Mitarbeiter/Firma

Lange Wochen

Antonia hat noch 12 Tage Urlaub. Das reicht also, wenn zwischendrin keine Feiertage liegen, für zwei Wochen und zwei Tage.
Ich würde mir davon zwei Wochen im August oder September nehmen, da ist das Wetter in Deutschland ja immer wesentlich beständiger als im Juli, wenn ich mir Urlaub nehmen könnte.
Als Selbständiger ist das aber immer so eine Sache.
Ob das Finanzamt eine Nachzahlung will oder ob Du zwanzig Kunden aus den letzten sechs Jahren vor Dir herschiebst, die ihre Rechnungen nicht bezahlen oder ob Du für 10.000 Euro mal eben ein neues Aggregat für die Kühlzellen kaufen mußtest, das interessiert von den Mitarbeitern keinen.

Pünktlich am Monatsende mußt Du die Überweisungen fertig machen, Löhne, Gehälter, Sozialabgaben, Lieferantenrechnungen…

Ob da für den Chef noch was übrig bleibt…

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Die Leute sehen nur, daß man einen dicken Wagen vor der Tür stehen hat und sich ein feines Jäckchen leisten kann und weil Bestatter ja sowieso immer fett verdienen, muß da ja locker eine Million hinten dran sitzen.

Die Realität ist aber anders und jeder Selbständige weiß das auch. Manche Monate laufen besser, da bleibt ordentlich was übrig und andere laufen weniger gut, da ist man froh, wenn man unterm Strich eine schwarze Null schreibt. Natürlich ist die Umsatzrendite im Bestattungsgewerbe recht hoch, aber auch der dafür erforderliche Umsatz will ja erst einmal gemacht sein.

Okay, also Antonia will Urlaub anmelden und müßte dafür eigentlich nur eine von Frau Büser angelegte Excell-Tabelle aufmachen und sich an der entsprechenden Stelle mit ihrem Urlaubswunsch eintragen.
Ich bekomme diese Seiten von Frau Büser immer auf meinen Bildschirm geschickt, schaue in meinen Kalender und mache entweder einen Genehmigungshaken oder schreibe „geht nicht“ in das Feld.

Aber Antonia kommt lieber mit einem Mädchenkalender zu mir ins Büro. Ihr Kalender ist ein winzig kleines, rosafarbenes Büchlein mit einem kaum erkennbaren Pferdemotiv vorne drauf. Man kann den Gaul deshalb kaum erkennen, weil Antonia es schön gefunden hat, noch ganz viele selbstklebende Strasssteinchen dazu zu kleben.
Unten an dem Büchlein baumeln ein winziger Teddy an einem Bändchen und eine kleine Kette aus bunten Glasperlen.

„Darf ich Sie mal wegen meinem Urlaub was fragen?“

„Aber sicher doch, Antonia. Was gibt es denn?“

„Ich hab‘ noch zwölf Tage. Wie lange kann ich da nehmen?“

„Tja, zwölf Tage, würd‘ ich mal sagen.“

„Das weiß ich doch auch! ich mein‘ jetzt wegen der Sonntage und so.“

„Da Du eine Fünftagewoche hast, kannst Du mit zwölf Urlaubstagen zwei ganz normale Arbeitswochen überbrücken und hast dann noch zwei Tage übrig.“

„Also zwei Wochen und zwei im Sinn?“

„Ja, so kann man das auch sagen.“

„Hm, wenn ich aber jetzt schon an ’nem Donnerstag in Urlaub gehe, kostet das dann mehr Urlaub?“

„Nicht unbedingt, das hängt im wesentlichen davon ab, wann Du wiederkommst.“

„Donnerstags!“

„Also wenn Du donnerstags in Urlaub gehst und nach zwei Wochen am Donnerstag wiederkommst, dann sind das genau zehn Urlaubstage.“

„Also zwei im Sinn.“

„Ja, Du hast dann noch zwei Tage übrig.“

„Mist!“

„Warum?“

„Weil ich eigentlich an einem Mittwoch in Urlaub gehen wollte.“

„Und was ist daran Mist?“

„Dann kommt das doch nicht hin.“

„Entweder kommst Du auch am übernächsten Mittwoch wieder, dann bleibt es dabei, daß es zehn Tage sind oder Du nimmst Dir halt einen Tag mehr Urlaub.“

„Mist!“

„Ja, wieso denn, ist doch ganz einfach.“

„Ja, einfach ist das schon, so wie Sie mir das erklären, aber ich finde es voll ungerecht, daß Wochen mit ’nem Mittwoch länger sind als Wochen mit ’nem Donnerstag.“

Ich brauche auch irgendwann mal Urlaub, ehrlich!


