Was passiert mit den Verstorbenen, die in Südeuropa überirdisch in Wandnischen oder Mausoleen beigesetzt werden?
Ruhezeit abgelaufen – und dann?
Überirdische Bestattung in Spanien: Was mit den Verstorbenen nach Ablauf der Mietzeit geschieht
Wer zum ersten Mal einen spanischen Friedhof betritt, reibt sich mitunter verwundert die Augen: Keine weiten Grabfelder, keine wuchernden Grabsteine, keine Einfassungen mit Kieselsteinen. Stattdessen meterhohe Mauern mit Grabplatten, die an überdimensionierte Postfächer erinnern. Hier liegen die Toten in Reihen über- und nebeneinander – ordentlich, platzsparend, gut verwaltet. Keine Packstation aus alten Zeiten, sondern eine Beisetzungswand. Hinter den Grabplatten befinden sich die Särge mit den Verstorbenen.
Wandnischen statt Erdgrab
Die in Spanien weit verbreitete Form der Bestattung erfolgt überirdisch, in sogenannten Nichos oder Nicheras. Dabei handelt es sich um gemauerte Kammern in einer Friedhofswand, meist aus Beton oder Marmor, die mit einer Grabplatte verschlossen werden. Ein einfacher Blumenschmuck, ein Kachelbild der Madonna oder ein eingerahmtes Porträt zieren die Gedenkstelle. Es wirkt schmucklos, aber keineswegs lieblos – eher nüchtern und funktional.
Doch was viele nicht wissen: Diese Nischen sind nicht für die Ewigkeit gedacht. In Spanien werden Grabstellen nicht gekauft, sondern gemietet – meist für 10, 20 oder 30 Jahre. Und dann?
Was passiert nach Ablauf der Ruhezeit?
Spätestens mit dem Ablauf der vertraglich vereinbarten Ruhezeit steht die Frage im Raum: Was geschieht mit den sterblichen Überresten?
1. Verlängern oder räumen
Die Friedhofsverwaltung benachrichtigt – sofern auffindbar – die Angehörigen. Diese haben nun drei Optionen:
- die Miete verlängern,
- die Gebeine umbetten (etwa nach Einäscherung in ein Urnengrab oder die Knochen in ein Ossarium),
- oder die Einäscherung veranlassen, ohne dass Asche beigesetzt wird.
2. Keine Rückmeldung – kein Problem
Erfolgt keine Reaktion oder Zahlung, wird die Nische geräumt. Das klingt hart, ist aber gängige Praxis. Die Exhumierung erfolgt durch geschulte Friedhofsmitarbeiter. Die sterblichen Überreste werden in ein Sammelgrab (Osario) überführt – ein unterirdisches Beinhaus, in dem bereits viele andere Verstorbene ruhen. Einzeln gekennzeichnet ist dort niemand mehr.
3. Wenn sich der Körper nicht zersetzt hat
In seltenen Fällen – etwa bei luftdicht verschlossenen Nischen – kann es sein, dass sich der Leichnam nicht vollständig zersetzt hat. In solchen Fällen wird der Körper nachbehandelt: etwa durch Kalk, chemische Mittel/Desinfektion oder in Ausnahmefällen durch eine nachträgliche Kremation.
4. Wiedervermietung
Nach der Leerung und Reinigung steht die Nische wieder zur Verfügung – und wird an den nächsten Verstorbenen vermietet. Ein Friedhof als Kreislaufsystem, streng nach Plan.
Ein pragmatischer Umgang mit dem Tod
In Spanien gilt ein anderer Umgang mit Tod und Vergänglichkeit. Die Vorstellung, dass ein Grab für „immer“ bestehen müsse, ist dort kaum verbreitet. Der Tod wird als Teil des Lebens akzeptiert – und das heißt auch: Die Grabstätte ist ein Ort auf Zeit.
Was uns Mitteleuropäern manchmal etwas nüchtern erscheint, hat einen nachvollziehbaren Hintergrund: Platzmangel, städtische Dichte, katholisch geprägte Friedhofskultur – und eine andere Sichtweise auf den Körper nach dem Tod. Viele Spanier sagen: Die Seele ist längst woanders. Der Körper ist vergänglich – und darf es auch sein.
Fazit
Auch wenn es für manche ungewohnt klingt: Die „Räumung“ nach Ablauf der Ruhezeit ist in Spanien nichts Anstößiges, sondern ein normaler, geregelter Bestandteil des Friedhofsbetriebs. Es ist ein Konzept, das weniger auf Ewigkeit, dafür mehr auf Struktur setzt – und damit dem Tod eine gewisse Klarheit gibt.
- spanien-urnennischen: Peter Wilhelm KI
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