Schlappe 300 Euro verlangt die Bestattung Wien für den Herzstich mit dem Dolch. Immer noch ist diese Dienstleistung im Katalog des Wiener Bestattungsunternehmens enthalten, die früher wohl häufiger mal bestellt worden ist. Zu allen Zeiten hatten die Menschen Angst davor, lebendig begraben zu werden. Vor allem seit der Zeit der Aufklärung machten sich auch Erfinder Gedanken darüber, wie man wirkungsvoll im Falle eines Scheintodes auf sich aufmerksam machen kann. Hierzu wurden die absonderlichsten Apparate erdacht. Vom einfachen Hammer, der mit in den Sarg gelegt wurde und ein lautes Klopfen ermöglichen sollte, bis hin zu komplizierten Seilzugmechanismen, bei denen ein Ende des Seiles am „Verstorbenen“ befestigt wurde und das andere in der Stube des Friedhofswärters an einer Glocke befestigt war.
Bis vor ganz kurzer Zeit war auch in der Leichenkammer eines hiesigen Krankenhauses noch ein Klingelknopf angebracht. Zwar wurde in neuerer Zeit immer behauptet, das sei ein Alarmknopf den man betätigen solle, falls man als Mitarbeiter versehentlich im eiskalten Kühlraum eingeschlossen sei, denkt man aber nach, kommt man schnell dahinter, daß der Klingelknopf aus den Frühjahren der Elektrizität stammt und damals dort noch gar keine Kühlung mit klinkenloser Tür eingebaut war.
In der Leichenhalle eines alten Krematoriums war es so, daß den Verstorbenen mit Kontakten und Kabeln versehene Wäscheklammern zwischen die steifen Finger geklemmt wurden; das sollte einen Alarm auslösen, falls einer mal wieder zum Leben erwacht. Die Apparatur soll nur wenige Monate in Betrieb gewesen sein, denn durch das langsame Lösen der Totenstarre, hatten zu viele Tote geklingelt. Ein Fall von Scheintod jedenfalls ist durch diese Apparatur nie aufgedeckt worden.
Wer also ganz sicher gehen will, der kann auch heute noch in Wien den 300 Euro teuren Herzstich bestellen, zwar wird dadurch kein Fall von Scheintod aufgedeckt, aber man ist auf jeden Fall ganz sicher tot, wenn der Deckel dann auf den Sarg geschraubt wird.
Auch heute noch ist der Scheintod ein beliebtes Thema bei Tagen der offenen Tür in den diversen Bestattungseinrichtungen. Im Alltag der Bestattung hingegen wird diese Frage nicht gestellt.
Immer mal wieder geistern Geschichten von Scheintoten durch die Presse, doch den meisten ist gemeinsam, daß sie sich irgendwo im weit entfernten Ausland zugetragen haben sollen. Meist hat gar keine Leichenschau stattgefunden und bei einem besonders spektakulären Fall in Chile, hatte gar die Großmutter des Hauses den angeblich verstorbenen Mann selbst für tot erklärt und abholen lassen.
Der war dann aber mit der Entscheidung seiner Frau nicht einverstanden und erhob sich trotz seiner 92 Jahre einen Tag später nach einem langen, tiefen Schaf aus dem aufgebahrten Sarg, gerade noch rechtzeitig, bevor die Männer mit dem Deckel kamen.
In aktueller Zeit ist mir persönlich kein Fall von Scheintod bekannt. Die ärztlichen Untersuchungen und durch die steigende Zahl der Feuerbestattungen auch die zweite ärztliche Untersuchung, stellen ziemlich sicher, daß die Leute auch wirklich tot sind. Hinzu kommt die vor allem in Großstädten doch recht lange Zeit von oft bis zu einer Woche und mehr, die vergeht, bis jemand beigesetzt oder eingeäschert wird.
Nach wie vor bleibt aber meine (und die der meisten Bestatter) Forderung bestehen: Es muß eine geregelte spezialisierte Leichenschau her. Jeder Augenarzt kann einen Totenschein ausstellen, von vielen Hausärzten weiß ich durch eigene Anschauung (oft werden wir gerufen, wenn die noch zugange sind), daß sie nur mal eben schauen und sich weitestgehend auf die Angaben der Familie verlassen.
Als besonders deutliches Beispiel nenne ich immer die oberbayerische Großmutter, die verstorben ist, von der Familie gewaschen und in ihr bestes G’wand gekleidet wurde und nun mit dem Rosenkranz in den gefalteten Händen, umringt von brennenden Kerzen und nicht brennenden Angehörigen daliegt. Wenn nun der Hausarzt endlich aus der Stadt kommt, meint denn irgendeiner, der wagt es, die Verstorbene noch einmal komplett zu entkleiden, damit er auch alle Körperöffnungen inspizieren und nach Totenflecken usw. suchen kann?