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Mitarbeiter / Firma

Hier erzähle ich Geschichten aus meinem Bestattungshaus und insbesondere über meine fabelhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Namen sind verändert. Manchmal wurde auch mehrere Personen zu einer Erzählfigur zusammengefasst.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 20. Juli 2011 | Revision: 1. Juni 2012

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Trixi
13 Jahre zuvor

Das macht natürlich Sinn! 😉

13 Jahre zuvor

hrhrhrhrhr….

Tom, komm ins Ruhrgebiet, da sindse auch so druff *g*

Garfield
13 Jahre zuvor

Ich als Selbstständiger kann das gesagte nur bestätigen. Zur Zeit merke ich, was es bedeutet, wenn nur ein Kunde sich mit der Zahlung verspätet…

Sonne
13 Jahre zuvor

ne nä ?! das kann ich gar nicht in worte fassen……gnihihihi!!!!

bee
13 Jahre zuvor

Aber wenn ich jetzt am Samstag schon in Urlaub fahre, dann ist da ja gar kein Tag mehr, den ich frei nehmen kann, und ich bin doch vor Montag schon weg, und dann habe ich diese Woche ja gar keinen Tag frei, aber ich muss doch schon Urlaub nehmen, weil ich am Samstag schon in Urlaub fahre, aber dann habe ich von der Woche gar nichts, und das ist voll ungerecht! So!

Alexandra
13 Jahre zuvor

„Zwei im Sinn“ kannte ich gar nicht – das ist dann wohl das, was bei uns „Rest zwei“ heissen würde. Wieder mal was gelernt. 😉

havyrl
13 Jahre zuvor

Naja andererseits interessiert es den Vermieter, den Stromanbieter und dem Telefonprovider auch nicht, ob dein Chef in Urlaub fahren möchte oder nicht ;).

Urlaub ist immer so eine Sache bei mir, ich musste anfang dieses Jahres 1 Monat am Stück urlaub nehmen, damit er nicht verfällt :D.

13 Jahre zuvor

Wenn ich als Selbständiger den Urlaub am Stück nehmen würde, der mir als Angestellter in den letzten 15 Jahren zugestanden hätte, den ich aber aus wirtschftlichen Gründen, Gründen der Kundenzufriedenheit etc. mir nicht genehmigen konnte, wären das mal locker 1,5 Jahre Sabbatical.
Wenn ich die Überstunden als Freizeitausgleich dazu bekäme, könnte ich noch 4 Jahre dranhängen.

havyrl
13 Jahre zuvor

Wenn ich meine Überstunden dazuzähle, hätte ich auch noch ein weiteren Monat anhängen können ;). Aber ich mach mein Job gern, von daher ist das Ok für mich.

Ich war allerdings noch nie Selbständig und arbeite auch erst seid fast 10 Jahren. Aber trotzdem denke ich nicht, das man von einem Angestellten verlangen kann mal auf sein Gehalt verzichten zu können oder das er noch 2 Wochen darauf warten muss, damit der Chef in Urlaub fahren kann. Wenn die Firma nahe an der Pleite ist, ist das natürlich was anderes.

turtle of doom
13 Jahre zuvor

„Quinze jours“ n’importe qui? 🙂

13 Jahre zuvor

@havyr
Davon war ja, zumindest bei mir, auch nicht die Rede.

Hendrik Stiewe
13 Jahre zuvor

Ah, das Glück ist mit den Einfältigen 😉 Manchmal wünsche ich mir auch, nur solche Probleme zu haben.

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

Selbständig ist nun mal „selbst“ und „ständig“. Ja, ich kann verstehen, dass man mal ne Auszeit braucht und gönne die auch jedem. Andererseits sagen auch viele Selbständige, dass sie trotzdem mit keinem Angestellten tauschen möchten, und aus reiner Nächstenliebe oder gesamtgesellschaftlicher Verantwortung macht sich wohl auch keiner selbständig. Also scheinen sich doch insgesamt die Vor- und die Nachteile mindestens die Waage zu halten. Ich sach jetzt nich, hört auf zu jammern, das wäre fies. Aber so ganz furchtbar kanns ja auch wieder nicht sein. Für mich wär´ das nix, mein Nervenkostüm würde das nicht aushalten.

