Ist der Bestatterberuf für junge Frauen geeignet? Wie sieht es mit den körperlichen und psychischen Belastungen aus?
Wer könnte diese Fragen besser beantworten, als eine junge Frau, die sich für den Beruf der Bestatterin entschieden hat?
Gina Ebner ist Bestattungsangestellte und arbeitet im Kölner Trauerhaus Müschenborn.
Manche schmeicheln ihr mit der Aussage, sie sei Deutschlands schönste Bestatterin.
Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit mit der 21jährigen Mutter ein Gespräch zu führen und muß zugeben, daß mich die junge Frau mit ihrem Charme verzaubert und durch ihre freundliche und offene Art beeindruckt hat.
Überhaupt herrscht im Trauerhaus Müschenborn eine sehr angenehme Atmosphäre und alle Angestellten dort machen einen sehr kompetenten Eindruck.
Ich habe Frau Ebner bewußt Fragen gestellt, wie sie auch von jungen Menschen, vor allem jungen Frauen, immer wieder auch an mich gestellt werden, die sich für den Beruf der Bestatterin interessieren.
Undertaker TOM: Ein junge, hübsche Frau ist eigentlich nicht das, was man in einem Bestattungsinstitut erwartet. Wie reagieren trauernde Hinterbliebene, wenn Sie mit ihnen zusammentreffen?
Gina Ebner: Ich persönlich habe noch keine wirklich wahrnehmbare Reaktion beobachten
können, zumindest keine, die ich auf mich persönlich beziehen möchte. Viele
sind sehr nett, andere eher zurückhaltend oder sehr ernst, aber das kann
auch der persönliche Charakter oder eben -auch nicht unwahrscheinlich- die
Ausnahmesituation, in der sich Hinterbliebene befinden.
Undertaker TOM: Haben Sie schon einmal den Eindruck gehabt, die Kunden könnten wegen Ihres jungen Alters Vorbehalte haben oder zurückhaltend reagieren? Oder haben Sie andere Erfahrungen gemacht?
Gina Ebner: Ich selber hatte diesen Eindruck noch nicht, jedoch hat mir mein Kollege,
welcher sich nun in seinem dritten Ausbildungsjahr befindet, erzählt, dass
es wohl gar nicht so selten vor kommt, dass vor allem ältere Generationen
uns anfänglich aufgrund unserer Jugend eher skeptisch entgegentreten oder
für weniger kompetent halten. Doch meist lassen Sie sich doch recht schnell
vom Gegenteil überzeugen.
Undertaker TOM: Als junge, zierliche Person, fühlen Sie sich den Anforderungen dieses Berufes rein körperlich gewachsen?
Gina Ebner: Ja. Natürlich habe auch ich meine Grenzen, es gibt auch Lasten die ich nicht
heben kann. Bisher habe ich aber glücklicherweise keine Probleme in der
Richtung gehabt, sowohl mit sehr Großen, als auch mit fülligeren
Verstorbenen. Grundsätzlich versuche ich es erst einmal, wenn ich etwas
tatsächlich nicht schaffe, ist es auch kein Problem um Hilfe zu bitten,
meine Kollegen und Chefs sind da sehr zuvorkommend. Aber ich bin Körperlich
top fit, bin weitestgehend Stressresistent und habe keinerlei Probleme mit
vielem Laufen und Stehen – sogar auf hochhackigen Schuhen.
Undertaker TOM: Helfen Sie auch bei Abholungen, Überführungen und der hygienischen Versorgung mit?
Gina Ebner: Natürlich. Bei uns gibt es kaum Abteilungen, jeder macht alles. Da ich noch
sehr neu bin, habe ich natürlich noch keine eigenen Fälle, aber ich helfe in
allen Bereichen mit und möchte das auch nicht missen.
Undertaker TOM: Wie ist der Umgang mit Verstorbenen für Sie? Was empfinden Sie?
Gina Ebner: Der Umgang mit Verstorbenen ist immer anders und fühlt sich auf eine subtile
Weise persönlich an. Ich empfinde dabei immer eine gewisse Faszination. Ich
denke daran, welches Leben dieser Mensch gehabt haben mag welchen Charakter
er hatte und was für Geschichten er hätte erzählen können. Für mich sind
diese Menschen zwar Verstorben, aber nicht verschwunden.
Undertaker TOM: Ist der Umgang mit Hinterbliebenen und deren Schicksalen nicht belastend für Sie? Nehmen Sie viele Gedanken mit nach Hause?
