeln sondern mit der Tätigkeit/Ruf zusammenhängt. Siehe Feldbusch-Bohlen, Tatjana Gsell, …
auf irgendwas muss man ja stolz sein, wenn man es selbst im Leben zu nix gebracht hat, halt auf den Titel des Mannes *seufz*
@akbwl – wobei man dazu sagen muss, das diese sogenannten „First Ladies“ nicht selbst zum dienstleister gehen (schon garnicht zum bestatter), sondern eher gehen lassen bzw. sich die dienstleister ins haus zitieren.
aber im prinzip stimmt´s schon; frau kommerzienrat und frau professor … hört bloss auf!
… und ob eistee ein naturprodukt und frei von chemischen zusätzen ist, sei auch noch dahingestellt!
@ Bianca: Das ist SO nicht ganz richtig. Mein Arzt ist nicht unbedingt ein Doktor (soweit in Ordnung) – aber er ist Arzt – Facharzt in der Regel. Und ich spreche ihn oder sie ggf. dann auch mit „Herr XYZ“ an. Allerdings hatten „meine“ Ärzte der letzten 10 Jahre alle promoviert (ich frag immer so gern nach dem Thema – da sind Sachen dabei… *g*). Jedenfalls ist Doktor – so wie ihn zumindest die oben beschriebene Dame und ihre Gesinnungsgenossinnen versteht – ein akademischer Titel. Und den darf man nur nach erfolgter Promotion tragen.
Dass mein kleiner Neffe zu seinem Kinderarzt „Onkel Doktor“ sagt – auch wenn der nicht promoviert haben sollte – ist was völlig anderes. Denn da ist „Doktor“ als Berufsbezeichnung synonym mit Arzt und nicht als Titel zu verstehen. Aber darum ging es ja nicht.
Um als Arzt zu arbeiten, braucht man eine Zulassung, welche man i.d.R. nach dem dritten Staatsexamen bekommt. Um sich Doktor zu nennen, muß man promovieren, weswegen die meisten Ärzte das auch tun. Tun sie es nicht und nenen sich trotzdem Dr, begehen sie eine Straftat (nicht nur Ordnungswidrigkeit!). Die meisten Medizin-Dissertationen sind aber reichlich dürr und in wenigen Monaten zusammengeklaubt, würde in anderen Gebieten nicht mal als Diplomarbeit durchgehen.
Siehe auch die Posse neulich um MPI-Direktoren mit PhD, die ähnliche Probleme hatten (finde gerade nur den englischen Link: http://www.spiegel.de/international/germany/0,1518,540459,00.html).
was ist denn ein kommerzienrat?
Ich hoffe, die Dame ist auch mit der Beschriftung ihres Grabsteines konsequent: Da müsste dann „Frau Dr. Heinz-Heinrich Sonnenblum“ stehen.
Selbst in den 1990er Jahren wurden noch Steine mit der Beschriftung „Eheleute Hermann Schulze“ frisch aufgestellt. Wie immer auch die Frau geheißen haben mag – es war wohl nicht wichtig genug, um es extra dort zu erwähnen…
Leider ist Doktor oftmals ein Synonym für Arzt, ich bin schon gespannt auf die Diskussionen, wenn ich irgendwann mal promoviert habe.
Der Dr. med. ist wirklich ein Witz, Promotion dauert vielleicht 6 Monate und könnte wohl jeder selbst schreiben. Promotion in der Chemie dauert 3-5 Jahre, aber insgesamt denke ich kommt es aufs Gleiche hinaus, die studieren eben länger und haben und hatten noch so Späße wie AiP, Facharztausbildung etc.
Ist in den USA heute noch üblich, und zwar nicht nur auf Grabsteinen, sondern durchaus bei lebenden Eheleuten. Ich weiß nicht, ob in jedem Staat, aber man nennt die Ehefrau dort durchaus „Mrs. James Smith“. *kopfschüttel*
Ob der Doktorenfrau wohl klar ist, dass de meisten Eistees auch nicht ärmer an „Chemie“ sind?
@SvenW:
> Um als Arzt zu arbeiten, braucht man eine Zulassung, welche man i.d.R. nach dem dritten Staatsexamen bekommt.
Seit einigen Jahre gibt es in Deutschland nur noch zwei medizinische Staatsexamen. Es gibt nur noch wenige Studenten, die ihr Studium noch nach der alten Approbationsordnung für Ärzte absolvieren und ein drittes Staatsexamen abzulegen haben.
Da gibt’s den schönen Unterschied zwischen der Frau Doktorin und der Frau Doktor.
Hach diese Weiber habe ich ja gefressen.
@ SvenW: Genau! Der Dr. med ist im Vergleich zum Dr. rer. nat u.a. ein Witz. Umfang in etwa der einer Diplomarbeit in anderen Naturwissenschaften. Für den Dr. rer. nat arbeitet man in der Regel 3 Jahre Vollzeit, wird aber nur halb bezahlt 😉
Mir ist es vollkommen egal, ob mein Arzt ein Dr. med ist oder nicht. An seiner Kompetenz ändert es absolut nichts.
‚also ich als Zahnartzfrau ….‘ geht mir da grad durch den Kopf … 🙂
Als ich noch studierte hiess es: zum Doc med. beauftragt man einen älteren Assistenten im Krankenhaus ein paar Patientendaten zusammenzutragen, steckt dem dafür ein paar Fuffies zu und schreibt in dessen Auswertung ein paar verbindende Worte.
Fertig ist der Dr. med.
Dr. Dr… – wie wärs mit einem Adelstitel? Die gibts schon für 39 Euro oder sowas – wär es nötig hat und auf Titel steht … – na ja – nicht mein Ding. In Süddeutschland ist das aber echt so dass die Frau Doktor einfach die Frau vom Herrn Doktor ist. Ist einfach kürzer :o) meg24
Meine Nachbarin hat über 15 Jahre studiert. Sie ist mittlerweilen 66 Jahre. Und stellt sich bei jedem mit „Grüß Gott ich bin die Frau Magister …. “ vor. Übrigends will sie auch seit neuesten mit dem Titel angespróchen werden. Da haben ein paar Vorredner Recht. In manchen Sachen haben wir Österreicher einen „Vollknall“
@nila,
zumindestens hat sie studiert 🙂
@Desian
„Ich hoffe nur dass “Frau Doktor” das hier nicht lesen wird, denn wenn sie pingelig und juristisch aggressiv eingestellt ist, wird das “arrogante Zicken” teuer,…“
Da hier keinerlei Identifizierung möglich ist, weder der Person (der Name wird geändert sein), noch des Bestattungshauses, noch des Ortes etc., könnte die gute Frau überhaupt nichts tun, außer sich tierisch aufzuregen. 😉
@Muschelschubserin, Desian,
Da es viele Weibsen von dieser Sorte gibt, müßten sich viele wiedererkennen. Nur – welche ist nun die Richtige? Etwa die, der der Schuh passt, den sie sich gerade anzieht?
So wie ich solche „Weibsen“ kennen gelernt habe, kloppen die sich am Ende sogar noch darum, wer denn hier wohl die Ehre hatte, öffentlich erwähnt worden zu sein. 😀 „Blut ist im Schuuuuh“
Ich waer auch gern ’ne arrogante Zicke, die denkt, sie waer was besseres, weil sie fuer „den Richtigen“ die Beine breit gemacht hat. Dann waer das Leben sicher einfacher.