Unter einer ligatur (lateinisch ligare ‚binden‘, ‚verbinden‘; lat. ligatur ‚es wird gebunden‘) versteht man bei der Versorgung eines Verstorbenen das Verschließen des Mundes mittels eines Fadens. Dieser wird innerhalb des Mundes mit einer Nadel durch Kiefer oder das Lippenband und den Unterkiefer geführt. Dann wird ein Knoten geknüpft und zugezogen, sodaß der Mund sich schließt und der Faden mit dem Knoten nicht mehr sichtbar ist.
Diese Methode hört sich martialisch an, ist aber fachgerecht und verspricht die besten Ergebnisse. Der Verstorbene spürt davon naturgemäß nichts mehr.
Der Anblick des Verstorbenen ist nach dieser Maßnahme natürlicher als bei anderen Techniken.
Vorteil: Verlässliche Ergebnisse und gute Optik.
Nachteil: erfordert Fachwissen und Kenntnis der Technik.
Alternativen
Kleber
Alternativ kann der Mund auch verschlossen werden, indem ein schnell trocknender Kleber auf die Lippen gegeben und diese vorsichtig zusammengepresst werden.
Der Vorteil der Klebung ist, daß sie schnell ausgeführt werden kann und wenig bis gar keine besonderen Fertigkeiten verlangt.
Der Nachteil dieser Klebetechnik ist aber, daß nur die Lippen verbunden sind. Ein durch die Erschlaffung der Muskulatur absinkender Kiefer kann den Mund dann in eine längliche Form ziehen, was unschön aussieht.
Mundfüller/-former
Eine weitere Möglichkeit liegt im Einsatz eines sogenannten Mundfüllers (auch Mundformer genannt). Hierbei wird eine mundförmige Kunststoffscheibe hinter den Lippen vor die Zähne gesetzt. Dieser Mundfüller hat kleine Noppen, die die Lippen in ihrer Position halten.
Vorteil dieser Methode ist die rasche Anwendbarkeit und die Tatsache, daß mit diesem dünnen Kunststoffeinsatz auch eine fehlende Gebissprothese kaschiert werden kann.
Needle-Injector
Recht modern ist der „needle injector“. Dieses Gerät kann kleine Metallstifte fest in einen Knochen drücken. Beim Einsatz dieses Gerätes werden Metallstifte von vorne in Ober- und Unterkiefer gesetzt und dann mit einem dünnen Draht verbunden.
Vorteil: Sehr gutes optisches Ergebnis.
Nachteil: Teuer in der Anschaffung und kompliziert in der Anwendung. Der korrekte Einsatz verlangt dem Bestatter ein gewisses Maß an chirurgischen Kenntnissen und manuellen Fähigkeiten ab. Das kommt daher, weil die „Needles“ nur dann richtig gesetzt werden können, wenn der zu „beschießende“ Knochen vorher freigelegt und von bedeckendem Gewebe befreit wird.
Die ligatur
Bei der ligatur unterscheidet man zwei Formen:
Große Ligatur (Septum-Mandibula-Methode)
Der Bestatter benötigt diese Materialien:
- Wund-/Gefäßhaken
- gebogene halbrunde bzw. 3/8-Nadel (ca. 7-10 cm)
- gewachster Ligaturfaden (ca. 75 cm lang)
- Nadelhalter
Der Bestatter legt den Faden doppelt, um ein Ausreißen zu verhindern. Dann fädelt er den Faden in die gebogene Nadel ein.
Die Nadel wird nun am Unterkiefer (Mandibula) von außen (!) einen Finger breit hinter dem Kinnknochen eingestochen.
Der Faden kommt in der Mundhöhle hinter den Zähnen heraus.
Nun wird die Nadel mit dem Faden vor den Zähnen unter der Oberlippe in Richtung eines Nasenlochs geführt.
Die Nadel kommt im Nasenloch außen wieder zum Vorschein und wird nun durch die Nasenscheidewand (Septum) ins andere Nasenloch geführt.
Von dort wird die Nadel dann wieder abwärts in Richtung Kiefer geschoben. Sie kommt wieder zwischen Oberlippe und Oberkiefer heraus.
Der Ligaturfaden wird jetzt ausgefädelt. Das andere Ende des Fadens wird eingefädelt.
Die Nadel mit dem Faden wird nun durch exakt die gleiche Einstichstelle am Unterkiefer wieder eingeführt. Sie kommt nun vor den Zähnen zwischen Unterkiefer und Unterlippe heraus.