Gina Ebner: Belastend ist es nicht, nein. Klar berühren mich diverse Fälle sehr, ich bin
ja auch kein Stein. Aber ich finde grade in diesem Beruf, sollte man klar
trennen können. Natürlich trage ich die Gedanken mit nach Hause, aber ich
denke sie nicht pausenlos. Zuhause kümmer ich mich um meine Familie, um
meine Freunde und um das Leben.
Undertaker TOM: Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen Bestattungsangestellte/Bestatterin zu werden?
Gina Ebner: Mein Ursprünglicher Berufswunsch war es, einmal Pathologin zu werden. Als
ich dann aber wegen meiner Schwangerschaft mein Abitur abbrechen musste,
habe ich versucht mich anderweitig zu orientieren. Lange Zeit wusste ich
dann nicht genau, was ich denn wollte, bis ich zufällig auf die
Berufsbeschreibung der Bestattungsfachkraft gestoßen bin. Wochenlang
sammelte und las ich dann alles, was zu dem Thema zu finden war und schon
nach kurzer Zeit stand für mich fest, dass ich nichts anderes machen möchte.
Ein 4 wöchiges Praktikum, um einen Einblick in den Beruf zu bekommen hat
mich in meinem Beschluss nur bestärkt.
Undertaker TOM: Das Trauerhaus Müschenborn ist in vielerlei Hinsicht ein wenig anders als die alten Bestattungsinstitute die es sonst in Köln gibt. Was gefällt Ihnen daran besonders?
Gina Ebner: Mir gefällt besonders das besondere Engagement meiner Kollegen und meiner
Vorgesetzten, sowohl bei den Hinterbliebenen, als auch im öffentlichen
Leben. Die Individualität, mit der jeder Hinterbliebene behandelt und
beraten wird, die freundliche und lebensfrohe Atmosphäre und die Mühe und
Würde, mit der jeder Verstorbene behandelt wird, um alles möglichst perfekt
zu machen.
Undertaker TOM: Wie ist Ihre Zukunftsplanung? Wollen Sie Bestatterin werden oder eher Bestattungsangestellte nur im beratenden und verwaltenden Bereich?
Gina Ebner: Ich möchte gern eine Vollwertige Bestatterin werden. Ich möchte nicht bloß
im verwaltenden oder beratenden Bereich bleiben. Ich möchte unmittelbaren
Kontakt zu den Lebenden sowie zu den Toten. Ich möchte in allen nur
möglichen Bereichen tätig sein.
Undertaker TOM: Und dann? Wie geht es weiter? Was sind Ihre Pläne für die weitere berufliche Zukunft? Wollen Sie Bestatterin/Bestattungsangestellte bleiben?
Gina Ebner: Definitiv Ja. Was genau mir die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Aber solange
ich kann, möchte ich in diesem Beruf bleiben.
Undertaker TOM: Wie reagieren Ihre Freunde und Freundinnen darauf, wenn Sie sagen, was Sie beruflich machen?
Gina Ebner: Die meisten, die mich nicht ganz so gut kennen reagieren zuerst recht
erstaunt. Die eine Hälfte schüttelt sich schon fast und wiederholen zig mal,
dass sie das ja überhaupt nicht könnten, die andere Hälfte respektiert mich
für meinen Berufswunsch. Aber generell alle sind sehr interessiert und
neugierig auf das, was ich mache und fragen wissbegierig nach. Negative oder
gar abwertende Reaktionen gab es bisher absolut nicht.
Undertaker TOM: Sie haben ja mittlerweile Einblick in die Branche bekommen, wie stellen Sie sich eigentlich nun Ihre eigene Bestattung vor?
Gina Ebner: Ich möchte für mich definitiv eine Erdbestattung. Am liebsten hätte ich
einen grauen Bambussarg und möchte eigene Kleidung tragen. Ich habe auch
schon genaue Vorstellungen vom trauerdruck, der Musik und der Dekoration auf
der Trauerfeier. Ich würde mir ruhige, aber nicht zu traurige Musik
wünschen. Klavierstücke finde ich persönlich immer sehr schon, z.B.: First
Love von Utada Hikaru, Kiss the Rain von Yiruma oder ähnliches. Amliebsten
hätte ich überall Rote Mohnblumen, aber ich denke das ist eher
unrealistisch, Mohnblumen sind leider so furchtbar empfindlich. Ich habe mir
viele Gedanken um meine Beerdigung gemacht und werde damit wohl auch nie
fertig werden.
