Mitarbeiter/Firma

Krisenherd im nahen Osten

orgel

Es gab ja mal eine Zeit, da sind wir mittags alle mal gerne zusammen Mittagessen gegangen. Das ist aber nun schon seit einer ganzen Weile eingeschlafen. Mir ist es wichtig, daß ich möglichst mittags mit Frau und Kindern gemeinsam esse und der gute Grieche, gleich hier um die Ecke, den wir immer so gerne besuchten, der hat sich seine Gäste komplett vergrault. 28,50 für einen griechisch angefeuchteten Teller voller Nichts, das ist mir zu viel, auch wenn das Nichts neben einem riesigen Salatblatt mit einer Scheibe gefrorener Kräuterbutter liegt. Ein Mini-Fläschchen Wasser kostet bei ihm soviel, wie im Getränkemarkt ein ganzer Kasten und Gyros macht der jetzt nur noch einmal in der Woche, friert es ein und macht es nur noch heiß. Salate serviert der Mann nur noch sozusagen am Stück. Ich hasse es, wenn sich der übliche Bohnen- und Weißkrautkrempel mit drei Din-A-4-großen Kopfsalatblättern das Schüsselchen teilt und dann nur eine Sauce aus dem Fix-Regal darüber ist. Die spritzt dann immer so schön auf die Krawatte, wenn man die riesigen Salatblätter irgendwie zu bändigen versucht.

Zum Ochsenwirt gehen wir auch nicht mehr. Der ist jetzt Starkoch, wurde in irgendeiner Kochzeitschrift vorgestellt und meint nun, er müsse alles roh servieren. Man mag ja zu „englisch“, „medium“ und „durch“ stehen wie man will, aber zumindest sollte das servierte Tier doch schon so tot sein, daß es auf meinem Teller nicht mehr den Namen seiner Mutter ruft…
Nein, ich gebe es zu, ich will das ganze rohe, halbgare und glasige Gedöns nicht essen. Mir kommt schon das Kotzen, wenn ich Lafer und Genossen im Fernsehen bei den unausweichlichen Kotzduellen sehe, dann aus dem ganze sechs Sekunden lang geschmorten Hasenarsch erst einmal ein Liter waidwundes Blut läuft und die herbeigerufene Wiener Sushi-Expertin urteilt: „Das ist mir dann aber schon ein bißchen zu stark durchgebraten.“

„Nein, aber so schmeckt das doch viel besser“, meinte der Ochsenkoch, als meine Frau ein zappelndes Rumpsteak noch einmal in die Pfanne legen ließ. Das Fleisch verliere doch seinen ganzen Saft, meinte er und sie deutete auf ihr Wasserglas und meinte: „Da hab ich was zu trinken, auf dem Teller will ich Fleisch und zwar für dieses viele Geld ein ordentliches Stück und das bitte ohne Saft; ich habe durchgebraten bestellt und das will ich auch haben.“

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„Ja aber durch und durch sind zwei Paar Schuhe“, wehrte sich der Ochsengarer noch einmal kurz, dann erklärte ihm meine Frau, daß sie doch schließlich diejenige sei, die das Ganze bestellt, ißt und bezahlt und somit es doch auch wohl ihr überlassen sein müsse, wie sie das Ganze haben will.

Mit einer beleidigt hochgezogenen Nase servierte der Ochse dann meiner Frau wenig später ein durchgebratenes Rumpsteak: „Na, wenn Ihnen das so schmeckt…“ und ich tranchierte voller Ekel ein glasiges, halbrohes Stück Pangasius-Fisch, das ich dann am Ende unter einem großen Salatblatt verschwinden und mit abräumen ließ.

Also, ich esse das Zeug gerne, wenn es noch saftig ist und es muß für mich nicht zur Schuhsohle durchgegart sein. Aber wenn „durch“ noch glasig und zuckend bedeutet, dann will ich das lieber gar nicht.

