Allgemein

Leiche sechs Monate im Kühlfach gelagert

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

Die soziale Hängematte, von der immer wieder lapidar die Rede ist, wenn Leute die in Brot und Lohn stehen, über diejenigen sprechen, die nichts haben, ist ein ganz unbequemes Ding. Wer sich nämlich so eine Hängematte schon einmal genauer angeschaut hat, der wird feststellen müssen, daß sie ganz schön viele Löcher hat und vor allem, daß man auch ganz schnell herausfallen kann.

Scheinbar werden die Maschen immer größer und der Wind, der den Bürgern von Seiten der Sozialbehörden ins Gesicht bläst, wird immer rauher und hat den Duft fauligen Mundgeruchs.

Agieren da noch Menschen mit gesundem Menschenverstand, die alle ihre fünf Sinne beeinander haben oder sitzen da Leute, die insgeheim innerlich einen Jahrmarkt erleben, wenn sie den Ärmsten der Armen nun auch noch die letzte finanzielle Sicherheit, nämlich die Bestattungsvorsorgen aufreiben?

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Diese Frage ist durchaus berechtigt.
Wir wissen, wer zu Lebzeiten vorsorgt und bei einem Bestatter Geld für seine Bestattung hinterlegt hat oder eine Sterbeversicherung abgeschlossen hat, der braucht sich wenigstens um den letzten Weg keine Sorgen mehr zu machen. Der Bestatter wird alles nach Plan abwickeln, egal wie die finanzielle Situation des Betroffenen unmittelbar vor dem Tod ausgesehen hat.

Das wird auch vom Bundessozialgericht so gesehen, das erst am 18. März 2008 urteilte:

„Im Hinblick auf die Menschenwürde und die Glaubensfreiheit kann das Sozialamt von einem Antragsteller nicht verlangen, dass er zunächst eine angemessene Bestattungsvorsorge verwertet, das heißt die Verträge kündigt, bevor er Sozialhilfe erhält.“

Damit ist eigentlich alles gesagt.
Wer für seinen Tod vorsorgt, dem darf das Sozialamt die dafür festgelegten Gelder nicht wegnehmen. Punkt.

Was aber machen die Sozialämter landauf, landab? Sie setzen sich keck über die Regelungen und dieses Urteil hinweg, verlangen in vielen Fällen dennoch die Auflösung der bestehenden Verträge und die Verwertung des Geldes und hoffen darauf, daß die teils vollkommen wehrlosen Alten niemanden haben, der ihre berechtigten Ansprüche überwacht und durchsetzt.

Was will denn ein hochbetagter Heimbewohner machen, wenn er Post vom Sozialamt bekommt und ihm in einschüchterndem Amtsdeutsch mitgeteilt wird, er „müsse“ und „habe zu handeln“ und „widrigenfalls“ und „erhebliche Folgen“ usw..

Obwohl die Sozialämter nach weitläufiger Ansicht absolut im Unrecht sind, agieren sie, wie einst die Kurfürsten ohne Rücksicht auf Verluste. Man meint, sie würden feist und dreist sagen: „Verklagen sie mich doch!“
Doch wer tut das schon? Welcher alte Mensch kann das noch?

Die Folgen liegen auf der Hand:
Mühsam, oft über Jahrzehnte angesparte, Gelder sind weg, die Vorsorgen aufgelöst und auf den letzten Willen von Bürger, die sich auf ihren Staat verlassen, wird geschissen, um es mal klar und deutlich zu sagen.
Und ist die Kohle erstmal für Heimunterbringung und Pflege draufgegangen, ja dann blüht dem alten Menschen noch die jämmerliche Resteverwertung im Rahmen einer staatlich finanzierten Billigbestattung. Mittlerweile wird gemunkelt, daß manche Kommune ihre „Sozialleichen“ am liebsten in tschechischen Krematorien billig kremieren lassen und am besten gleich, fern der Heimat, in tschechischer Erde beisetzen lassen wollen.

Die Lübecker Nachrichten berichten: „In Hamburg habe ein Klient ein halbes Jahr im Kühlfach gelegen, weil die Ämter nach bestattungspflichtigen Verwandten forschten.“

Wo bitte bleibt denn da das letzte bißchen Würde? Wo bleibt da die Achtung vor dem Menschen und das letzte Fünkchen Anstand?

Man könnte noch verstehen, wenn die Behörden sich auf den Standpunkt stellten und sagten: Wer die letzten Jahre seines Lebens aus dem großen Topf der Allgemeinheit finanziert werden mußte, der muß nicht unbedingt auch noch ein fürstliches Begräbnis haben.
Die Folge wäre dann, daß man sehr hohe Summen kappen würde, denn mancher Rentner ist so schlau und bunkert in einer Bestattungsvorsorge geradezu utopische Summen, die die Kosten der Bestattung teilweise um das Zehnfache übersteigen. Der überzählige Betrag wird dann, ganz gemäß seinen zu Lebzeiten formulierten Wünschen, vom Bestatter direkt an die Begünstigten überwiesen, an der Erbschaftssteuer und der geregelten Erbfolge vorbei, ohne daß irgendwer davon erfährt…

Ein genaueres Hinsehen bei diesen Bestattungsverträgen kann sich also durchaus lohnen, denn mancher Rentner kennt alle möglichen Schliche und Tricks, um sich an den gesetzlichen Erfordernissen vorbeizumogeln.
Aber eben dieses genauere Hinsehen ist erforderlich und zwar muß das jemand tun, der über den nötigen Sachverstand verfügt.
Denn während bei dem einen eine Summe von 3.000 bis 4.000 Euro ausreichen, sind bei einem anderen fast 12.000 Euro erforderlich oder gar mehr. Abhängen kann das z.B. davon, ob der Betreffende in einem Familiengrab beigesetzt werden soll, in dem bereits die gesamte Familie bestattet ist und bei dem umfangreiche Arbeiten am Grabmal stattfinden müssen und vom Friedhofsträger, also in der Regel der selben Kommune, eine Sicherstellung der Grabpflege für die gesamte restliche Ruhezeit verlangt wird.

Es geht aber in der großen Mehrzahl der Fälle eben nicht um diese „Cleverles“ unter den vermögenden Rentnern, die nur einen ganz kleinen Prozentsatz ausmachen, sondern tatsächlich um das mittellose Mütterchen und Väterchen, das sein ganzes Leben lang hart gearbeitet und brav Steuern gezahlt hat. Um in diesem, durchaus realitätsnahen, Klischeebild zu bleiben: Diese Leute hätten niemals irgendeine behördliche Unterstützung in Anspruch genommen. Nur kommt man da im Alter oft gar nicht herum. Heim- und Pflegekosten liegen durchschnittlich bei 1.800 bis 3.000 Euro im Monat und machen nahezu jeden Heimbewohner zum Sozialfall.
Und gerade weil man auch im Tode der Allgemeinheit nicht zur Last fallen will, schließen diese Menschen – in fast allen Fällen sogar durch das Heim erfordert – eine Bestattungsvorsorge ab. Ja, und genau diesen letzten Willen der Menschen treten die Sozialbehörden mit Füßen, fordern stur – wider gesprochene Urteile – die Auflösung der Verträge ein und haben was davon?
Genau: Im Endeffekt muß die Allgemeinheit so oder so für diesen alten Menschen und dann eben für seine Bestattung einstehen.

Ein jämmerliches Spiel, wie ich finde.

Foto: Jacky

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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