Undertaker TOM: Sie haben ein kleines Kind und einen Lebenspartner. Was machen Sie in Ihrer Freizeit, welche Musik hören Sie gerne, was für Filme schauen Sie usw.
Gina Ebner: Ich bin 21 Jahre alt, Mein Sohn ist vor kurzem zwei geworden und er ist mein
ganzer Stolz. Ich verbringe viel Zeit mit ihm und meinem Partner, gehe gern
mit Freunden Kaffee trinken, oder Samstag abends Tanzen. Ich sehe gern
Filme, die einem zu denken geben, wie zum Beispiel „Baal“ mit Matthias
Schweighöfer. Ich lese viel, Romane ebenso wie Geschichtliches oder
Theologisches. Ich höre keine bestimmte Musikrichtung, ich lege mehr Gewicht
auf den Text. Ich schreibe und Zeichne gern und ansonsten bin ich ein sehr
lebensfroher Mensch.
Undertaker TOM: Im Bestattungshaus Müschenborn sind neben Ihnen noch junge Männer in der Ausbildung. Wie sehen Sie Ihre Rolle ganz allgemein? Glauben Sie, daß Frauen es schwerer oder leichter haben in diesem Beruf?
Gina Ebner: Genaugenommen sind noch 2 Männer neben mir in Ausbildung. Und abgesehen von
der Körperkraft und der Erfahrung die meine Kollegen mir voraus haben sehe
ich für mich als Frau bisher absolut keine Benachteiligungen.
Undertaker TOM: Sie kennen und lesen im Bestatterweblog. Wie finden Sie es und meinen Sie, daß es für die Menschen hilfreich ist, entspannter mit dem Thema Tod und Bestattung umzugehen?
Ich denke schon, dass es sinnvoll und hilfreich ist, da es dem Tod das
Geheimnisvolle nimmt. Darüber zu lesen und zu erfahren, hilft meiner Meinung
nach dabei, von der Meinung des „Tabu-Themas“ abzurücken. Ich finde nichts
düsteres oder makaberes daran, über den Tod nachzudenken – sowohl im
allgemeinen als auch über den eigenen, der ja unausweichlich auf jeden von
uns zukommt.
Ich bin Frau Ebner wirklich sehr dankbar, daß sie sich die Zeit genommen hat, alle meine Fragen so ausführlich zu beantworten.
Es ist herzerfrischend, wenn man sieht, wie sie und ihre jungen Kollegen gerne in diesen interessanten Beruf hineinwachsen.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Wunderbar einfühlsames Interview.
Wunderbar schöne Frau.
Eine bessere Reklame für unseren wirklich intressanten Beruf gibt es nicht.
Danke für den tollen Text.
Da würd ich gern mal sterben…
na Henry, das mit dem Sterben hat ja noch etwas Zeit, aber für’s „Gewerbe“ ist Frau Ebner sicherlich ein Schmuck-/Ausstellungsstück
Die Formulierung ist etwas mißlungen – so wie sie das schildert, ist sie alles andere als ein Ausstellungsstück. Da hat es Tom treffender formuliert: Sie ist nicht das, was man bei einem Bestatter erwarten würde.
Stefan, diese Reaktion hätte ich von einer Frau erwartet 😉
Nein, mit Schmuck-/Ausstellungsstück wollte ich Frau Ebner nicht auf Äußerlichketen reduzieren.
Insofern hast Du sogar Recht: ich hatte vielleicht nicht die „richtige Stunde“ (so etwas gibt’s).
Gerade in diesem Beruf finde ich die Mann-Frau-Diskussion völlig überflüssig. Die Bereiche, in denen man wirklich „Man-Power“ braucht (z.B. beim Abtransport von schwergewichtigen Verstorbenen durch enge Treppenhäuser), machen nur einen Bruchteil des Arbeitsbereiches aus, und auch da lassen sich mit ein wenig Improvisationstalent Lösungen finden.
Andererseits traue ich persönlich einer Frau im Bereich von Empathie, Verständnis und Zuhören-Können in der Regel mehr zu.
Ich glaube, es ist eher ein Problem des Alters. Man setzt bei einem jungen Bestatter vielleicht nicht unbedingt die Reife und Erfahrung voraus, um Menschen in Ausnahmesituationen an die Hand zu nehmen, sie zu geleiten und ihnen Hilfe zu sein.
Aber dass auch das möglich sein kann, zeigt dieses Interview mit Frau Ebner.