Geschichten

Koma -6-

Wenn ein Arzt auf der Station „Notfall“ rief, waren alle gleich zur Stelle. Eine Krankenschwester hatte einen Notfallkoffer mitgebracht und eine andere einen fahrbaren Apparat mit allerlei Instrumenten, die man zur Wiederbelebung braucht.

Saskia blutete nicht, zumindest nicht äußerlich.
Was die Ärzte zu diesem Zeitpunkt nicht wußten, war, daß sie in ihrem Kopf ein Aneurysma hatte, schon seit Jahren. So ein Aneurysma ist wie eine tickende Zeitbombe, eine sackförmige Ausbuchtung an der Wand einer Arterie. So etwas kann man von Geburt an haben, es kann sich bilden und dann ist es da und oft genug sterben die Leute, die ein Aneurysma haben irgendwann hochbetagt eines ganz natürlichen Todes.
Anders sieht das aus, wenn auch noch ein Druck oder ein Schlag auf das Aneurysma oder das umgebende Gewebe ausgeübt wird. Dann kann es platzen und wenn dann nicht sofort Hilfe da ist, ist es um den Betroffenen meist geschehen.

Sofort wurde Saskia auf eine Trage gelegt und in einen Operationsraum gefahren.

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Gar nicht weit von dem Operationssaal, in dem sie nun lag, wühlte sich eine Knochensäge durch den rechten Oberschenkelknochen von Klaus. Das linke Bein war schon amputiert, jetzt war das rechte dran.
Die Geräte, die der Operateur, ein gewisser Dr. Blockhausen, benutzte, unterschieden sich kaum von Geräten, die auch ein Schreiner oder ein Handwerker benutzen würde, nur waren sie komplett aus Edelstahl und sehr robust.

„So“, sagte Dr. Blockhausen eine halbe Stunde später zu einem anderen Arzt: „Sie können ihn zumachen.“

Er seufzte, ging einen Schritt zur Seite, um hinter dem aufgespannten grünen Tuch Klaus Gesicht sehen zu können, schüttelte nur den Kopf und sagte zu einer der OP-Schwestern: „Viel zu jung!“

Im anderen Operationssaal hatten die operierenden Ärzte es mit weitaus feineren Instrumenten zu tun. Durch eine Bohrung in Saskias Schädel arbeiteten sie sich zu der Stelle vor, an der in ihrem Gehirn das Aneurysma geplatzt war.
„Das sieht gar nicht gut aus“, sagte Professor Gardinger, der die Operation leitete, und seinen Blick fest auf einen Monitor gerichtet hatte und gar nicht direkt auf seine Hände sah.
„Das ist eine verflixte Stelle“, stimmte ihm eine Ärztin zu und reichte ihm unaufgefordert eine hauchdünne Sonde, die der Professor, auch fast ohne hinzuschauen, ergriff und durch eine auf Saskias Kopf aufgesetzte Apparatur ins Gehirn der jungen Frau einführte.

Nicht lange danach hatte Professor Gardinger die Blutung in Saskias Hirn gestoppt. Ihr Leben war gerettet.

Etwas zu fest und zu laut ließ der Professor das zuletzt benutzte Instrument auf ein Edelstahltablett fallen. Das tat er immer, das war eine Macke von ihm, so zeigte er, daß er alles getan hatte, daß er fertig war und daß er jetzt im Augenblick nicht mehr tun konnte.

„Behaltet das Baby im Auge!“ sagte er noch, dann verließ er den OP.

„Was ist mit dem Fötus?“ war in den folgenden Tagen auch stets seine erste Frage, wenn sich das Ärzteteam unter seiner Leitung zur Besprechung einfand.

Dem Fötus ging es gut, sehr gut sogar, alle Vitalwerte waren in Ordnung.

Lediglich seine beiden Eltern lagen im Koma.

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