Einige Hausärzte brauchen gerade einmal zwei Minuten um eine Leichenschau durchzuführen und manch einer bringt den Totenschein schon fertig ausgefüllt aus der Praxis mit.
Mir machen da allerdings weniger die Scheintoten Sorge, sondern vielmehr teile ich da die Meinung führender Kriminalisten, die wie ich der Meinung sind, daß durch die lasche Handhabung der Leichenschau so manche Erbangelegenheit auf dem schnellen Weg geregelt und manche andere Familienangelegenheit aus der Welt geschafft wurde.
Ein Kripo-Beamter sagte mal zu mir: „Bevor sich die Oma das mit dem Häuschen noch anders überlegt, kurz das Kissen aufs Gesicht und dann den Hausarzt rufen. Die war sowieso alt, sowieso krank, also wird er keine Zweifel haben und sein Kreuzchen bei ’natürliche Todesursache‘ machen. CSI gibt’s nur im Fernsehen.“
Ganz sicher könnte man nur sein, wenn alle Toten obduziert würden. Das können aber die entsprechenden rechtsmedizinischen und klinischen Institute nicht leisten und das fordern selbst die Kriminalisten nicht. Was gefordert wird, ist eine fachgerechte und ausreichende Leichenschau durch Experten, die besonders dafür geschult sind und die die Leichenschau auch sicher und zuverlässig durchführen. Das könnten sehr gut Ärzte mit einem entsprechenden Zusatzzertifikat sein, es müssen aber nicht einmal zwangsläufig Mediziner sein. Es geht bei der Leichenschau, wie sie gefordert wird, nicht darum vor Ort schon die Todesursache in allen Einzelheiten zu ermitteln, sondern festzustellen, ob da alles mit rechten Dingen zugegangen ist und im Zweifelsfall eine nähere Untersuchung durch einen noch spezialisierteren Fachmann anzuordnen.
Zumindest wäre man dann vor dem Scheintod sicher und könnte sich auch die 300 Euro für den Wiener Herzstich sparen.
Ich würde ja lieber 300 Euro bereitstellen, damit ein Arzt mich richtig untersucht und im Falle eines Scheintodes vor dem versehentlichen Begraben bewahrt, denn eins ist sicher: Nach dem Dolchstich ist man in jedem Falle hin.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: euro, für, herz, stech
Dass die Österreicher… „besonders“ sind, war ja schon länger klar, aber einen Herzstich für 300 Euro, um sicherzustellen, dass jemand auch wirklich tot ist? Das ist richtig schräg…
Im Übrigen finde ich Toms Hinweis auf ungenügende Leichenschau interessant – ich habe schon mal gehört, dass etliche Morde unentdeckt bleiben, weil die Leichenschau sehr nachlässig gemacht wird. Dass bei Gier das Hirn (und die Moral) aussetzt, können wir ja dank der Wirtschaftskrise jeden Tag im Fernsehen bewundern, also ist es nicht überraschend, dass das im Privaten auch passiert.
@ Tom.
Aus dem Bekanntenkreis weiss ich, dass, in manchen ländlichen Gebieten, gelegentlich ältere Leute noch auf „Sicherheitsmaßnamen“ wie Dolchstich oder das öffnen der Pulsaden wert legen.
Würdest du, wenn ein zukünftiger „Kunde“ so etwas im Rahmen einer Bestattungsverfügung wünscht, so etwas veranlassen oder selbst durchführen?
Best regards,
nobody
Muss ich mir jetzt wirklich vorstellen, dass der Bestatter tatsächlich dem Verstorbenen noch mal einen Dolch ins Herz rammt?
Wir schreiben das Jahr 2009. Dies sind die Abenteuer der verwirrten Ma Rode, die auszog, um das Bestatterweblog zu lesen und dabei umheimliche Geschichten zu entdecken …
Wow das ist wirklich sehr krass.
Aber ich muss Tom Recht geben, ich finde auch ( und ich bin noch garnicht so lange in dieserm Beruf ) dass die Ärzte bezüglich der Leichenschau ziemlich schludern, auch kommt es oft bis sehr oft vor, dass die Ärzte dann noch die Totenscheine falsch ausfüllen, weil sie sich nicht einmal den Personalausweis zeigen lassen und dadurch entsteht zusätzlicher Papierkram mit zusätzlicher Hin und Herfahrerei.
Wie machst du das eigentlich Tom, wenn Ärzte Totenscheine falsch ausstellen und dir dafür unnötige Wegstrecken entstehen?
Oder lässt du es dir bringen?
