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Einheitsmappen

Julius von Halmackenreuther-Schule, klar… Alle Bewerbungsmappen die so aussehen, kommen von Schülern dieser Schule. Das Foto exakt an der gleichen Stelle, der Text überall 1:1 identisch, nur die Namen, Noten und Daten unterscheiden sich. Als Standardbegründung für den Berufswunsch lesen ich überall den Einheitssatz: „…habe ich mich über Ihr Unternehmen informiert und möchte gerne was mit Menschen machen.“

Ein anderer Stapel auf der Fensterbank unterscheidet sich komplett von den Halmackenreuther-Mappen. Andere Stelle fürs Foto, die Texte komplett anders aber auch alle identisch, aha, das Ursulinen-Gymnasium, die Lehrer dort haben eine andere Vorlagenmappe, nach der sie stur vorgehen.

Natürlich gibt es Empfehlungen, Richtlinien und vermutlich gar eine EU- und NASA-geprüfte DIN-Norm nach RAL, die genau vorschreibt, wie so eine Bewerbung auszusehen hat. Aber wenn daraus erwächst, daß eine ganze Generation von Schülern lehrerdiktatorisch verordnete Einheitsbewerbungen abgeben, ist uns Personalentscheidern nicht geholfen

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Man muß sich doch mal vor Augen halten, daß (Personal)Chefs im Schnitt nur wenige Minuten bleiben, um eine Bewerbungsmappe anzuschauen. Dabei mag eine übersichtlich und einheitlich gestaltete Mappe zwar hilfreich sein, sie bietet aber kaum greifbare Informationen darüber ob der Bewerber geeignet ist oder nicht. Alles was man erkennen kann ist, daß der Bewerber die Vorstellungen seines Lehrers / der Arbeitsagentur / eines Bewerbungshelfers umsetzen kann.

Mir jedenfalls fallen solche Bewerbungsmappen besonders auf, die von der Norm abweichen. Leider weichen viele nach unten von der Norm ab und der Bewerber hätte auch gleich einen fettverschmierten Zettel mit den Buchstaben „Will nicht!“ abgeben können (und das obwohl er versucht hat, den diesjährigen Mappenstandard zu erfüllen), aber immer wieder sind auch Mappen dabei, die sich positiv nach oben vom Üblichen abheben.
Bewerbungsunterlagen, die aussagekräftig sind, die mir ein Bild vom Kandidaten vermitteln, die mir zeigen, was er kann, was er möchte und warum er zu uns passen könnte.
Wenigstens ein paar frei formulierte Sätze, ein paar Hinweise auf Interessen und Freizeitaktivitäten usw.

Sehr nervig finde ich die Kandidaten, die meinen, das alles ginge einen zukünftigen Ausbilder nichts an. „Was ich in meiner Freizeit mache, das ist ja wohl meine Sache“, sagte neulich mal ein Knülch zu mir. Sicher, irgendwo hat er Recht, aber gut, dann macht er seine Ausbildung eben woanders. Letztlich sind wir ein kleiner, überschaubarer und familiärer Betrieb, ich kann nicht zwei oder drei Fehlschüsse in einer 20köpfigen Auszubildendengruppe mitschleifen. Ich muß versuchen, durch die Bewerbungsmappe, das Bewerbungsgespräch und ein evtl. anschließendes Praktikum oder Probearbeiten herauszufinden, ob wir drei Jahre oder länger miteinander auskommen und dieser Mensch zu uns passt, uns keine Enttäuschungen bereitet und bei uns nicht enttäuscht wird.

Clever, wie ich finde, hat das Sarah gemacht. Sarah hat eine 08/15-Mappe abgeliefert, so wie es ihre Lehrerin vorgeschrieben und benotet hat. Nun sind ja Lehrer nicht gerade dafür bekannt, sich in der Berufswelt besonders gut auszukennen und auch die hilfreichen Tips der Eltern helfen nicht weiter, deren Erfahrungen mit Bewerbungen stammen auch zumeist aus dem letzten Jahrhundert.
Sarah hat die Vorgaben erfüllt, eine gute Note dafür bekommen und trotzdem nur eine nichtssagende Einheitsmappe erstellt. (Ich kann Arial 12 pt nicht mehr sehen!)
Doch sie hat sich hingesetzt und mit der Hand einfach noch eine Bewerbung geschrieben und mit in die Mappe gelegt. Darin schreibt sie, warum sie ausgerechnet diesen Beruf ergreifen möchte und weshalb sie meint, unser Unternehmen sei das Richtige. Sie schreibt über ihre Interessen, die familiären Hintergründe und zeigt deutlich Elan, schriftliches Ausdrucksvermögen und daß sie was erreichen will.
Sie lade ich auf jeden Fall ein.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#einheitsmappen

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(©si)