Allgemein

Herr Spitzweg hat das nicht verdient

Da muß wohl bei der Abwicklung des Sterbefalles durch unser Haus nun auch wirklich alles in Ordnung gewesen sein. Denn anders kann ich mir die Reklamation dieser Kundin nicht erklären.

Wer selbst irgendwas Sinnvolles arbeitet und wer das Weblog hier liest, der weiß, daß immer mal was schiefgehen kann. Ich sagte ja schon mehrmals, daß der Bestatterberuf in vielen Teilen dem ständigen Ausweichen der zahlreichen Fettnäpfchen gleicht. Es sind so viele verschiedene Subunternehmer und Teilnehmer zu koordinieren und so viele der Beteiligten meinen die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, daß eigentlich immer irgendetwas daneben geht.
Glücklicherweise sind es zumeist keine dramatischen Sachen und in den allermeisten Fällen merkt niemand etwas.

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Wenn Trauerfeiern anstehen, geht es bei uns im Büro oft hoch her. Für einen Außenstehenden könnte das so aussehen, als müßten wir uns bemühen, eine fehlgeschlagene Organisation auf die Schnelle auszubügeln. Dabei ist das eigentlich ganz normaler Alltag.

Eine Beerdigung ist ein nicht wiederholbares einmaliges Ereignis mit ganz besonderem emotionalen Hintergrund, da werden selbst kleinste Fehler nicht nur bemerkt, sondern auch nicht verziehen.
Als Beispiel bringe ich da immer die Familie, die daheim eine Eichenschrankwand mit einem fast einen halben Meter langen Kratzer hatte und sich daran nicht sonderlich störte, aber ein Riesentheater gemacht hat, weil der Sarg ihres Opas einen kleinen Kratzer oberhalb eines Fußes bekommen hatte.

Solange wir noch irgendetwas tun können, solange wir von irgendwelchen Pannen erfahren, solange können wir auch etwas tun.
Schlimm sind nur die Reklamationen, die hinterher kommen.

In der kürzeren Vergangenheit sind z.B. folgende Pannen passiert:

– Der Pfarrer spricht vehement, trotz lautstarken Hüstelns der Witwe immer von der lieben verstorbenen Frau Meier statt richtigerweise von Herrn Gubermann.

– Der Gärtner schreibt bei einem Kranz der Nordic-Walker-Freunde „von Deinen Saufbrüdern“ statt „von Deinen Laufbrüdern“

– Obwohl überall korrekt angekündigt, sagt die Witwe nach der Trauerfeier zu allen Leuten, das Kaffeetrinken finde im „Ochsen“ statt. Eingedeckt und gebucht war aber im „Kühlen Krug“.

– Der Friedhofsverwalter schmeißt zwei Termine durcheinander und bei einer Beerdigung sind keine Sargträger da.

In allen diesen Fällen konnten wir helfen und mußten es auch, obwohl wir weder etwas dafür konnten, noch rechtzeitig Gelegenheit hatten, eingreifen zu können.

Beim Pfarrer ist das ja oft so, daß er eine Reihe vorgefertigter Texte hat und nur noch an bestimmten Stellen den Namen des Verstorbenen einsetzen muß. Ja und in diesem Fall hatte der Pfarrer einfach ein falsches Zettelchen in seinem Vortragsbuch erwischt und deshalb durchgehend den falschen Namen gesagt. Unsere Mitarbeiterin Sandy war noch vor der Trauerhalle mit dem Kondolenzbuch beschäftigt und erst als sie in die Trauerhalle kam, konnte sie nach vorne gehen und dem Pfarrer was flüstern.
Die Leute haben es nicht krumm genommen und es auf das schon etwas vorgerückte Alter des Herrn Pastor geschoben.

Bei der Gärtnersache war das Ganze schon ziemlich peinlich. Passiert war das infolge einer echten Freud’schen Fehlleistung.
Man hatte in der Gärtnerei wohl wahrgenommen, daß da „Laufbrüder“ stand und die ganze Zeit darüber gewitztelt, daß das so ähnlich klingt wie „Saufbrüder“ und genau das hatte sich bei der zuständigen Mitarbeiterin dann eingebrannt und sie hat dann, als es rasch gehen mußte, genau den falschen Buchstaben genommen.
Die Laufbrüder haben sich erst aufgeplustert, dann aber über drei Flaschen Wein vom Gärtner und einen Preisnachlass gefreut. Vielleicht doch Saufbrüder, wer weiß?

Die Witwe mit dem falschen Lokal war selbst Schuld. Kopflos war sie nach der Feier, immer war das im „Ochsen“, da wurde schon ihre Mutter begossen und ihr Vater gefeiert. Daß es jetzt auf Wunsch ihrer Kinder der „Kühle Krug“ sein sollte, hatte sie nur widerwillig angenommen. Als es dann drauf ankam, wollte ihr der „Kühle Krug“ nicht über die Lippen und in der Aufregung hat sie alle in den „Ochsen“ geschickt. Pikanterweise nahm man im Ochsen an, man hätte dort den Termin versaubeutelt und deckte geschwind ein und schmierte Brötchen im Sekundentakt. Am Ende durfte sie den „Ochsen“ bezahlen und dem „Krug-Wirt“ auch noch was als Entschädigung geben.

Die vergessenen Sargträger waren ein reines Terminversehen. Der anwesende Verwalter schob den Sargwagen dann selbst zum Grab und die Messdiener des Pfarrers und er seilten den Sarg dann ab. Da kann man nur von Glück sagen, daß diese katholische Gemeinde sich überhaupt noch den Luxus von so vielen Messdienern leisten kann, die auch mit zu Beerdigungen gehen.

Tja aber, was hat das alles mit Herrn Spitzweg zu tun?
Nun, kommen wir auf meinen einleitenden Satz zurück.
Wenn eine Kundin anruft, sich für alles bedankt und nur einen Fehler zu bemängeln hat, dann können wir, angesichts all der Dinge die da so passieren können, recht froh sein.

„Also, eins hätte ich ja doch zu bemängeln. Bei einem der Totenbriefe, die sie verschickt haben, haben sie die Briefmarke mit dem armen Poeten von Spitzweg verkehrt herum aufgeklebt. Das hat der Herr Spitzweg wirklich nicht verdient.“

Nee, hat er nicht, stimmt.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#herr #nicht #spitzweg #verdient

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