@Tom: Hey, ich finde es klasse, daß es jemand wie dich überhaupt gibt der nicht nur Zeit investiert, um so ein tolles Blog zu füllen, sondern auch noch Fragen der Leser beantwortet. Mach dir deswegen kein Streß, wenn du meine Frage erst etwas später beantwortet hast.
Die Beerdigung war übrigens mittlerweile. Die Angehörigen haben jedoch darum gebeten, von persönlichen Beileidsbekundungen abzusehen – und ca. 95% der Besucher haben sich auch dran gehalten. Die restlichen 5% waren wohl nähere Verwandtschaft – vielleicht waren auch ein paar Unbelehrbare darunter.
Naja kondolieren werden wir wenn wir uns das nächste mal begegnen. Nicht weil man das so macht, sondern weil uns der Todesfall wirklich nahegeht und wir auch mit den Eltern mitfühlen können.@5 Undertaker J. A. Fox:
Du schriebst
„Solange mir Angehörige nicht selber vom Tod berichten,
gehe ich davon aus, daß sie nicht darüber sprechen möchten“
Ich glaube, so kann man es nicht unbedingt sehen. In dem Fall sind die Eltern selbst völlig durch den Wind (was ich gut verstehen kann) und sie haben niemand von den Nachbarn irgendwas gesagt.
Sollen wir (=alle Nachbarn) den Todesfall den Eltern gegenüber ignorieren und nicht kondolieren? Schlimmstenfalls denken die doch dann „schau, denen geht unser Schicksal am allerwertesten vorbei“…
Das ist ein längeres Zitat aus einem Kommentar.
Dazu gibt es aus meiner Sicht mehrere Dinge zu sagen:
Das mit den „Unbelehrbaren“ das ist ein Thema für sich.
Es gibt tatsächlich viele Gründe, die einen dazu bewegen können, zu erbitten, daß direkt am Grab „von Beileidsbekundungen Abstand zu nehmen“ ist. Der Tag der Trauerfeier und Beisetzung ist der Tag an den ruhig die Tränen fließen dürfen, an dem es emotional zugehen darf. Das kann ein ganz wichtiges Ventil zur Trauerbewältigung sein. Aber für manche ist dieser Tag so schwer und die Trauer so unerträglich, daß sie nicht noch zusätzliche Impulse vertragen, ja ertragen, können, die sie dort direkt am Grab so mitnehmen würden, daß das sogar einem Zusammenbruch gleichkommen kann.
Hier ist es gut und wichtig, wenn man diesen Wunsch respektiert.
Es gibt aber auf beinahe jeder Beerdigung irgendeine Tante Lotte oder eine Frau Krause aus der Nachbarschaft, die glauben, die erbetene Einschränkung gelte ausgerechnet für sie nicht und die dann trotzdem ostentativ ihr Beileid aussprechen. Das allein wäre vielleicht noch tragbar, aber diese Unverbesserlichen setzen damit oft ein Signal für andere, die bis dahin noch unsicher waren.
Ein völlig anderer und doch damit verbundener Aspekt ist ebenfalls Gegenstand des oben zitierten Kommentars. Der Kommentator sieht es völlig richtig, wenn er anspricht, daß die Angehörigen trotz alledem dann doch auf ein Zeichen der Anteilnahme warten. Es muß ja nicht ausgerechnet in einer unpassenden Situation sein; jedoch den richtigen Moment zu finden, ja das ist nicht immer leicht.
Man denke bitte aber auch daran, daß die „Außenstehenden“, jetzt mal aus der Sicht der Familie gesehen, oft gar keine Außenstehenden sind. Nicht immer kennt die Familie alle Freunde und Bekannten, nicht immer weiß sie um enge Vertrautheit zwischen scheinbar nur locker Befreundeten usw.
Diese vermeintlich außenstehenden Personen können aber sehr wohl große Trauer empfinden und vom Todesfall sehr betroffen sein, manchmal sogar in einem Maße, das die Familie nicht versteht, ja das sogar über das Maß der Angehörigentrauer weit hinausgeht.
Diese Personen haben aber in den üblichen Abläufen keinen Raum für ihre Trauer, sie sind in die Abläufe nicht eingebunden.
Durch das pauschale „Verbot“ von Kondolenzbekundungen wird aber diesen Leuten nun fast schon die letzte Möglichkeit genommen, ihren Schmerz auszudrücken.
Würde man, statt einen Redner zu buchen, zusätzlich auch noch in die Trauergemeinde fragen, ob noch jemand etwas sagen möchte, man würde oft staunen, wer da aufstünde und was für mitreißende und persönliche Worte er finden würde.
Das ist übrigens auch der Grund, warum man manchmal, entweder direkt neben der Traueranzeige der Familie oder aber einen Tag später, auch noch weitere Traueranzeigen von Personen findet, von denen man es gar nicht erwartet hätte, daß sie eine so starke Trauer empfinden.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
Ich hasse die Floskel „Herzliches Beileid“. Deshalb stelle ich mich bei Beerdigungen immer irgendwie abseits.
Wenn mir ein Patient verstirbt, lassen sich passende Worte finden. Ich habe ihn ein Stück seines Weges begleitet und kenne die Umstände.
