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Hanna und Ferdi VIII

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

Drinnen spielt die Orgel und ich räume das Kondolenzbuch samt Pult wieder weg. Der Friedhofsverwalter kommt mit drei Kollegen, alle in grauen Anzügen und wartet darauf, daß der Pfarrer den verborgenen Knopf unterm Rednerpult drückt, dann können sie nämlich feierlich hineinstapfen und -poltern und den Sarg hinausschieben.

Das Kaffeetrinken soll in der Gaststätte „Weserblick“ stattfinden, und obwohl dieses Lokal eine wunderschöne Terrasse hat, kann man von keiner Stelle aus die Weser sehen, das wäre auch ein geographisches Wunder, aber Egon der Wirt hatte mal eine Kneipe an der Weser, die hieß „Weserblick“ und seitdem nennt er alle seine Gaststätten so. Nun ja.

Aber schön ist es im „Weserblick“, da kann man eine große Ziehharmonikatür zuziehen und so vom Gastraum ein Nebenzimmer abteilen, da ist man unter sich. Ich war da auch schon häufiger, vor allem in der Spargelzeit. Egon kocht die beste Spargelcremesuppe der Welt, aber auch seine gefüllten Rumpsteaks sind erste Klasse.

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Etwa 30 Personen werden dort zusammenkommen, einige Nachbarn und Freunde und vor allem die Familie. Hanna, ihr Mann, Aloys, Ferdi und seine Tochter und natürlich die eigentliche Familie der Verstorbenen. Vor lauter Ferdi sind mir die Tochter und der Sohn des Franz Tekopens völlig entgangen, auch deren Ehepartner und vier junge Leute, wahrscheinlich die Enkel, sind gekommen und sitzen direkt jenseits des Ganges neben ihrem Vater und Großvater.
Insgesamt sind also doch sehr viel mehr Leute gekommen, als Tekopen ursprünglich gedacht hatte.

Ich könnte ja einfach dort Spargel essen gehen oder ich schleiche noch etwas um Herrn Tekopen herum, vielleicht lädt er mich ja ein? Die meisten Familien machen das, wenn sie sehen, daß man noch da ist, ich gehe so gut wie nie mit. Unter so vielen Fremden komme ich mir verloren vor und vielleicht denkt manch einer, ich sei nur gekommen, um auf die nächste Leich‘ zu lauern.

Aber zu gerne wüßte ich, wie es weitergeht.

Es ist vorbei.
Die Trauerfeier ist zu Ende, das dünne Gebimmel der altersschwachen Totenglocke zeigt an, daß wieder von jemandem Abschied genommen worden ist. Frau Tekopen wird wieder in ihre Kammer geschoben, am Nachmittag werden wir sie holen und zum Krematorium bringen. Zweimal hatte sich Herr Tekopen umentschieden, mal wollte er eine Erdbestattung, dann wieder Feuer…
Allein deswegen hätte ich über ihn schreiben können, aber das verblasste vor seiner Geschichte von Ferdi.

Nein, ich kann nicht dableiben, das wird mir peinlich. Während sich die Trauergäste vor der Kapelle sammeln und in Gruppen beieinander stehen, schaue ich noch einmal auf die Tekopen-Geschwister. Die zwei Brüder stehen beieinander, umringt von Franz Tekopens Familie, die den bislang unbekannten Onkel begrüßen und etwas abseits Hanna mit Mann und Bruder Aloys.

Man kann es Hanna nicht verdenken, daß sie ihren Bruder Ferdi ablehnt, hat er ihr doch -so glaubt sie es zumindest- in der schweren Zeit nach dem Krieg fast alles gestohlen, was sie besaß.
Es aufzuklären, daß es so nicht war und daß Ferdi unschuldig war, ja das obliegt nun Franz, demjenigen, der tatsächlich der Dieb gewesen ist.

Ich klappe den Kofferraum zu, werfe einen letzten Blick hinüber, steige ein und fahre weg.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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