Ich bin Angestellter im öD, und das hat eine ganz eigene Form von Nervigkeit – Hierarchien, Bürokratismus, langwierige Entscheidungswege. Dafür habe ich einen sicheren Job (der mir in meinem Fall zudem meistens Spass macht), gesicherten Urlaubsanspruch, wenig Überstunden (wobei ich auch Kollegen kenne, die dreistellige Überstunden haben, und das in einer regulären Kommunalverwaltung). Wie ein früherer Kollege immer meinte „Der Rock ist zwar eng, aber warm“.

kall
13 Jahre zuvor

Natürlich hat die Selbständigkeit auch Vorteile. Ob sich die nun mit den Nachteilen die Waage halten oder nicht oder gar überwiegen, dürfte von Fall zu Fall recht unterschiedlich sein.

Genauso, wie sich die ÖDienstler über den ÖDienst beschweren und die Beamten über das Beamtensein, lamentieren halt die Selbständigen gelegentlich über das Selbständigsein.

Als Beamter auf Zeit, der ich auch mal war, war auf jeden Fall der Rock SEHR viel wärmer. Und nicht wenige Selbständige, vor allem die kleinen und Einzelkämpfer, sind nicht unbedingt freiwillig Unternehmer geworden, sondern es ist oftmals auch einfach mangels anderer Alternativen passiert, auch wenn man vielleicht icht unbedingt der geborene Unternehmertyp war. Und wenn man erstmal ein paar Jahre dabei war, ist es fast unmöglich wieder auszusteigen,z.B. Stichwort fehlende Arbeitslosenversicherung.

Stefan
13 Jahre zuvor

Ein Selbständiger ist jemand, der lieber 60 Stunden für sich selber arbeitet als 40 Stunden für jemand anderen.

Anni
13 Jahre zuvor

Ich liebe Antonia-Geschichten! Sie sind die highlights des Tages!!!

turtle of doom
13 Jahre zuvor

Ihr Mädchenkalender toppt so gut wie jeden Horrorfilm, den ich in den letzten drei Jahren gesehen habe… ich finde das einen Kündigungsgrund 🙂

M.
13 Jahre zuvor

also, ich bin zufällig hier gelandet … aber nun möchte ich auch meine spuren hinterlassen …
ich hoff natürlich, dass das mit dem urlaub klappt … fürn chef bleibt bestimmt was übrig …
also, ich dreh heut zum ersten mal so eine richtige blog-runde, deshalb ist mein kommentar vielleicht -sorry- nicht individuell genug … aber das wird schon noch werden …

Henning
13 Jahre zuvor

Ich finde ja, am längsten sind die Wochen von Montag bis Freitag…

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

@ Kall (14): Da hast Du sicher recht, die Einzelkämpfer haben sicher keinen leichten Job. Wenn ich z.B. an einen Kioskbetreiber denke – endlose Arbeitszeiten ohne Wochenende bei vermutlich überschaubarem Einkommen ist jetzt nicht so prickelnd…

simop
13 Jahre zuvor

@M.: Willkommen hier!
Und unwillkommene Kommentare sind nur die trolligen, (fast) alles andere ist hier willkommen und liefert schlimmstenfalls einen Anknüpfungspunkt für eine *ganz* neue Diskussion… 😉

13 Jahre zuvor

Ich drück die Daumen, wird schon klappen!
L.G.
Mrs. Jones

Shark
13 Jahre zuvor

Dieses: „Ob das Finanzamt eine Nachzahlung will […] das interessiert von den Mitarbeitern keinen.“ kann ich nicht mehr hören, da kommt mir echt die Galle hoch.

Ich kann nur sagen: „Liebe Chefs, ganz richtig, mich als Mitarbeiter interessiert das einen feuchten Dreck! Dir ist es ja auch egal, wie ich meine Miete und mein Essen pünklich zahlen kann, nur weil du nicht vernünftig wirtschaften kannst.“

Sorry, aber in der Hinsicht habe ich schon so viele Knaller erlebt, von Seiten einiger „netten“ Chefs, da könnte ich auch ein Buch drüber schreiben. (Und dann vorgeworfen kriegen, ich hätte mir das alles ausgedacht, da so was ja in der Realität nicht vorkommen kann.)

*michabregengeh*




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