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Irgendwas ist immer

Meine Tochter hat die Lektion lernen müssen, daß man seinen 13. Geburtstag feiern kann und dennoch weiterleben kann, auch wenn man kein Touchscreen-Handy bekommt und unser Sohn hat eine Woche mit häuslichen Frondiensten und ohne Kontakt zur Außenwelt hinter sich, nachdem er meinte 16-jährige Jungs müssten trotzt Ansage (21.30 Uhr) erst um halb drei nachts nach Hause kommen.

Antonia darf die Kaffeeküche nicht mehr betreten, nachdem sie dort ein physikalisch-chemisches Experiment bezüglich der Haltbarkeit eines 10 Kilo-Fasses Gewürzgurken erfolglos durchgeführt hat.

„Die spinnt, total, die Alte!“ schimpfte Sandy und schniefend und Rotz und Wasser heulend entsorgte Antonia ihre Gurkenjauche.

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Die Gurken waren beim türkischen Händler im Sonderangebot. Eigentlich hatte Antonia nur ein kleines Gläschen dicke Knackgurken kaufen wollen, dafür hätte ihr der Türkenmann 2,29 abgenommen. Gleich nebendran stand aber ein Fass aus der Metro auf dem Boden, 10 Kilo für 6 Euro, extradicke, extragroße Saftgurken.
Ist ja klar, für welches der beiden Produkte sich Antonia entschieden hatte.

Nun hat so ein Gurkenfass ein rein technisches Problem, es lässt sich nicht wieder verschließen. Ich schreibe zwar Fass, aber in Wirklichkeit ist es eine riesengroße Konservendose gewesen.
Also muß sich Antonia, soviel hat die Rekonstruktion am Tatort ergeben, dazu entschlossen haben, die nicht sofort verzehrten Gurken in irgendwelche anderen Gefäße umzufüllen.
Ein großes Glas mit Deckel haben wir, da sind ansonsten diese Kekse drin, die wir Gästen immer zur Tasse Kaffee servieren. Also wurden die Kekse kurzerhand in eine Schachtel ausgelagert und das Keksglas zum Gurkenglas umfunktioniert.
Als Nächstes mußte Frau Büsers Maulbeer-Marmelade dran glauben. Da sei ja so gut wie nichts mehr drin gewesen, behauptet die eine und die andere sagt, das Glas sei eben erst gekauft gewesen.
Ob Antonia die Maulbeer-Marmelade komplett vertilgt oder einfach weggeschüttet hat, wir wissen es nicht.

Einige der Gurken wurden in einer besonders interessanten Versuchsanordnung im Dreisternefach des Kühlschranks dem Versuch unterzogen, ob man sie einfrieren kann. Kann man nicht.
Das heißt, man kann schon, aber sie sehen dann nicht mehr aus wie Gurken…

Eine nicht ganz wasserdichte Teedose, ein dicht schließendes Kaffeeglas und ein Plastikbeutel waren ebenfalls mit Gurken und natürlich immer einem Anteil der Gurkenbrühe gefüllt.

In den ersten Tagen hatte das keiner mitbekommen, wir brauchten keine Kekse und Frau Büser aß keine Marmelade. Doch dann begann sich im gesamten Bürotrakt ein Geruch breit zu machen, der in etwa an die mumifizierten Socken von Tut Ench Amun erinnerte, ein Geruch, den ja bekanntlich jeder kennt.
Nicht einmal wochenalte Fundleichen riechen so penetrant. Aber Tut und seine Socken sind ja auch schon etwas länger tot, als nur ein paar Wochen.

Irgendwann begann dann eine bräunlich, suppige Brühe aus den Nähten der Teedose zu rinnen und Sandy war die Erste, die das Zeug berührte. „Das war wie Schleim von Außerirdischen!“
Gut, Sandy kennt sich da aus, die verkehrt mit allem möglichen Gesocks.

Frau Büser war dann, gemeinsam mit der Putzfrau, der Sache auf den Grund gegangen und hatte die verschiedenen Behältnisse mit vor sich hin gammelnden Gurken gefunden.
Zwar ist Antonia heute Morgen dazu verdonnert worden, den ganzen Gurkenkrempel schleunigst zu entsorgen, jedoch wird die Sachlage dadurch etwas verschärft, daß sie sich auch bei bestem Willen nicht an alle Behältnisse erinnern kann, es sollen angeblich so um die dreizehn bis fünfzehn gewesen sein und entdeckt wurden bislang nur neun.

„Boah, Ihr seid alle so gemein, dabei sind Gurken so gesund!“

„Schmeiß die weg!“ befehle ich.

„Du spinnst“, meint Sandy und hilft Antonia dabei, die Alien-Brühe aus dem Regal zu wischen und Frau Büser sagt mit einer theatralischen Handbewegung das, was sie täglich bestimmt zehnmal sagt: „Irgendwann könnt Ihr mich wegbringen, irgendwann komm ich in die Klappsmühle.“

Irgendwas ist immer!

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