In Deutschland ist es Pflicht, beim leichtesten Anzeichen eines Staus eine Rettungsgasse zu bilden. Wer auf der linken Spur ist, fährt so weit wie möglich nach links und wer in der Mitte oder rechts ist, orientiert sich so weit wie möglich nach rechts.
Klingt simpel, scheint aber in der Realität ein oft unüberwindbares Hindernis zu sein. Obwohl ich das Gefühl habe, dass es zunehmend besser wird und die Fahrer sich mehr und mehr daran halten, hapert es immer noch mit der Frühzeitigkeit. Viele denken, es reiche aus, erst beim Annähern eines Einsatzfahrzeugs mal gemütlich mit dem Platzmachen zu beginnen.
Und genau da liegt das Problem: Dann gibt es nämlich oft genug keine Lücken mehr, dann beginnt das hilflose Rangieren. Viele PKW-Fahrer vergessen auch, dass LKW oft gar nicht mehr woanders hinkönnen. Da kann man nicht einfach stur drauf bauen, dass der 40-Tonnen-Sattelschlepper auch mal eben schnell in irgendeine Lücke schlüpft.
Zu diesem Thema schreibt mir ein Herr aus Lüneburg:
Ein interessantes Thema, bei dem sich die Scheiden geistern.
Das Gesetz gibt nicht viel her:
Straßenverkehrs-Ordnung
I. – Allgemeine Verkehrsregeln (§§ 1 – 35)
§ 11 Besondere Verkehrslagen
(2) Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.
Ein Rechtsanwalt, den ich befragt habe, sagt:
Die Rettungsgasse ist in Deutschland vorgeschrieben, um Einsatzfahrzeugen bei Stau oder stockendem Verkehr auf Autobahnen und mehrspurigen Straßen eine schnelle Durchfahrt zu ermöglichen. Sie wird zwischen dem linken und den übrigen Fahrstreifen gebildet.
Laut § 11 Abs. 2 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung) ist die Rettungsgasse ausschließlich für Fahrzeuge bestimmt, die blaue Rundumkennleuchten und Einsatzhorn (Martinshorn) verwenden und sich im Einsatz befinden.
Das sind typischerweise Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Fahrzeuge des Katastrophenschutzes. Bestattungsfahrzeuge (Leichenwagen) und Abschleppwagen dürfen die Rettungsgasse nicht benutzen.
Ich wüsste aber nicht, wer ernsthaft dagegen einschreiten würde. Auf ein entsprechendes Verfahren würde ich mich gerne einlassen wollen.
Ein Polizist von der Autobahnpolizei sagt mir:
Im Gegensatz zu Feuerwehr und Polizei haben die Abschleppdienste keine Sonderrechte. Selbst das gelbe Blinklicht ist nur Gefahrenzeichen und beinhaltet keine Sonderrechte. Abschleppwagen dürfen aber durch die Rettungsgasse fahren, auch Leichenwagen. Wie soll das sonst funktionieren? Bevor die nicht da waren und ihren Teil der Arbeit erledigt haben, löst sich doch vorne am Kopf der Stau nicht auf. Ob das 100 %ig so richtig ist, ist uns am Einsatzort echt egal. Ich kenne keinen Kollegen, der da einschreiten würde. Wir sind heilfroh, wenn die da sind.
Und jetzt meine Auffassung:
In der StVo ist die Rede von Polizei- und Hilfsfahrzeugen. Mit Hilfsfahrzeugen sind meiner Meinung nach alle Fahrzeuge gemeint, die zum Einsatzort gerufen werden, um dort Dienst zu leisten. Irgendwelche Sonderrechte nehmen weder der Abschlepper, noch die Bestatter in Anspruch, sie fahren lediglich zum Einsatzort, um die Straße/Autobahn möglichst schnell wieder für den Verkehr freizubekommen.
Es ist doch in jedermanns Interesse, dass das schnell geschieht. Man darf nicht vergessen, wie groß der finanzielle Schaden ist, der dadurch entsteht, dass Hunderte oder Tausende nicht zur Arbeitsstelle, zum Flughafen oder zu dringenden Terminen kommen. Auch die ganzen Güter in den LKW können nur mit großer Verzögerung zugestellt werden, was bei der heutigen Just-in-time-Logistik Millionenschäden verursachen kann. Überdies muss man daran denken, dass auch Kranke, Schwangere, kleine Kinder und Haustiere mit im Stau stehen, denen die Warterei bei evtl. großer Hitze oder Kälte nicht gut tut.
Je schneller der Stau aufgelöst ist, umso besser ist das für alle.
Da spielt ein möglicher kleiner Verstoß, den man herbeikonstruieren kann, in meinen Augen überhaupt keine Rolle.
