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Es hatte ja alles seinen Grund

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Zum Beispiel, daß ich dieses Weblog einst begonnen habe.
Der Grund war ja, daß die Menschen, wenn sie eines Angehörigen eines seltenen Berufes angesichtig werden, vor allem wenn es sich bei diesem seltenen Beruf um den des Bestatters handelt, immer, aber auch wirklich immer mit zahlreichen Fragen aufwarten.
Jeder Bestatter kennt das, kaum hat er seinen Beruf genannt, weiß jemand von einer Bestattung etwas zu berichten und dann schließen sich die Fragen aller Anwesenden an.

Mir war also klar, daß das Interesse an dem, was angeblich an Geheimnisvollem, Makabrem und Schrecklichem hinter den Kulissen eines Beerdigungsinstitutes vorgeht, recht groß sein dürfte, als ich hier mit dem Schreiben begann.
Wahrscheinlich gibt es längst kaum noch einen Aspekt dieses Berufes, den ich hier noch nicht beleuchtet habe; und es gibt auch kaum noch eine Frage, die noch nicht gestellt und beantwortet wurde.

Dennoch reißt das Interesse nicht ab und es kommen tagtäglich neue Fragen an. Per Kontaktformular, per Kommentar, per Mail und per Telefon.
Erste Nebenbeibemerkung: Über den einen oder anderen Anruf mehr würde ich mich freuen, da diese Anrufe ja etwas Geld einbringen und ich froh bin, wenn wenigstens die Kosten für die Servicenummer wieder hereinkommen.
Zweite Nebenbeibemerkung: Per Kommentar zu fragen, ist die denkbar ungünstigste Variante, da ich nicht immer alle Kommentare lese.

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Aber grundsätzlich freue ich mich über das anhaltende Interesse, wenn auch nicht mehr jede Anfrage Eingang ins Bestatter-Weblog findet, da sich sonst vieles wiederholen würde.

Manchmal sind auch ganz verwunderliche Fragen dabei, die selbst mich an meine Grenzen bringen; sei es, daß sie auf eine kriminelle Tat hinwirken, bei deren Begehung ich durch meinen Rat nicht mitmachen möchte, oder sei es, daß man aufgrund der zerebralen Defizite des Anfragenden aus der Frage gar nicht schlau wird.

Ab und zu ärgere ich mich auch ein wenig. Da hat jemand eine Bestatterrechnung von vielen tausend Euro erhalten und fühlt sich über den Tisch gezogen. Ich setze alle Hebel in Bewegung und schaffe es, daß dieser „Patient“ nur noch 1.300 Euro zahlen muß.
Er schreibt mir dann, wie dankbar er sei und daß er nun von dem gesparten Geld endlich die Anschaffung eines gebrauchten Motorrades in Angriff nehmen will, nicht aber ohne mir großzügig etwas spenden zu wollen.
Auf dem Konto gehen dann 5 Euro ein.

Um Himmels Willen, ich fordere ja nichts und biete meine Dienste ja kostenlos an, aber die 5 Euro kamen mir vor, als würde man bei einer 199 Euro-Rechnung in einem Lokal nur 5 Cent Trinkgeld geben. Oder sehe ich das so falsch?

In einer anderen Sache wendet sich ein Rechtsanwalt mit einem komplizierten Sachverhalt an mich und ich setze mich wegen der Eilbedürftigkeit noch nachts hin und antworte ihm auf ca. 3-4 A-4-Seiten und schildere ihm die ganzen Besonderheiten und meine private rechtliche Einschätzung. Es kommt nicht einmal ein Dankeschön zurück.

Da lobe ich mir Oma Gruber. Ihr konnte ich helfen, damit die beinahe mittellose Rentnerin von einer ungerechtfertigten Forderung eines Friedhofsamtes verschont blieb.
Sie sparte ganze 722 Euro dadurch und fand es angebracht, mir 10% davon, also 72,20 Euro zukommen zu lassen. Ich habe ihr das Geld wieder zurück überwiesen.

Sehr interessant sind auch die immer mehr zunehmenden Anfragen von Schülern, die am liebsten ein Referat oder einen Aufsatz von mir geschrieben haben möchten. Eine Schülerin schrieb neulich: „Wenn Sie Bilder zum Aufkleben haben, können Sie mir die auch zusenden. Aber mein Drucker ist nicht so toll, am besten sie drucken mir das gleich aus.“

Ein Lehrer aus Darmstadt rief mich vor einigen Wochen an und erzählte mir, daß er schon zweimal den Fall hatte, daß Texte aus dem Bestatterweblog 1:1 als Arbeit von Schülern eingereicht worden sind.
Eigentlich ziemlich doof, denn den Schülern müßte klar sein, daß auch Lehrer googeln können.

Im Gegensatz dazu freue ich mich immer sehr, wenn -oft Monate später- eine Rückmeldung von einem Anfragenden kommt. Wenn ich dann höre, daß mein Ratschlag zu einem guten Ergebnis beigetragen hat, dann finde ich das sehr schön.

Meine Frau schimpft oft, wenn ich manchmal noch in der Nacht hier sitze und Zuschriften beantworte. Aber ich möchte einfach keine Anfrage unbeantwortet lassen.
Es sind ja nun nicht so viele, daß ich es nicht mehr bewältigen könnte. Und wenn schon jemand so viel Vertrauen hat, und sich an mich wendet, dann -so finde ich- hat er auch eine Antwort verdient.

Ich gehe ja auch immer wieder in Schulen, sei es in meiner Eigenschaft als Schriftsteller oder als Bestatter.
Da bin ich immer sehr angetan, wenn ich sehe, daß die jungen Leute sich doch für meine Schilderungen interessieren. Man sagt denen ja allzu bereitwillig Ignoranz und Tumbheit nach.

So lange das Interesse noch da ist, werde ich tapfer weitermachen.

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(©si)