Es interessiert die Leute ja eigentlich gar nicht, wie ein Prozess ausgegangen ist. Wichtig für Ihren Umgang mit einem anderen Menschen ist da eher die Tatsache, daß der ja „immer von der Polizei abgeholt wird“ und „ständig seine Frau umbringt“ und daß ihm seine „Kinder weggenommen worden sind, die armen Kinder“.
Günther kehrte nach Hause zurück und stand vor dem Scherbenhaufen seiner Existenz.
Nun muß man wissen, daß Günther dazu neigt, seine Worte in leere Satzhülsen zu kleiden, sehr in Rätseln zu sprechen und immer wieder noch viel rätselhaftere Gegenfragen zu stellen.
Mit anderen Worten: Ich habe oft nicht verstanden, was er mir eigentlich sagen wollte.
Vielleicht sollte ich aber zunächst erzählen, wie ich Günther kennen gelernt habe.
Aber vielleicht ist es doch besser, wenn ich zuerst schildere, wie es mit Günther unmittelbar nach dem Prozess weiter gegangen ist. Dann wird auch klar, warum ich ihn so und unter diesen Umständen kennen lernte. Jedoch muß man bei dem nun Folgenden berücksichtigen, daß ich mir das aus den rätselhaften Erzählungen von Günther, die sicherlich auch stellenweise nur seine Sichtweise wiedergeben, zusammenfügen muß.
Günther wurde aus der Haft entlassen, vor dem Knast von seinen Kindern, die ein Blumensträußchen in den Händen hielten, erwartet und dann fuhren sie in das Wohnhaus und lebten dort glücklich und zufrieden.
Schön, nicht wahr?
Aber eben nicht wahr.
Ich habe selten eine Lebensgeschichte gehört, die so von Schicksalsschlägen und dramatischen Ereignissen erfüllt war, wie die von Günther. Und demnach ist auch klar, daß es nicht mit „heiler Welt“ weitergegangen ist.
Günther hatte sich vor den Vorfällen, die zu seiner Festnahme und Inhaftierung geführt hatten, gerade ein neues Auto gekauft. Ein russischer Geländewagen, mit dem man auch mal was Schweres für Haus und Garten transportieren konnte, auf Abzahlung.
Finanziell war es für Günther bis zu seiner Haftentlassung ganz gut weiter gelaufen. Alle anfallenden festen Beträge waren automatisch abgebucht worden, doch jetzt war das Ersparte aufgebraucht und das Konto gehörig im Minus.
Aber das würde schon werden, schließlich hatte er ja eine gute Position bei der Bahn und ging wie selbstverständlich davon aus, daß man ihn weiter beschäftigen würde, schließlich war seine Unschuld ja bewiesen und ein ordentliches Gericht hatte ihn von jeglicher Schuld frei gesprochen.
Mit dieser Hoffnung verließ Günther also nun das Gefängnis und als das große, blaue Eisentor hinter ihm krächzend und quietschend über die Stahlschiene am Boden rollte und schließlich den Ausgang der Justizanstalt verschloss, da war es, als nehme ihm jemand eine zentnerschwere Last von den Schultern. Minutenlang stand er da, mit geschlossenen Augen und saugte die frische Luft durch seine Nasenlöcher ein.
Es hupte und Günther öffnete die Augen und sah auf der anderen Straßenseite seinen neuen Geländewagen. Sein Freund Horst, ein ehemaliger Arbeitskollege, beugte sich aus dem heruntergekurbelten Fenster und rief: „Na Alter, wie sieht’s aus? Lust auf ’ne kleine Spritztour?“
Dabei hielt er den Zündschlüssel aus dem Fenster und klingelte mit den Schlüsseln.
Günther hatte sich schon innerlich darauf vorbereitet, mit der Straßenbahn nach Hause fahren zu müssen und freute sich, daß Horst sich den Schlüssel besorgt und ihm den Wagen zum Knast gefahren hatte.
Flugs warf er seine Sporttasche auf den Rücksitz, Horst rutschte rüber und Günther setze sich ans Steuer. „Mal sehen, ob ich das noch kann“, sagte er und steckte den Zündschlüssel ins Schloss.
„Das verlernt man nicht, das ist wie Radfahren, das steckt in einem drinne“, meinte Horst und schlug seinem Freund auf die Schulter: „Los, lass uns fahren!“
Günther hatte natürlich nichts verlernt, Horst hatte da vollkommen recht. Aber das half alles nichts.
Sie waren etwa drei Kilometer durch den um diese Tageszeit recht dünnen Stadtverkehr gefahren, da kam es an der Ecke Rudolfstraße/Goethestraße zu einem folgenschweren Unfall.
Eine 23jährige junge Frau hatte an einer Ampel nicht angehalten und Günther rauschte ihr mit knapp 50 Sachen trocken und knackig in die Seite ihres ebenfalls noch recht neuen VW-Polos.