Was erwarten Sie denn, oder andersherum gefragt, wäre es besser, wenn der Stau weiterhin bestehen bleibt, und sich Abschlepper und Bestatter hinten im Stau einreihen würden? Wem wäre denn damit geholfen?
Im Zweifelsfall könnte man jetzt sagen, dass die Fahrzeuge warten müssten, bis sie von der Polizei durch die Rettungsgasse eskortiert werden.
Das wird sogar manchmal gemacht, damit die Polizei mit Blaulicht und Signal den Weg noch besser freiräumen kann. Aber das grundsätzlich so zu machen, ist völlig unpraktikabel. Die Polizei müsste den Stau erst über die Gegenfahrbahn umfahren, sich dann hinten hinter dem Stau wieder einreihen und dort auf Abschlepper und Bestatter warten, so ein Quark.
Also: Ja, Bestatter und Abschleppwagen dürfen die Rettungsgasse befahren, weil sie es müssen.
Bildquellen:
- rettungsgasse-wikipedia: Partynia/DJ3tausend, CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org
- rettungsgasse-wikimedia: Partynia/DJ3tausend, CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org
- bestatter-unfall-autobahn: Peter Wilhelm KI
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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:
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Bitte sag mir, dass Lutz‘ E-Mail nicht im Original wiedergegeben wurde.
Entschärft
Tja, wenn der Gesetzgeber nur blaulicht-bestückten Fahrzeugendie Fahrt durch die Rettungsgasse erlaubt, muß man sich halt daran halten.
Gegen die Fahrtrichtung dürfen die Abschleppfahrzeuge sicher auch nicht fahren, also ist das wohl so gedacht, daß Polizisten und Rettungskräfte die Unfallfahrzeuge manuell von der Autobahn schieben.
Es ist halt immer ein Problem, wenn Politiker, Juristen, Bürokraten Gesetze und Vorschriften verfassen.
Genau das steht aber nicht im Gesetz. Das hat der Anwalt so interpretiert. Im Gesetz ist nur von Polizei – und Hilfsfahrzeugen die Rede.
Selbst wenn es so wäre (siehe Toms Antwort) – Gesetz und sinnvolles Verhalten sind in Einzelfällen halt nicht wirklich vereinbar. Ich denke speziell an die Regel, dass man auf dem Beschleunigungsstreifen anhalten muss, wenn man nicht schafft, sich einzufädeln.
Ich habe noch von keinem Fahrlehrer gehört, der nicht sag ‚Fahr auf dem Standstreifen weiter‘ (falls da einer ist, natürlich, was nicht immer der Fall ist). Jede Polizistenmeinung, die ich dazu gelesen habe, war identisch. Und selbst einem Führerscheinprüfer würde ich sagen ‚Recht sagt halten, ist aber bescheuert und gefährlich, darum Standstreifen‘.
Stimmt!
ich gucke immer die Dashcamdriversgermany auf YouTube, weil ich auch so eine Dashcam habe. Und da wird auch immer gesagt, man soll auf dem Standstreifen weiter durchziehen.
Das abrupte Anhalten am Ende des Beschleunigungsstreifens ist IMHO höchst gefährlich.
Als ich den Führerschein noch ganz neu hatte, also vor rund 48 Jahren, habe ich das mal gemacht. Ich hatte es halt so eingebläut bekommen. Und dann kam von hinten der dicke LKW und hupte mich an.
Da habe ich ein für allemal begriffen, dass es besser ist, lieber mit Gasgeben weiterzufahren.
Meckern kann der „Lutz“ ja, aber mal weise Ersatzmedis im Auto deponieren, wie es andere chronisch kranke Autofahrer auch tun, darauf kommt er nicht…..!
Wobei wenn der Leichenwagen doch in der Nähe ist und „Lutz“ kollabiert.. Gut der RTW könnte „Lutz“ ja dann auch erstmal helfen…
Typisch „ICH Mensch“ halt.
Ich komme erst jetzt durch Deinen Kommentar darauf, dass Lutz möglicherweise einen Kollaps wegen zu wenig Flüssigkeit im Körper befürchten könnte.
Beim Lesen hatte ich zuerst gedacht, wegen der Entwässerung müsse er lediglich dringend pullern.
Aber damit sind wir auch wieder beim Thema.
Selbst wenn ein Stau mit sehr langem Stillstand verbunden ist, ist es verboten, das Fahrzeug zu verlassen. Aber auch das wird doch geduldet, die Polizei sieht darüber hinweg, dass die Leute aussteigen, sich die Füße vertreten, hinter der Leitplanke Pipi machen und frische Luft schnappen.
Natürlich ist das verboten, aber man muss doch auch mal Mensch bleiben können und wegen der besonderen Umstände keine Prinzipienreiterei betreiben.
