Menschen

Gehäuft

Es sieht im Garten von Nachbar Nasweis-Lästig aus, als sei dort die einzig wahre Wunderwaffe ganz aus Versehen explodiert. Dabei hat der pensionierte Oberstudienrat nur ein klitzekleines Problem: er hat einen Maulwurf.

Dieser kecke und halbblinde Geselle hatte es bereits in der vergangenen Woche gewagt, die knapp 40 Quadratmeter handgebürsteten englischen pommerschen Rasens mit einem Maulwurfshügel zu verzieren. Für den Maulwurf sicher keine große Sache, er wird schon so manchen Hügel in seinem Leben maulgeworfen haben.
Nasweis-Lästig allerdings fühlte sich gleich von Anfang an nicht zum Freund des Maulwurfs berufen und beschloß kurzerhand, den gar garstigen Rasenschänder zu meucheln.

Nun erwies es sich als Schlag ins Kontor, als der Oberschlesienrat mit dem Spaten auf den Haufen klopfte, denn ganz anders als Nasweis-Lästig es sich scheinbar eingebildet hatte, wohnt ja der Maulwurf bekanntlich nicht direkt in diesem Haufen.

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Also gab der alte Naseweis das Schlagen auf den Nasenwerfer auf, bewaffnete sich mit der 500 bar-Spritztülle seines gelben Kärcherspritzers und gnorzte dem Werfer gnarzig kaltes Wasser durch den plattgeschlagenen Haufen in den Bau, so etwa eine Nordsee voll.

Ich sah ihm bei diesem Treiben vom Fenster meines Büros zu und als der Pensionär mich entdeckte, rief er mir zu: „Ich mach ihn jetzt tot!“
Daraufhin winkte ich ihm ein ermunterndes Winken und stellte mich auf noch viele weitere Jagdepisoden ein.

Die nächste bekam ich gleich am nächsten Tag serviert, als gleich zwei neue Werferhügel die pommersche Grünlandschaft zierten. Der Maulwurf hatte sich wohl gedacht: ‚Doppelt geworfelt hält besser!‘ Wobei, wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht wirklich daran, daß ausgerechnet Maulwürfe zu weiterreichenden Gedanken als „Schmatz“ in der Lage sind. Ich hatte da mal einen Bekannten, der hatte auch so kleine Augen, der hat auch nicht weiter gedacht…

Nun gut, Nasweis-Lästig reagierte wie erwartet, er rief zur totalen Mobilmachung auf und schon am späten Vormittag rückte sein alter Kamerad, Professor Heribert von Schwachblas zu Bruntzenburg, mit einem Koffer voller Material an. Die beiden Altvorderen bestückten ihre Gesichter mit Gasmasken aus dem vorvorletzten Krieg, gaben sich damit das Aussehen frisch geschlüpfter Frischlinge und bugsierten längliche Dosen in NATO-Oliv in die zwei neuen Hügelbauten. Dann warfen sie sich auf den Boden und hielten sich die Ohren zu.

Unwillkürlich wollte ich hinter meinem Bürofenster schon dasselbe tun, doch dann kam mir der Zeitraum bis zur vermeintlichen Detonation doch schon etwas lange vor. Das muß auch den beiden Kriegern so vorgekommen sein, denn zuerst hob der eine, dann der andere seinen Kopf, dann sahen sie sich fragend an und es war Freiherr zu Bruntzenburg, der sich zuerst aufrichtete und einen prüfenden Blick auf das Bumsrohr in Hügel Nummer 1 warf.
Doch erst als auch der alte Nasweis in den zweiten Hügel stierte, entschlossen sich die wohl ebenfalls altersschwachen Knallkörper unisono leise und ausschließlich „Zisch“ zu machen und eine schwächliche, schwefelgelbe Pupswolke in Richtung der maskierten Schweinenasen abzusondern.

„Ha!“ schrie Nasweis-Lästig, riß seinen Kampfgefährten hoch, nahm diesen in die Arme und vollführte mit dem alten Adelsmann, obwohl dieser gar nicht wollte, eine Art spätaztekischen Freudentanz.
„Wir haben ihn, das bringt ihn um!“

Für diesen Tag war das Spektakel vorbei, die beiden Helden und Maulwurfsbezwinger gönnten sich im Schatten eines Kastanienbaums ein Schlückchen Maibowle und freuten sich ob ihres grandiosen Sieges bei der Schlacht an den zwei bis drei Maulwurfshügeln.

Schon der nächste Tag brachte eine Überraschung, denn der Maulwurf hatte sich durch die Vergiftungs- und Explosionsattacke keineswegs ermorden lassen, sondern fleissig des Nächtens wieder maulgeworfen und einen neuen Haufen, fast schon pyramidalen Ausmaßes erzeugt.

Mit der einen Hand ließ Nasweis-Lästig den linken Gummigurt seiner Hosenträger immer wieder vor seinen Bauch schnalzen und mit der rechten Hand kratze er sich gedankenverloren am Kopf, während er aus sicherer Entfernung den neuen Haufen begutachtete.

Dann fiel sein Blick auf mich und er rief mir zu: „Ich werde das jetzt anders machen. Vom Hügel aus kommt man dem Kerl nicht bei, ich werde seinen Bau suchen und ihn dort dann ausgraben, jawoll!“

Ich winkte ihm wieder einmal aufmunternd zu und bewunderte den ganzen Vormittag den Elan des alten Mannes, der mit einer Spitzhacke buchstäblich jeden Quadratzentimeter seiner Wiese durchpflügte.
Wenigstens machte er dabei keinen sonderlichen Lärm. Die letzten drei Monate hatte er mich mit seinem neuen Hochdruckreiniger und vor allem mit seinem neuen Gartenhäcksler beinahe in den Wahnsinn getrieben.

Gerade lehne ich mich entspannt in meinem Schreibtischsessel zurück und schaue dem spitzhackenden Pensionär genußvoll zu, da geht die Tür auf und Sandy steckt ihren Kopf zur Tür herein: „Chef, der Manni will wissen ob Du weißt wo sein kleiner Klappspaten geblieben ist.“

Und obwohl der Klappspaten unter meinem Schreibtisch neben dem Papierkorb lehnt, schüttele ich vorsichtshalber mal den Kopf und nur ein leises Lächeln umspielt meine Lippen.

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(©si)