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Im Zelt

Es ist brüllend heiß, mir läuft der Schweiß nicht nur von der Stirn, sondern am Rücken herunter bis in die Poritze. Um mich herum ist ein Lärm, daß ich es kaum aushalte, irgendwo spielt laute Musik, wird aber von schreienden Menschen übertönt. Fett spritzt mir ins Gesicht, Herbert hat einem glasig gebratenen, blassen Gockel ein Bein ausgerissen und beißt begeistert hinein.
Es ist Oktoberfest!

Oktoberfest! Vor einigen Jahren hat es mich und meine Frau tatsächlich auf das Münchener Oktoberfest verschlagen. Unser Freund Herbert hat uns nach München eingeladen und für sich, uns und seine Familie eine der berühmten Boxen gemietet. So eine Box ist ein abgeteilter Holzverschlag seitlich in einem der großen Festzelte und da sitzt man etwas besser, abgesondert und muß auch nicht vor dem Zelt in der etwas 800 Meter langen Schlange stehen und warten bis man endlich eingelassen wird.

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Der Gockel von Herbert war sicher nicht länger als 20 Sekunden auf dem Grill, seine schwache Färbung hat er vermutlich einzig und allein von der Gewürztunke, mit der er eingerieben worden ist.
Resi im Dirndl stemmt 12 Maßkrüge vor ihrer schwach ausgeprägten Brust. So eine Resi hatte ich mir anders vorgestellt, stämmiger, vollbusiger, aber diese Resi hier spricht mit stark polnischem Akzent und vielleicht haben polnische Resis keine dicken Titten. Bong, Padautz, schon steht ein Maßkrug vor mir, etwa ein Drittel ist Schaum, ich zahle für zwei Krüge voll soviel wie zu Hause für einen ganzen Kasten Bier…
Aber es ist ja Oktoberfest und man will ja auch die Gemütlichkeit.
Neben der Box streiten sich zwei junge Männer, der eine haut dem anderen mit der Faust ins Gesicht und anschließend blutet dem einen die Hand und dem anderen die Nase. Der mit der Nase steht im 45 Grad Winkel an der Wand und lässt heulend Blut und Rotz aus der Nase laufen, die Retter kommen, drücken ihm eine Mullkompresse unter die Nase und nehmen ihn mit. Der mit der Faust ist schon wieder im Getümmel verschwunden.
Mit einem trockenen Besen kratzt und schabt eine Zenzi aus Tschechien in der Blutlache herum und „macht sauber“. Das hilft aber nichts, denn geschlagene 20 Sekunden später entlädt ein junger Mann aus Australien geschätzte 10 Liter Bier und Magensäure durch clevere Ausnutzung des Brechreizes in Richtung Heimat.
Jetzt bringt die Tschechen-Zenzi einen Eimer voll heißen Wassers mit und kippt den schwungvoll über die Lache mit dem Erbrochenen, eine schwadige Wolke säuerlich riechender Kotze zieht durch die Boxen, es ist einfach gemütlich.

Herbert hat den Gockel gefressen, sein Gesicht glänzt vor Schweiß, Fett und Freude: „Is gmiatlich, gell?“

Die Blaskapelle spielt das Lied vom „Stern der Deinen Namen trägt“ und auf einmal stehen so etwa 200 Menschen auf den Tischen. Vermutlich ist es eine alte bayerische Tradition, daß die Frauen ihre T-Shirts hochziehen und ihre nackten Brüste zeigen, was von den jungen Männern unter lautem Gejohle damit beantwortet wird, daß sie ihre Hosen herunterlassen und den Damen ihre nackten Ärsche hinstrecken.
Einer fällt vom Tisch, schmeißt vier bis sechs Maßkrüge um, die Retter müssen wieder kommen.

Nee, es ist wirklich sehr gemütlich!

Herbert will noch Haxn essen…

Ein Neuseeländer beugt sich über die niedrige Brüstung der Box und will auf der Stelle meine Frau „ficki ficki machen“, die mag aber nicht und so entschließt sich der junge Schafhirte, erst einmal durch Herunterlassen seiner Hose zu zeigen, was er da so vorzuweisen hat. „Ficki, Ficki?“
Zwei Ordner schieben ihn beiseite.

Herbert ist ganz arg enttäuscht, daß meine Frau und ich noch einen Rundgang über die Festwiese machen wollen. Man gehe doch nicht „auf’d Wie’sn“ um Karussell zu fahren, nur im Bierzelt schlage das Herz Bayerns!

Laß es schlagen!

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(©si)