Genau das Gleiche erwarte ich von Leuten wie Lutz, wenn der Leichenwagen durch die Rettungsgasse fährt. Gesunder Menschenverstand und Respekt voreinander.
Ach ja stimmt „Lutz“ bezog sich auf seine entwässernden Medis, ok ich hatte Herzmedikamente im Sinn.
Plastikflasche mit Drechdeckel und möglichst weiten Flaschenhals im Auto deponieren, fertig ist die Notfalltoi für den Herrn.
Für die Dame gibts ein Produkt namens Ladybag zB.
keine Werbung, kenne die Dinger Dank alter Damen. 😉
Lutz ist der typische Durchschnitts- Deutsche. Immer jammern, und anderen die Schuld für was auch immer geben. Ich ahne, wen er wählt…
So spießig wie er ist, vermutlich grün. SPD und CDU könnten es aber auch sein.
Oder FDP, Die Linke oder AfD.
Spießer und Spießerinnen sind nie links! Weil das sind Alles „Hallodris“ für diese Gruppe Menschen.
Ggf sind Spießige politisch alles andere, aber bestimmt nicht progressiv oder irgendwie sozial.
Die Spießer u Spießerinnen welche ich persönlich kenne, sind entweder streng katholisch u grundsätzlich säuerlich u wählen CxU, oder wählen eher nix, sind aber dennoch „Freunde u Freundinnen“ von Anschtändischkeit/Sitte usw.
Ich freue mich, dass Lutz (Name natürlich geändert) geschrieben hat. Er ist nur ein Beispiel für zahlreiche Mails in dieser Tonart, die ich in meinen verschiedenen Blogs bekomme.
Mir scheint es so, dass die Ich-Bezogenheit und der Neid immer mehr zunehmen.
In meinem Dreibeinblog.de beschreibe ich gerade, dass ich mir eine neue Tastatur gekauft habe und diese nun nach meinen Bedürfnissen konfiguriere.
An sich ja nichts Besonderes. Ich schreibe darüber, damit andere, die auch eine gute Tastatur suchen, von meinen Erfahrungen profitieren können.
Dazu erhalte ich aber Mails, die mir diese Tastatur missgönnen, und in denen mir vorgeworfen wird, zu protzen.
Mann, ich hab mir ne popelige Tastatur gekauft, keinen Rolls-Royce.
Der Neid wird immer größer.
Das sieht man auch an Lutz. Er muss im Stau stehenbleiben und empfindet Neid gegenüber allen, die aus beruflichen Gründen durch die Rettungsgasse fahren dürfen.
Das kann ja wohl nicht sein, dass da jemand mehr darf als er.
Ich kann auch jeden Motorradfahrer verstehen der im Stau mit angepasster Geschwindigkeit zwischen den Stehenden Autos weiter rollt… Ich sitze gut klimatisiert mit Dach übern Kopf da, der muss stehen und mit lederkombi in der Sonne schmoren. Sollen sie doch auf eigene Verantwortung langsam weiter fahren, kost mich nix, tut mir nicht weh.
Ich kann mich als Bengel noch gut an Stazs erinnern wo man mit Klappstühlen auf der Autobahn saß, weil über Stunden nichts ging, die Autos keine Klima hatten und bei jenseits der 60Grad im Innenraum kein aushalten möglich war…
Oder aus jüngerer Zeit wo wir nach Anweisung der Polizei aus ner Vollsperrung heraus wenden sollten und zur letzten Abfahrt zurück gefahren sind. Fand ich auch sehr smart die Lösung, statt uns da noch mehrere Stunden einfach stehen zu lassen.
Eine ganz typische Reaktion, primär zu beobachten von Senioren, aber auch die jüngeren mischen da kräftig mit: Egozentriertheit und Sofort-Mentalität, wohlstandsverwahrlost in bester Schlaraffenland-Mentalität mit den allerhöchsten Ansprüchen und natürlich alles gratis.
Eine kleine Anmerkung von jemandem, der seit fast 20 Jahren hauptsächlich die A1 rauf und runter fährt: Es sind in den allermeisten Fällen entweder Hochbetagte am Steuer, die keine Rettungsgasse bilden (gab es 1930 auch noch nicht) oder Sprinter/Lkws mit ausländischem Kennzeichen: Rumänien, Bulgarien Litauen, Russland usw.
Die scheren sich einen feuchten Kehrricht um sowas wie deutsche Verkehrsregeln und eine Rettungsgasse ist in diesen Ländern unbekannt. Ist nur meine Erfahrung ♂️
Sind recht junge rücksichtslose Verkehrsteilnehmer eventuell zu flott unterwegs um von Dir bemerkt zu werden?
Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr, kann so ziemlich mit Lappen gemacht beginnen und mit hochbetagt immer noch so drauf enden!