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Geschachert

Ich muß mich schon arg beherrschen, unter dem Tisch balle ich eine Hand zur Faust und stelle mir vor, in dieser Hand wäre jetzt in diesem Moment das dürre Hälschen von Frau Bausch-Törse. Hat die Zimtprinte doch gefragt: „Wie sieht’s denn aus? Ich hab‘ ja jetzt Ihre Rechnung bekommen und die ist ja doch ziemlich hoch. Wo doch jetzt aber die Wohnung ‚von mein Vater‘ aufgelöst wird, da könnten Sie doch sozusagen exklusiv und als Erster mal dahin fahren und sich ein paar schöne Stücke aussuchen. Wir verrechnen das dann einfach mit der Rechnung.“

Die Idee ist ja prima, aber wir leben ja nicht im Zeitalter des muschelorientierten Tauschhandels. Theoretisch könnte so ein Angebot ja auch mal ganz lukrativ sein, man weiß ja nicht was der alte Herr Bausch so gesammelt hat. Vielleicht wertvolle Taschenuhren, Gemälde oder willige Lustsklavinnen. Unter Umständen wäre da ja sogar etwas für mich dabei und vielleicht wäre der Erlös höher als durch Zahlung der Rechnung. Aber das mit den Lustsklavinnen muß ich mir sowieso aus dem Kopf schlagen, sonst würde mir meine Frau auf den Kopf schlagen und das mit dem Erlös relativiert sich sofort, denn Frau Bausch-Törse fügt noch hinzu: „Wenn Sie da ordentlich was finden, geben Sie mir einfach den Unterschied in bar, dann sind wir quitt!“

„Also“, sage ich seufzend, hole tief Luft und erkläre der Guten: „Wir machen das hier ja nicht aus Langeweile oder nur zum Spaß, sondern wir müssen da richtig Geld mit verdienen, mir wäre es also lieber, wenn Sie mir den Betrag einfach in bar bezahlen oder überweisen.“

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Damit wären ja eigentlich die Standpunkte geklärt und jeder normale Mensch wüßte jetzt wo der Hase langläuft. Nicht so aber Frau Bausch-Törse. Die meint nämlich:

„Sind Ihnen die Sachen von meinem Vater etwa nicht gut genug?“

„Ich kenne das Hab und Gut Ihres Vaters ja nicht und da mögen ja auch wirklich schöne Stücke dabei sein, aber wir arbeiten nunmal eben nur gegen Geld.“

„So geht das ja nicht!“ Frau Bausch-Törse ist entrüstet und ihre Stimme ist spitz und hoch geworden: „Sie haben ja auch nicht nur neue Sachen verwendet, um meinen Vater zu bestatten, nicht wahr?“

Was will die Tuss‘ von mir? Will sie mir jetzt unterstellen, wir hätten den Sarg oder die Totenwäsche wiederverwendet oder sowas?
Nein, das unterstellt sie nicht, sie spezifiziert nämlich sofort:

„Der Leichenwagen hat doch sicherlich schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und die ganze Büroeinrichtung ist ja auch nicht neu. Da könnten Sie ja im Gegenzug ruhig ein paar von den alten Sachen nehmen. Ich meine, der Typ der da die Haushaltsauflösung macht, der macht das doch auch so. Der hat sich schon die AMC-Töpfe, die Rheumadecken und die ganzen Vorwerk-Geräte an die Seite gestellt, die verkauft der im Internet und dafür nimmt der den ganzen anderen Krempel kostenlos mit. Warum geht das denn bei Ihnen nicht? Sind Sie etwa kein guter Geschäftsmann? Das wundert mich jetzt aber! Sollte denn so ein Klüngelskerl (1) ein gewiefterer Geschäftsmann sein als Sie?“

Das ist jetzt genau der Moment, in dem ich die Zicke würgen will, aber ich habe schon genug Leichen im Keller und außerdem hat sie sowieso etwas hervorquellende Augen, die würden bestimmt ganz herausquellen, das sähe häßlich aus und mir würde schlecht. Nein, ich lasse das heute mal mit dem Würgen, beherrsche mich und sage stattdessen:

„Ich glaube, wir haben alle Punkte besprochen, Sie wissen jetzt wie Sie bezahlen können, die Inzahlungnahme von Altwaren gehört jedenfalls definitiv nicht zu unseren Geschäftspraktiken.“

Dann schiebe ich ihr ihre Unterlagen über den Tisch, stehe auf und halte ihr die Bürotür auf. Normale Menschen würden jetzt verärgert aufstehen und wutentbrannt von dannen ziehen. Aber ich habe es ganz offensichtlich nicht mit einem normalen Menschen zu tun. Sie steht zwar auf und wendet sich auch zum Gehen, sagt aber noch:

„Na gut, ich schicke Ihnen heute Nachmittag mal meinen Mann vorbei, der kann Ihnen ja mal ein paar Stücke zeigen.“

Also eins ist sicher: Ich nehme nix von dem Krempel, außer vielleicht die Lustsklavinnen…

(1) Schrott- und/oder Lumpensammler

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