Ach, was erzähle ich das eigentlich? Ach so: So kam es also, daß in unserer Firma eine ganz neue Esskultur Einzug hielt, geprägt von unseren drei Stuten, Frau Büser, Sandy und Antonia.
Sandy holte sich ja immer ganz gerne was von „Papa Luigi“, der eine Pizzabude vorne auf der Hauptstraße betreibt und Antonia bevorzugte stattdessen irgendwas mit Pudding, Rahm oder Baiser.
Ja und weil Antonia eigentlich immer was Süßen essen kann, hat Sandy sie damit schon oft aufgezogen. Deswegen war Antonia eines Tages beleidigt und hatte Sandy erzählt, sie esse ja nur deshalb nichts von „Papa Luigi“, weil der Ekzeme an den Händen habe und alles mit den Fingern anfasse, obendrein habe der noch Nagelpilz…

Gut, jetzt ißt Sandy auch nicht mehr aushäusig und so sind die drei Frauen dazu übergegangen, eine mittägliche Brutzel- und Futterrunde zu gründen. Immer abwechselnd bringt eine von denen was mit und macht es für alle warm. Und weil das anfänglich ganz gut klappte, hat sich der Chef auch nicht dem Wunsch verschlossen, doch einen Herd in die Kaffeeküche zu stellen. Zwar besteht der Herd nur aus zwei Induktionskochplatten und einem kleinen Backofen in Augenhöhe, aber für viel mehr ist in der Kaffeeküche auch gar kein Platz. Schließlich lagern dort die Lebensmittelvorräte, die man so für ein ganzes Jahr braucht, wenn die Russen mal kommen, sprich: Antonias Reserven für den nächsten Tag.

Mit den Worten: „Wie? Du tust da Petersilie dran?“ begann das Unglück. Ich hatte es ja schon geahnt und mich im gleichen Moment schnell wie ein Blitz (Auch Kugelblitze sind Blitze, ja?!) nach oben verzogen. Ich wußte schon in dem Moment als die drei Grazien ihren Herdeswunsch vortrugen, daß das nicht gutgehen würde. Sie gerieten von da an beinahe jeden Tag ob der Zubereitungsart der diversen Speisen in Streit und das führte dazu, daß sie dann anschließend, jede in eine andere Richtung schauend, schweigend ihre Mahlzeiten einnahmen. Eigentlich ja nichts Schlechtes, so aus männlicher Sicht gesehen…

Der Krisenherd in der Kaffeeküche, im östlichen Teil des Gebäudes gelegen, wurde zur Zentrale der Verdammnis. Keine wollte es sich nehmen lassen an IHREM Tag IHR Essen nach IHREM Rezept aufzuwärmen, zu würzen und zu dekorieren. Und die anderen beiden waren jeweils garantiert anderer Meinung, soooo könne man das ja unmöglich machen. „Wie, ihr meint also, ich könne nicht kochen?“
KUGELBLITZ!

Einmal schepperte sogar Geschirr durch die Kaffeeküche, ich hörte es nur klirren und wollte schon nachgucken gehen, doch:
KUGELBLITZ!

Nach etwa einem Monat heftigem, mittäglichem Kugelblitzen wurde es mir dann aber doch zu bunt und ich beschloss einzugreifen. Frauen könnten ja sowieso nicht kochen, behauptete ich kühn, ließ die drei am Krisenherd mit offenem Mund stehen und verzog mich in meine Kemenate.
Es dauerte nur Sekunden, da standen die drei Damen, seltsamerweise unisono einer Meinung und endlich wieder in weiblicher Solidarität vereint, in meinem Büro und wollten wissen, wie ich das denn gemeint habe. Ich lehnte mich nur in meinem Sessel zurück, fixierte einen imaginären Punkt an der Decke und zählte die Namen aller mir bekannten, berühmten Köche auf. „Alles Männer, keine einzige Frau“, beendete ich meine Aufzählung und fügte noch hämisch grinsend hinzu: „Frauen taugen allenfalls als Spülerinnen.“

Ich will das Gekeife und Gezeter gar nicht wiedergeben, es würde etwa drei Tage dauern, das alles aufzuschreiben…

Vom nächsten Tag an, standen die drei Hübschen gemeinsam am Krisenherd und man konnte es kaum glauben, sie taten das in Eintracht und Frieden, nur mit dem Ziel, sich die Seele aus dem Leib zu brutzeln, um mir ein leckeres Mahl hinstellen zu können. „Dem zeigen wir es aber!“

Ja und das zeigen sie mir jetzt jeden Mittag, hmmm, lecker!
Und da wundert man sich, daß ich Pfunde ansetze? Und da bekommt dieser Obama den Friedensnobelpreis? Ungerechte Welt!

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

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(©si)