Wir machen bei Beerdigungen Bild- und Tonaufnahmen in höchster Qualität. Genauergesagt nicht wir, sondern Herr Philippi, ein Berufsfotograf. Eigentlich ist Herr Philippi Hochzeitsfotograf, aber das tut der Sache keinen Abbruch, im Gegenteil: geheiratet wird vorwiegend zum Wochenende hin und beerdigt mehr unter der Woche, das paßt.
Diese Dienstleistung bieten wir den Kunden, bei denen wir das für angemessen halten, an und haben sehr gute Erfolge damit. Die Kunden müssen zwischen 180 und 400 Euro bezahlen, je nachdem was sie wollen. Das ist nicht gerade wenig, aber die Ergebnisse können sich dafür auch sehen lassen.
Zwar meinen viele, irgendein Neffe oder Schwager mit der Digiknipse aus dem Elektromarkt könne das selbst machen, ja hin und wieder entpuppt sich der Fotoapparat des Schwagers sogar als Handykamera, doch sorgen schlechte Beleuchtung und die gesamten Umstände auf der Beerdigung oft genug dafür, daß die Ergebnisse eher bescheiden ausfallen.
Sogar das, was auf dem Handy- oder Kameradisplay noch ganz brauchbar aussah, kann man ausgedruckt niemandem mehr zumuten.
Grundsätzlich ist aber zu sagen, daß wir uns beim Anbieten dieser Dienstleistung nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, weil wir wissen, daß viele Leute das einfach nicht haben wollen und es sich auch nicht vorstellen können.
Nach wie vor machen wir von jedem Verstorbenen ein Foto mit Sarg. Es dient uns zur Qualitätssicherung und auch als Beweis, falls es hinterher mal heißt, wir hätten vergessen das Glasauge zu ölen oder sowas.
Immer mehr Kunden fotografieren aber auch selbst bei der Beerdigung. Die Handykameras machen es möglich, das auch unauffällig zu tun.
Und wenn man es tut, sollte man es eben auch unauffällig tun. Nichts ist peinlicher, als ein Trauergast, der mit einem Selfiestick durch die Gegend läuft.
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„Die Kunden müssen zwischen 180 und 400 Euro bezahlen, je nachdem was sie wollen. Das ist nicht gerade wenig, aber die Ergebnisse können sich dafür auch sehen lassen.“
Wenn es ein wirklicher Profi ist und das Ergebnis gut ist, dann scheint mir der Preis angemessen. Auch darf man annehmen, daß sich ein Profi zu bewegen weiß und während der Trauerfeier nicht allzu störend in Erscheinung tritt. Alles in allem eine Sache, die man guten Gewissens anbieten kann.
Mich bat mal einmal Freund bei der Beerdigung seines Vaters Video-Aufnahmen zu machen. Ich war etwas verstört, weil ich von Beerdigungsvideos noch nie gehört hatte und es mir auch unangebracht erschien. Da es aber ein guter Freund ist und ich ihm ein eben so guter sein wollte, sagte ich dann schließlich zu – zumal es sich auch seine Mutter gewünscht hatte.
Ich stand mit der Kamera ganz hinten in der Kirche und hielt sie in der einen Hand während ich mit der anderen einen Zettel seitlich am Körper hielt, auf dem Stand: „Film entsteht auf ausdrücklichen Wunsch der Familie“. Mir war es irgendwie furchtbar peinlich, aber was tut man nicht alles für Freunde?
Zudem war ich nicht der einzige Leidtragende. Ein anderer Freund hatte den Auftrag bekommen Fotos zu machen und tat sich auch nicht so leicht mit seiner Aufgabe.
Gemeinsam bemühten wir uns, den Wünschen unseres Freundes nachzukommen, aber trotzdem im Hintergrund zu bleiben und „so unsichtbar wie nur irgend möglich zu sein“. Aber natürlich wurden wir von fast jedem der Trauergäste wahrgenommen – besonders so lange noch Leute hereinkamen.
Nach ca. 1 Std. erlöste mich dann der Akku der DV-Camera und das Gerät schaltete sich ab. Ich schlich mich so leise wie möglich hinaus in den Vorraum der Kirche, um dort im Rucksack meines Freundes nach einem möglichen Ersatz-Akku zu suchen, fand nichts und entschloss mich das Gerät dann gleich ganz einzupacken.
Zur gleichen Zeit warteten im Vorraum auch schon die Sargträger. Einer von ihnen starrte mich die ganze Zeit über mit einem verachtenden Blick an. Auch mehrfaches entschuldigendes Schulterzucken meinerseits, brachte ihn nicht dazu wegzugucken oder seinen Gesichtsausdruck zu ändern. Im Nachhinein ärgert mich das Geglotze zwar, aber in solchen Situationen hat man selten die Möglichkeit sich zu erklären. (Der Vorraum war nicht Schalldicht. Man hätte in der Kirche jedes noch so leise Gespräch gehört.)
Ich war froh, als es dann vorbei war und ich wieder ein normaler Trauergast sein drufte.
Etwa ein Jahr später starb nun leider auch noch die Mutter meines Freundes. In der darauf folgenden Zeit telefonierte ich mehrmals mit ihm und seiner Frau zwecks Anteilsnahme aber auch wegen anderer Dinge. Manchmal will man die Leute auch auf andere Gedanken bringen. In einem dieser Gespräche meinte mein Freund dann ganz unvermittelt: „Ach wegen der Beerdigung meiner Mutter am Freitag, hab ich noch eine Bitte an Dich: Könntest Du diesmal auch wieder die Videoaufnahmen machen?“ Einen Moment lang stockte mir der Atem und es lief mir Kalt den Rücken herunter. Bitte nicht schon wieder! Nach ein paar Sekunden hörte ich ihn am anderen Ende lachen und er sagte: „Keine Sorge! War nur ein Scherz.“
Naja, wer sagt denn, dass man in der Trauerzeit nicht auch mal Lachen darf?
(Aber der Schreck saß mir noch Stunden später in den Knochen.)
Also gegenüber einem ganztägigen Einsatz für einen Hochzeitsfotographen kommt man dabei doch noch günstig weg.
Die Leute wissen in der Regel eben auch was sie tun, was geht und was nicht. Und: Sie bringen Equipment mit das für die Situation geeignet ist.
Die Bilder sind wichtig, damit die Witwe später sieht, wer heimlich da war, wer richtig geheult hat oder bloß ernst guckte, oder ob jemand ein scheinbares Lächeln auf hat. Also mein Ding ist es nicht, nichts dagegen hätt ich vor der Gaststätte, in der der anschliessend noch zusammengesessen wird, ein Gruppenfoto oder drinnen 2-3 einzelne Tischübersichten.