Zum Thema Kondolieren fällt mir die Beerdigung meines Vaters ein. Irgendwie kam es zur Debatte mit dem Bestatter, ob denn am Grab kondoliert werden soll, oder nicht. Ich hatte da keine Lust drauf, und habe direkt „Nein, das tue ich mir nicht an“ gesagt. Daraufhin hat der Bestatter einige ziemlich gute Argumente für das Kondolieren gebracht: Wenn das Kondolieren direkt am Grab geschieht, dann gibt es dafür einen formellen Rahmen, der bekannt ist. Dadurch fällt es den Leuten leicht, sich einfach hinten in der Schlange anzustellen und im Zweifel einfach nur „Mein herzliches Beileid“ zu sagen. Damit ist das Thema Beileidsbekundung dann abgefrühstückt. Wenn man sich dann später auf der Straße trifft, wurde schon kondoliert und man kann sich halbwegs normal unterhalten. Wenn die Möglichkeit der formellen Beileidsbekundung nicht gegeben wird, tun sich viele Menschen schwer, das in anderer Form zu erledigen. Bei späteren Begegnungen herrscht immer die Unsicherheit: „eigentlich muss ich noch kondolieren“, was die Sache für den Bekannten nicht einfacher macht. Daher ist das Kondolieren am Grab kein gieren nach Beileid, sondern ein… Weiterlesen »
@ Heinz
Wart ihr bei mir? 😉 Genau so erkläre ich das all meinen Kunden auch, wenn Sie lieber keine Beileidsbekundungen hätten.
Am Tag der Beerdigung / Trauerfeier steht man eh neben sich und bekommt kaum was mit. Also steht man da, schüttelt Hände und weiß gar nicht, wer alles da war.
Wieviel schlimmer ist es doch, wenn dann über Wochen immer wieder aus heiterem Himmel jemand ankommt und: „Ach ja, herzlcihes beileid…“ wenn du gerade irgenwo an der Kasse stehst, den Wagen tankst oder im Vorgarten Unkraut zupfst…
Ich will das auch am Tag der Beerdigung hinter mich bringen, dann sind die Tränen geflossen, keiner wundert sich, und ich muss mich nicht ständig zusammenreißen, wenn hinterher unverhofft noch was kommt.
So ist es vorbei, und man kann mit der Verarbeitung beginnen.
Es ist eh schon schwer genug, wenn man im Alltag ständig erinnert wird. Das Buch hatte ich mir ausgeliehen, über den Film haben wir noch gesprochen und den nicht mehr zusammen sehen können.
Ich verstehe den Ansatz, dass man auch den anderen Trauergästen die Möglichkeit geben sollte zu kondolieren. Bei der Beerdigung meiner Oma war es praktisch allerdings nicht ganz so einfach. Als ich am Freidhof ankam, standen das etwa vierzig bis fünfzig Leute, von denen mir die Hälfte unbekannt war. Alle wollten/sollten begrüßt werden, was schon schlimm genug war. Und kaum ein Mensch, den ich wirklich kannte bzw. der mir wirklich Trost spendete. Dann am Grab bei etwa dreißig Grad noch einmal das Ganze. Vierzig Leute, die vorüber ziehen und kondolieren und die ich kaum kenne. Das war wirklich hart. Ich weiß, dass Oma sich über all die Leute gefreut hätte. Aber für mich war es eifach zu viel.
@5: Als mein Vater vor einem knappen Jahr gestorben ist, haben mir bestimmt 50 Leute kondoliert, die ich noch nie gesehen habe und keine Ahnung hatte, in welcher Verbindung sie zu meinem Vater standen.
Ich finde, die meisten von ihnen haben das geschickt beim Kondolieren gelöst in dem Sie z.B. sagten wie sehr sie Ihn jetzt im Turnverein / Wanderverein / Sprachkurs / …. vermissen würden oder wie sehr Sie ihn da kennen- und schätzen gelernt haben.
Ich sehe es wie Heinz (Nr. 2)
Ich denke, die Freunde und Bekannte sollten die Möglichkeit haben, ihrer Trauer ausdruck zu geben. Es muss ja nicht die Witwe sein, sondern zBsp der Sohn kann am Grab stehen bleiben, wärend die Witwe geht, wenn es ihr zu viel ist.
Bei der Beerdigung meines Opas bin ich bei meiner Mutter stehen geblieben, und da habe ich 50 Leuten die Hand gegeben, die ich nicht kannte. Meiner Oma war aber jeder einzelne wichtig.
Bei den Beerigungen unserer Nachbarn stand der Schwiegersohn am Eingang und hat die Leute „begrüsst“ und die Kondolenz entgegen genommen, es lag ein Kondolenzbuch aus und er hat dort mit dem Bestatter zusammen kurz mit den Leuten geredet, die etwas ins Buch geschrieben haben. Die Urnenbestattung fand dann nach den Trauerfeiern im engsten Familienkreis statt-
Das fand ich „perfekt“
@5+6: Man kann ja nicht den gesamten Freundes- und Bekanntenkreis seines Angehörigen kennen. Ganz besonders wenn er oder sie in Vereinen oder sonstigen Ehrenämtern aktiv war. Auch diese Mitglieder haben einen Freund verloren. Kommen viele, so wäre das für mich ein Zeichen dass er/sie beliebt war und dadurch geehrt wird. Soll ich ihm/ihr das vornenthalten und alles im ganz privaten Rahmen heimlich abhalten? Gut – bei einem Prominenten mit tausend Teilnehmern kann man ja die Trauerfeier und die eigentliche Beisetzung in zwei Abschnitte teilen. Das Thema ist einfach zu komplex, um es einfach mit schwarz oder weiß zu behandeln. Zu viele Aspekte hängen im Einzelfall davon ab, und Fettnäpfchen lauern auf Schritt und Tritt.