Danke für deinen Artikel, ein Thema was wirklich mal angeschnitten werden muss.
Den absoluten Brüller in der Richtung habe ich während eines KIT-Einsatzes mal mit einem Hausarzt gehabt. Der Verstorbene war, um es vorsichtig auszudrücken, mehr als vollschlank und lag durch ein Leintuch VOLLKOMMEN zugedeckt im Flur der Wohnung. Es war also nicht ersichtlich ob sich unter besagtem Tuch ein Mensch oder fünf Sack Zement befinden. Der Hausarzt kam zur Tür herein, sah auf das Tuch ….,….und setzte sich an den Tisch um die Papiere auszufüllen !! In einem anderen Fall (wir waren zu zweit im Einsatz) ging meine Kollegin (zum Glück angehende Ärztin) mit der Leichenschauärztin ins Schlafzimmer um ihr bei der Leichenschau zu helfen. Als sie nach 45(!!) Minuten wieder herauskamen und ich meiner Kollegin zuflüsterte was sie um alles in der Welt getrieben hätten kam nur ein wütendes „später“ zurück. Frau Leichenschauärztin war, wie sie mir später dann erklärte, ins Zimmer gegangen, hatte innerhalb von 3-4 Minuten die Leichenschau durchgeführt..,…und stand dann mit den Unterlagen in der Hand, da mit den Worten: „Ja was muss ich den da jetzt wo ausfüllen und wo kommt… Weiterlesen »
Mal ganz abgesehen von der Sinnfrage des Herzstichs, was um alles in der Welt kostet daran DREIHUNDERT Euro?
Also, ich würde auch für dreihundert Euro keiner Leiche einen Dolch ins Herz rammen wollen….
Wie verhaltet ihr euch denn, wenn ihr bemerkt, dass, obwohl eine natuerliche Todesursache eingetragen ist, vermutlich doch beim Weg vom Leben zum Tod etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist?
Immerhin verbringt ihr noch geraume Zeit sehr nah am Verstorbenen und bekommt so vielleicht Spuren zu sehen, die bei einer oberflaechlichen drei-Minuten-Beschau der bekleideten Person nicht festgestellt wurden.
@ 8: Es ist tatsächlich so,daß Bestatter bei der hygienischen Versorgung schon merkwürdige Gegebenheiten an Verstorbenen entdeckt haben,die sich später dann als Stich- und Schußwunden herausstellten. Im Zweifel bittet man einfach den Experten von der Kripo,mal nachzuschauen.
@ 5: Wenn man Bestatter fragt,können die viel zu oft von solch Fällen und zu hohen Honorarrechnungen berichten. Soweit mir gesagt wurde haben Gerichte schon entschieden,daß der Arzt für solch Abholungen der Bescheinigung den Bestatter bezahlen muß.
Allg.: Rechtsmediziner sprechen von ca.1200-2400 unendeckten Straftaten/Jahr. Aus kriminal- und rechtspolitischer Sicht besteht demanch die Forderung nach einem professionellen und spezialisierten Fachmann (früher Leichenschauer). Auch zivilrechtlich können Fragen der Leichenschau wichtig werden (zB. bei Versicherungensfällen).In den USA,wo es hierfür den Coroner/Medical Examiner gibt,ist es ein geschulter Fachmann,der behördlich tätig ist (z.B. Sheriffs- oder Public Safety-Department).
Äh,ohne Unbehagen stiften zu wollen: Die Scheintot-Fälle in Deutschland 2002 (Mettmann),1997 (Hamburg) und 1995 (Staßfurt) sind trotzdem aber wohl eher die Ausnahme,wenn man die Umstände betrachtet.
Ich koennte mir vorstellen, dass ein Kissen im Gesicht nicht immer nur auf Gier zurueckzufuehren ist.
Manchmal sind die Angehoerigen irgendwann einfach ueberfordert oder der Opa machte nicht mehr den Eindruck, als wolle er noch laenger leben.
Warum nicht noch gleich einen Holzpflock, damit der Verstorbene nicht gar als „Wiedergänger“ landläufig auch als Vampir bezeichnet, wieder auftaucht? Bei Wien denke ich dann an die geographische Nähe zu Ungarn, Rumänien und somit Transsylvanien und dann geht die Fantasie gänzlich mit mir durch und der nächste John Sinclair-Band gestaltet sich in meinem Kopf. Danke Tom, kostenlose Inspiration!
Also theoretisch kann man mit einem Herzstich schon einen Scheintod aufdecken. Wenn es so richtig blutet, dann hat der betreffende bis zum Stich noch gelebt. Allein diese Aufdeckung nützt dem betroffenen nichts.
