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Herr Plietsch -2-

Jetzt war Herr Plietsch bei mir. Gegen Zwölf war er gekommen, dreiteiliger Anzug, Schlips, Mantel, Aktentasche, Pepita-Hütchen. In der Aktentasche brachte er mir einen Dokumentenordner und ich habe nicht schlecht gestaunt. Mutter Plietsch hat alles fein und ordentlich in sütterlingeschwängerter Schreibschrift aufgeschrieben. Wunderbar geordnet mit haargenauen Anweisungen für ihren Todesfall.

Das ist erstens vorbildlich und zweitens auch notwendig, denn Herr Plietsch ist alles andere als hilfreich. Ziemlich kopflos tippelt er zwischen den Särgen herum und kann sich nicht entscheiden. Er fragt mich immer, was er denn nehmen und was er denn machen soll. Auch gut. Mit den Anweisungen der Mutter entscheide ich für ihn und er ist sehr dankbar.

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Für den Fall der Fälle hat Frau Plietsch eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und für ihren Sohn eine beträchtliche Lebensversicherung. Außerdem gibt es die Abschrift eines Testaments, in dem sie verfügt, daß eine weitere Lebensversicherung für den Ankauf einer Wohnstätte in der Seniorenresidenz „St. Antonius“ dienen soll. Dort ist sogar schon eine Anzahlung geleistet worden.

„Das ist ja prima, die große Wohnung könnte ich gar nicht sauberhalten. Meine Mutter hat ja damals zwei Wohnungen zusammenlegen lassen“, meint Herr Plietsch und philosophiert darüber, ob er wohl in der Residenz wohl auf der Oboe tuten darf.

Was denn mit der Wohnung und der Einrichtung passiere, will ich wissen, doch das macht Herrn Plietsch wenig Sorgen. Das Haus gehöre ja jetzt sowieso ihm und auch um die anderen zwei Mietshäuser habe sich ja immer in vorbildlicher Weise ein Verwalter gekümmert. Nein, nein, das mache ihm keine Sorgen. Wenn Mutter will, daß er in die Residenz geht, dann geht er auch, die kochen und waschen wenigstens für ihn und die Wohnung wird er nach und nach auflösen.

Frau Plietsch hat sogar eine Liste geschrieben, auf der alle Personen aufgelistet sind, die zur Beerdigung eingeladen werden sollen. Einige sind rot durchgestrichen, vermutlich sind diejenigen bereits vor ihr verstorben.

Während ich noch in den Unterlagen blättere, kramt Herr Plietsch unten aus seiner Aktentasche ein Plastiktütchen mit einigen Teebeuteln hervor. Es ist der Tee (Vanille-Kirsch) der mir ja „so vorzüglich gemundet“ habe. Nett von ihm.

Das Weitere ist recht einfach. Herr Plietsch ist mit allem einverstanden, die Bezahlung ist gesichert und ich habe den Eindruck, daß er auch in Zukunft gut versorgt sein wird.

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#herr #plietsch

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