Bevor der Bestatter den Faden verknotet, bewegt er den Faden etwas hin und her, damit er in das Gewebe einschneidet und fest auf dem Knochen sitzt. Das ist erforderlich, weil sonst die Ligatur sich wieder lockert und das optische Ergebnis unbefriedigend ist.
Vor dem Zuknoten werden auch Gebiss oder Mundformer eingesetzt.
Um den Knoten setzen zu können, kann die Mithilfe einer zweiten Person nötig sein, die den Unterkiefer des Verstorbenen anhebt.
Nun wird der erste Knoten gesetzt und der Mund abschließend korrigiert. Dann erfolgt der zweite Knoten zur Festigung.
Hat man etwas mehr Erfahrung, kann auch eine Schleife gebunden werden, die eine spätere Korrektur möglich macht.
Die überständigen Fadenenden schneidet der Bestatter ab und der Rest wird vorsichtig in die Wangentasche des Verstorbenen gelegt.
Die Einstichstelle am Unterkiefer wird mit etwas Fettcreme und ggf. Schminke kaschiert.
Kleine Ligatur (Septum-Lippenband-Methode)
Der Bestatter benötigt die selben Materialien wie bei der großen Ligatur.
Es gibt verschiedene Wege, um die kleine Ligatur durchzuführen. Der Unterschied zur großen Ligatur liegt also in der Fadenführung.
Zumeist wird der Faden im Unterkiefer nur vor den Zähnen möglichst tief durch das Zahnfleisch geführt. Dann geht der Weg oben zur Nase, wie bei der großen Ligatur.
Der Vorteil dieser Methode liegt darin, daß kein Einstich von außen am Kinn erforderlich ist. Der Nachteil ist, daß der durchs Gewebe geführte Faden am Unterkiefer ausreißen kann.
In einer Variante dieser Methode wird auch oben nicht durch das Septum, sondern nur durch das obere Lippenband gestochen. Dies ist die unzuverlässigste, aber auch einfachste Form der Ligatur.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ligatur_(Chirurgie)
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: Faden, ligatur, Unterkiefer
Sehr schön beschrieben. Solche Fachbeiträge sind es, die mich schon seit Jahren als Leser hier halten 🙂 Gerne mehr davon.
lg
Chris
Frage: Wird das nur gemacht, wenn der Verstorbene noch im offenen Sarg aufgebahrt wird, oder macht man das generell und immer?
Und ich dachte bei Ligatur bislang immer nur an die Verschmelzung zweier Buchstaben zu einem in der Typographie. Also etwa e und t zu ß.
Übt man so etwas direkt am (toten) Objekt? Fehlversuche kann man wahrscheinlich überschminken, aber ist das nicht respektlos den Verstorbenen gegenüber sie als Testobjekt für so etwas zu benutzen?
Das war ein sehr interessanter Artikel! Ich möchte noch anmerken, dass der verschlossene Mund nicht immer natürlicher aussieht. Im letzten Jahr sind 3 Personen in meinem nahen Umfeld verstorben und bei allen dreien hat sich die engste Familie entschieden, den Mund offen zu lassen (Wir haben einfach beides ausprobiert und der leicht geöffnete Mund wurde als natürlicher wahrgenommen und bevorzugt. Das war übrigens in 3 unterschiedlichen Familien jeweils unabhängig der Fall.). Ich denke, das hat damit zu tun, dass alle drei Personen nach einer längeren Krankheit verstorben sind und die Personen an den Tagen und Wochen vor Ihrem Tod immer mit leicht geöffnetem Mund zu sehen waren – einfach weil sie durch den Mund atmeten. Daher entsprach das dem Bild der Person, das die jeweilige Familie hatte, und der geschlossene Mund wurde bei allen dreien als „unnatürlicher“ empfunden. Es waren übrigens alle offen aufgebahrt.
Hallo Frau V. arbeite seid über 30 Jahre im Bestattungsunternehmen aber keinen einzigen Fall wo eine ABS (Abschiedsnahme) mit offenen Mund stattgefunden hat, es sieht nicht schön aus wenn der Rachen ausgetrocknet eventuell die Zähne in einen schlechten zustand sind, die Angehörigen möchten doch ein rein schönen Gesichtsausdruck in guter Erinnerung behalten, ich weiß das jeder Bestatter den wünschen der Angehörigen respektieren ich denke das Sie und alle anderen Bestatter Ihre Tätigkeit mit Respekt und Achtung durchführen
alles gute