Zwar kam die Frau dabei durch die Wucht fast auf dem Beifahrersitz ihres Volkswagens zum Sitzen, doch ist ihr, abgesehen von ein paar heftigen Prellungen, nichts weiter passiert. Horst hatte sich den Kopf angeschlagen und blutete aus einer Wunde über der rechten Augenbraue wie ein Schwein, aber auch ihm war nichts wirklich Ernsthaftes passiert.
Günther hingegen war in seinem Sitz so heftig nach vor geschleudert worden, daß er minutenlang wie tot in seinem Gurt hing.
Es folgte der übliche Auflauf von Neugierigen, dann rief jemand die Polizei und einen Krankenwagen und am Ende wurde Horst auf der Straße verpflastert, während Günther und die junge Frau in Krankenhäuser abtransportiert wurden.
Kurz erzählt wurde Günther schon am nächsten Tag wieder entlassen und abermals war es Horst, der ihn abholte.
Dieses Mal ohne Auto.
Das war nämlich kaputt, total kaputt.
„Komm, wir gehen nach Hause“, sagte Horst, hakte seinen Freund unter und meinte: „Da wär‘ noch was, was ich Dir sagen muß.“
„Was denn? Was Schlimmes?“
„Hm, schon…“
„Na, dann erzähl‘ mal, was soll mich jetzt noch aufregen können?“
Doch was Horst ihm erzählte, das regte Günther dann doch auf. Jutta, die Schwester seiner Frau, und Helmut, deren Mann, erhoben Anspruch auf das Haus von Günther und waren schon mehrfach mit dem Zollstock durch das Haus gegangen, so als sei es ihres.
„Wie kommen die denn dazu? Die haben doch den Kontakt zu uns abgebrochen. Was machen die in meinem Haus?“ regte sich Günther auf und Horst erklärte ihm: „Das wirst Du schon noch sehen. Jutta erbt einen Teil, das hat Deine Frau so verfügt und den Teil will Jutta haben. Du wirst sie also ausbezahlen müssen und da das Haus noch nicht abbezahlt ist, wird sich die Frage stellen, wer am Ende den längeren Atem hat.“
„Na, das ist ja wohl klar, den werde ich haben, das ist schließlich mein Haus. Da werde ich den längeren Atem haben“, wetterte Günther und die Leute in der Straßenbahn, die die beiden Freunde notgedrungen hatten nehmen müssen, drehten sich neugierig zu ihnen um.
„Auch finanziell?“ fragte Horst nach und fügte noch hinzu: „Recht haben und Recht bekommen – das sind manchmal zwei Paar Schuhe…“
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Wenn da kein ordentliches Testament da ist, dann erben die Kinder und IIRC eben auch Geschwister des/der Verstorbenen. Wobei ich nicht weiß, ob Geschwister „auch“ erben oder nur, wenn keine Kinder da sind.
Ehepartner bekommen jedenfalls nichts automatisch.
Salat
meine Güte spannend wie ne Gewitterflinte…WEEIITER !!!!!!
Oh Mann, der Günther scheint Unglück regelrecht anzuziehen … gibt oder gab es auch was Positives von ihm zu berichten?
Oh je, das geht nicht gut aus. Den Job wird er wohl verlieren, dadurch das Haus und das Auto nicht abbezahlen können. Irgendwas wird gedreht, dass er der Schuldige bei dem Autounfall ist. usw. Wie kommt Günthers Frau auf die Idee, ihre Schwester als Erbin einzusetzen? Oder ist das „rechtlich“ so. Und Günthers Kinder? Schauen die mit dem Ofenrohr ins Gebirge?
Tjaaaaa und wie kamst du denn da nun ins Spiel Tom?
Ohne Testament erben Kinder und Ehegatte.
@#5: Nicht ganz richtig….
Ehepartner bekommen eine Teil automatisch – aber nur einen kleinen. Dahinter steckt wohl, dass der Ehepartner (traditionell die Ehefrau 😉 ) nach dem Tod ein wenig abgesichert sein soll. Deshalb gehört etwa die „Mitgift“ dem Ehegatten. http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetzliche_Erbfolge#Ehegattenerbrecht
Automatisch erben vor allem eigene Kinder, sonst geht es „nach oben“ (Eltern/Großeltern/…) und zur Seite (Geschwister). http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetzliche_Erbfolge
@6 Ehegatten steht bei einem Todesfall 50% der Erbmasse zu. Die übrigen 50% können entweder freiverteilt werden oder wenn noch Kinder da sind bekommt jeder von den restlichen 50% 25% als Pflichtteil. Sollten keine Erben ersten Grades vorhanden sein (also Ehegatte, Kinder) tretten die Erben zweiten Grades in den Vordergrund (also z.B. Geschwister und Eltern der/des Verstorbenen).
