Frag doch den Undertaker

Haftet den Bestattern Leichengeruch an?

Stinken Bestatter nach Tod und Leiche? Viele, die diesen Geruch kennen, beschreiben ihn als süßlich und sehr durchdringend. Es ist bekannt, dass der Leichengeruch oft sehr lange wahrgenommen wird. Leserin Jennifer hat dazu eine Frage:

Meine Freundin ist in die Wohnung eines Bestatters gezogen. Nachdem sie aber eine Weile dort wohnt, hält sie es dort nicht aus. Sagt, dass ihre gesamte Wohnung nach einem Gemisch aus Leichengeruch und Patchouli riecht. Von einem Besuch in der Pathologie kennt sie diesen Geruch.

Ich persönlich kenne keinen Bestatter und ich habe auch noch niemals gehört, dass Wohnungen von Bestattern riechen würden oder Ähnliches. Wir können uns nicht vorstellen, dass man diesen Geruch so sehr mit nach Hause nehmen kann, dass danach die Wohnung riecht, selbst nach Auszug, ABER dennoch die Frage an Sie als Fachmann: Besteht – unter irgendwelchen Voraussetzungen – dennoch die Möglichkeit das dieser Geruch mitgebracht sein kann?

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Ich kenne hunderte von Bestattern. Mir ist noch nie aufgefallen, dass eine oder einer von denen in irgendeiner Weise unangenehm gerochen hat. Hmmm, Moment mal… Ich erinnere mich da an einen Schrat vom Bodensee, der so gerochen hat, als habe er sich noch nie in seinem Leben gewaschen…
Aber diesen typischen Leichengeruch habe ich tatsächlich noch nie bei einem Bestatter wahrgenommen.

Selbst die Bestattungswagen riechen nach einer einfachen Reinigung nicht mehr so. Auch die Räumlichkeiten in denen Verstorbene aufbewahrt werden, sind nach einer Desinfektion oder nach Verwendung der sehr beliebten Produkte auf Apfelessigbasis, olfaktorisch einwandfrei.

Deshalb halte ich es nicht nur für unwahrscheinlich, sondern sogar für ausgeschlossen, dass ein Bestatter an seiner Kleidung diesen Geruch in der Weise in seine Wohnung transportiert, dass dieser noch nach Wochen wahrnehmbar ist.

Es ist aber bekannt, dass die Wahrnehmung von Leichengeruch auch eine Kopfsache ist. Die Ursachen hierfür sind noch nicht ausreichend erforscht. Man weiß aber, dass Personen, die den Leichengeruch einmal wahrgenommen haben und denen bewußt ist, dass dieser von einem Verstorbenen stammt, auch noch sehr lange nach dem Abtransport des Leichnams an dieser Stelle meinen den Geruch wieder wahrzunehmen.

Langer, komplizierter Satz. Einfacher: Wenn man also Leichengeruch gerochen hat und auch weiß, dass er von einem Leichnam stammt, riecht man diesen Geruch auch noch, wenn der Leichnam längst weg ist. Andere Personen, die nichts von diesen Umständen wissen, riechen meist gar nichts.
Das läßt zwei Möglichkeiten zu: Einmal kann es sein, dass unser Geruchsgedächtnis diesen Geruch in besonderer Weise abspeichert. Dann könnte es sein, dass schon die allergeringsten Geruchspartikel wieder zu einer Wahrnehmung führen.
Oder aber, unser Gehirn speichert nur das Wissen um die Umstände ab und reagiert mit einer nicht tatsächlich vorhandenen Wahrnehmung.

Auch das kann seine Ursachen in der Frühzeit des aufrechten Gangs haben. Von Leichnamen geht eine gewisse Gefahr aus. Sie können wilde Tiere anlocken und deuten u.U. auch darauf hin, dass es an dieser Stelle gefährlich ist. So kann dieser Geruch also ein Warnzeichen sein.
Außerdem veranlaßt uns der Leichengeruch dazu, die Verstorbenen zu beseitigen, vulgo zu vergraben.

In diesem konkreten Fall hier kann es aber durchaus auch sein, dass es eine gewisse Geruchsähnlichkeit zwischen dem etwas modrig riechenden Patchouli und dem Leichengeruch gibt.
Ich erinnere mich daran, dass meine Frau mal „in Patchouli gebadet“ hatte und ein Bekannter dann fragte, ob sie im Sarg übernachtet habe.

Ich denke aber, dass man dem Geruch mit Chlor, Raumdüften und eventuell einem ozonbasierten Luftreinigungsgerät beikommen kann.

Andererseits kenne ich auch Negativbeispiele, die etwas anderes aussagen:

Die gute Anne war eine Freundin einer Freundin und hatte sich das Bein gebrochen, weshalb sie im Krankenhaus lag. Anne arbeitete auf dem Markt in einem Verkaufswagen für Bratfisch. Als wir sie im Krankenhaus besuchten, roch das ganze Krankenzimmer sehr stark nach „fettigem Löffel“, nach Pommes- und Fischfett. Trotz intensiver Körperreinigung haftete der jungen Frau dieser Geruch noch lange und stark an.

Ich habe einmal einem gebrauchten Rechner geschenkt bekommen. Der Vorbesitzer war Pfeifenraucher. Sobald ich diesen PC einschaltete, blies der Lüfter starken Tabakgeruch in den Raum. Selbst das Reinigen und Desinfizieren aller in Frage kommenden Teile brachte nichts. Erst nach über einem Jahr ließ der Geruch allmählich nach.

In einem Haus war das Kinder-/Jugendzimmer eine olfaktorische Hölle. Das dort vorher wohnende Mädchen hatte eine Vorliebe für Räucherstäbchen. Dieser Geruch hatte sich in den Tapeten festgesetzt. Selbst mit Überstreichen ging der nicht weg. Erst als alle Tapeten entfernt und durch neue ersetzt worden waren, legte sich der Räuchergestank.

Bild von Peter Novotny auf Pixabay

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