Die Sache mit der Klingel für die Mitarbeiter ist auch witzlos, weil Türen von Kühlräumen auch dann von innen zu öffnen sein müssen, wenn sie von aussen verschlossen sind. Ansonsten spielen die Berufsgenossenschaften nicht mit.
@Michael: Bei uns im Pflegeheim ist das aber nicht so. Wir legen immer einen Holzklotz dazwischen.
Gern gesehen ist ja, wenn der Hausarzt erreicht wird. Er kannte seinen Patienten und seine Vorerkrankungen. Den Scheintod kann man nach seiner Untersuchung ausschliessen, doch wie unvoreingenommen ist seine Leichenschau?
Seit in unserer Stadt nicht mehr jeder zufällige Notdienstarzt zur Leichenschau kommt, sondern solche, die extra zu diesen Dienst abrufbereit sind, ist zu beobachten, dass die Sorgfalt bei der Untersuchung und Abfassung der Dokumente deutlich größer geworden ist.
@Andreas: Zum Glück sind solche Beispiele bei uns alte Vergangenheit, und solche, die gleich die Hand hinhalten und Sofortkasse wünschen einzelne Ausreißer.
als Buchtipp
von Hans Bankl
„Im Rücken steckt das Messer: Geschichten aus der Gerichtsmedizin“
Zu 12:
^^Also theoretisch kann man mit einem Herzstich schon einen Scheintod aufdecken. Wenn es so richtig blutet, dann hat der betreffende bis zum Stich noch gelebt. Allein diese Aufdeckung nützt dem betroffenen nichts.^^
Stimmt, er ist dann tot und der Bestatter ein Moerder. Oder sehe ich das falsch?
den Stich ins Herz könnte man sicher auch günstiger bekommen 😉
[img]http://forumimage.ru/uploads/20090513/124221688777561971.jpg[/img]
ansonsten wäre es auch sicher, eine Einbalsamierung zu verfügen. Mit dem Formalyn
in der Blutbahn ist ein (böses) Erwachen unter Tage sicher auszuschließen.
[quote=“Ulli“]Stimmt, er ist dann tot und der Bestatter ein Moerder. Oder sehe ich das falsch?
[/quote]
…er ist dann allerhöchstens ein „fahrlässiger Töter“
best regards, nobody
Sowas kann nur aus Wien kommen. Morbides Volk!
🙂 Lechthaler
Ich find das auch wirklich schlimm, dass jeder Arzt so eine Leichenschau durchführen darf. Man will nicht wirklich wissen, wie viele Erbvorgänge dadurch beschleunigt wurden…
Muss ich unbedingt buchen.
Mit anschliessender Kremierung.
Könnte bei der 2. Leichenschau interessant werden!
Ja wir in Wien haben es nicht leicht 😉
In den 300 €uro sind aber auch eine nicht-Saufgebühr enthalten.
Das bedeutet:
Bei der Wiener-Bestattung arbeiten nur wenige Nüchterne und diese Mitarbeiter muß man einfliegen.
Tscha – ich wurde von der örtlichen Polizei auch schon etwas erstaunt angeschaut, als ich bat, mir doch zu helfen, einen ca. 140kg-Körper nach der Entkleidung auf den Bauch zu drehen. Hinterher sagte mir ein Beamter, dass ich wohl zu den wenigen Ärzten gehöre, die Leichenschauen anständig durchführen… @ Andreas: Das habe ich bislang noch nicht gemacht, kann aber die Gründe gut nachvollziehen: 25.12. eines Jahres; Anruf gegen Mitternacht – Leichenfund. Hinfahrt, erste Inspektion, Rücksprache mit den anwesenden Beamten, Entkleidung der Leiche, gründliche Leichenschau, Benachrichtigung der Kripo, Warten auf Selbige, zwischenzeitlich Ausfüllen der Papiere, Suche nach alten Medikamenten, Sicherstellen von Drogen etc., Besprechung mit den Kripobeamten, Hilfe bei der Spurensicherung. Rückfahrt. Duschen. Blick auf die Uhr: 2:30 Uhr. Rechnung gestellt: ca. 110,- Euro. Bezahlt wurde bis heute nicht. Hmpf. Und das war nicht der erste Fall. Nun vergleiche mal mit, hm, beispielsweise einem Schlüsseldienst… Feiertag, Nacht, Anfahrt, 2 1/2 Stunden Einsatz. Sicher mehr als meine Rechnung, oder?! Aber ich stimme Euch zu: Leichenschauen haben gefälligst ordentlich durchgeführt zu werden – an der entkleideten Leiche. Und… Weiterlesen »
Für das ins-Herz-Stechen hat der Bestatter dann sicher eine Fachkraft. Penetrationsassistent oder so.