Also wenn diese Schwester im Testament steht kann sie höchsten 37,5% vom gesamten Vermögen der Verstorbenen geerbt haben (und dies vermutlich auch nur von der Hälfte des Hauses (18,75%), da vermutlich beide im Grundbuch stehen. Ausserdem würde sie auch 18,75% der Schulden erben, welche an das Haus gebunden sind.)
Baldrian, wo ist denn nur mein Baldrian? Eine doppelte Portion bitte, schnell…
Ich werfe mal die Vermutung in die Waagschale, dass Jutta nicht ganz unschuldig am Tod von Günthers Frau ist…
@ 8
Auf die Details hab‘ ich extra verzichtet 😉 weil da steckt der Teufel drin.
Erbteil des Ehegatten z.B. sind nur 25% – die restlichen 25% sind Zugewinnausgleich im Todesfall. Zugewinngemeinschaft ist zwar der gesetzliche Regelfall, kann aber durch (notariellen) Ehevertrag ausgeschlossen sein. Da hat zwar Tom (noch) nichts drüber geschrieben, aber Berechnungen anstellen wäre verfrüht.
Also: ohne Testament bekommen Ehegatte und Kinder alles.
Aber hier gilt ohnehin murphys law: also gibt es ein Testament, in dem neben Günther auch die Schwester der Erblasserin bedacht ist – und die will Günther mit dem Argument „erbunwürdig“ ausbooten.
@ Winnie,
frag doch mal bei pharmama an, die hat sicherlich noch’n Fässchen davon im Lager 😉
@ Stefan: Ehegatten sind keine Erben ersten Grades. Immer dann, wenn keine Abkömmlinge da sind (z. B. Kinder, Enkelkinder usw.) kommen die Erben zweiten Grades zum Zug, auch neben einem vorhandenen Ehegatten. Wenn die Schwester im Testament steht, kann sie alles erben, je nachdem, wie der Erblasser/-in dies verfügt hat. Es gibt da keine prozentuale Beschränkung. Eventuell sind jedoch Pflichtteilsberechtigte durch die Erbeinsetzung enterbt worden, dann können diese besagten Pflichtteil beim Erben einfordern. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
…..guckt wie die Katz in Fahrplan…..
– weiter, bitte bite weiter schreiben! ^^ 😉
Wissen wir eigentlich inzwischen, wer denn jetzt der Mörder war, oder habe ich etwas verpasst?
Und müssen wir davon ausgehen, dass der arme Günther nicht nur seinen Job los ist sondern auch Probleme hat einen neuen zu finden, weil wer will den schon einen ehemaligen Sträfling einstellen…?
die schwester wird nun auch auf mysteriöse weise ums leben kommen-ihr mann gleich mit….und dann kommst du ins spiel…tom…nicht wahr ??
@all-die-Erbrechtler: Man hat ja jetzt einiges Richtiges, manches Verallgmeinerndes und auch die ein oder andere falsche Aussage gelesen. Ganz klar ist: Da Kinder da sind, kommen Geschwister nach der gesetzlichen Erbfolge nicht zum Zug.
[b]Aber[/b]:
[quote]
Jutta erbt einen Teil, [u]das hat Deine Frau so verfügt[/u]
[/quote]
Es gibt also offenbar ein Testament, so dass die gesetzliche Erbfolge höchstens noch für Reste (falls das Testament nicht das gesamte Vermögen abdeckt) oder ggf. Pflichtteilsansprüche von Interesse ist.
Wieso sollte Jutta ein Haus bekommen, das weder Günther noch seiner Frau gehört? Das Grundstück war doch nur gepachtet, oder? Solange er also weiterhin die Pacht bezahlt und der Vertrag weiterläuft gibt’s kein Problem. Wird der Vertrag gekündigt, hat Jutta immer noch nichts davon.
Ich hatte mal einen Bekannten den das Unglück auch irgendwie verfolgt hat:
– vom eigenen Vater in die Privatinsolvenz geritten (6-stellige Schulden mit Anfang 20)
– Arbeitsstelle verloren
– schwerstbehindertes Kind geboren
– Haus abgebrannt
– Arbeitsstelle erneut verloren
…alles innerhalb von wenigen Jahren. Es gibt Menschen, bei denen man sich echt fragt, warum es denen immer Sch…. auf den Kopf regnet.
… das Wohnhaus steht nicht auf dem gepachteten Garagenimbiss-Grundstück…
Ach herrje, was hat der denn bitte für eine blöde FRau gehabt? Wer vererbt denn etwas seiner Schwester wenn es gar keinen KOntakt gibt. Das soll man mal verstehen…
Oh Gott das kann doch nicht wahr sein! Da wird er endlich rausgelassen und dann passiert direkt auf dem Heimweg sowas?
Und dann erfährt er noch, dass sein Haus ihm nicht mehr gehören soll? Nee, das kanns nicht geben. Das ist unfair!