Es war gegen Abend und die Beerdigung seiner Frau lag vielleicht drei Wochen zurück, da fuhr ich zu Herrn Schweez. Ich erwartete einen schwächlich trauernden Mann, der den Verlust seiner noch recht jungen Frau nicht verwinden kann. Doch es war völlig anders.
Vor dem Haus des Ehepaars, oder jetzt mußte man ja sagen: vor dem Haus des Mannes stand ein gemieteter 7,5-Tonner und ein Müllcontainer. Als ich meinen Wagen auf der anderen Straßenseite eingeparkt hatte, kam Herr Schweez gerade aus dem Haus. Mit Schwung warf er einen Pappkarton in den Container.
Ich grüßte ihn von Weitem und er tippte sich zum Gruß nur an seine Basketball-Kappe.
„Ziehen Sie um?“, fragte ich, nur um ins Gespräch zu kommen, ich wußte ja von den Plänen, in ein Fachwerkhaus zu ziehen.
„Ja, und jetzt kommt alles raus“, rief mir Herr Schweez schon aus drei Metern Entfernung zu. „Alles, was mich an meine Frau erinnert, das kommt in den Container.“
Ich warf einen Blick in den Container und mein Sammlerherz schlug Jägerpurzelbäume. Mindestens 100 Langspielplatten, an die 200 Musik-CDs, Bücher über Bücher, Fotoalben und jede Menge Porzellan, Gläser, Blumenvasen und Modeschmuck…
„Die Kleidung habe ich gestern schon komplett in den Altkleider-Container geworfen. Ich bin froh, wenn mich nichts mehr an sie erinnert.“
Dann lud er mich in sein Haus ein und wir saßen 20 Minuten im Wohnzimmer beieinander. Nichts Verweichlichtes, nichts Jammerndes war an ihm. Ein starker Mann, voller Tatendrang, der nach vorne sah. „Ich ziehe jetzt in das Haus, von dem wir gemeinsam immer geträumt haben. Aber meine Frau kann ja nun nicht mit und da ist das jetzt der richtige Zeitpunkt einen Schnitt zu machen, radikal und total. Nichts von dem, was meine Frau mit in die Ehe gebracht hat und nicht von dem was sie angeschafft oder was ich ihr geschenkt habe, kommt mit.“
Es war nicht das erste Mal, das ich so etwas erlebte. Aber bisher war es immer der Zorn auf einen Partner, der einen verlassen hatte, der die Leute zu solchen Aktionen getrieben hatte.
Und ganz am Ende des Gesprächs, da hörte ich dann auch etwas Zorn aus Herrn Schweez sprechen. Es war nur ein Nebensatz, aber er zeigte mir, daß er es dem LKW-Fahrer, der seine Frau auf dem Gewissen hatte, und ein bißchen auch seiner Frau übel nahm, daß er jetzt alleine war.
Dann nahm er einen Pappkarton, in dem sich gerahmte Fotos befanden, oben drauf das Hochzeitsfoto, und begleitete mich hinaus. Mit einem Rumsen sauste der Karton in den Container…
Episodenliste:
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: frau, haus!, Schweez
Puh, diese Cliffhanger! Kann die Fortsetzung kaum erwarten!
Hallo mal wieder von mir,
beeindruckend alle Teile!
Es macht einen schon betroffen, wenn man überlegt, was bleibt an Gegenständen übrig, wenn ein Mensch gegangen ist?
Ich habe mir verschiedene Infos, die mein Vater mir mal schrieb, aufgehoben. Auf einem Zettel steht:“Ich weiß nicht, was aus den vielen Sachen wird, die in meiner Wohnung stehen, wenn ich mit meiner Freundin zusammenziehe…“
Da ihm der Tod diese Entscheidung abnahm, erscheint mir diese Notiz zwar etwas makaber, aber ich mochte die kleine Schrift meines Vaters und wsl.werde ich diese Info behalten wie einige andere auch noch.
Man möchte natürlich nicht allein sein (?), wenn jemand gegangen ist, den man mochte oder sehr liebte. Aber in Erinnerung ebenso: ich begegnete einer sogenannten Freundin oder Bekannten meiner Eltern, als eben meine Eltern schon tot waren, die guckte nur verschämt zu Boden. Da sieht man es wieder: gibt Leute, die bringen nicht einmal einen freundlichen Gruß zustande oder einen Händedruck, der kann auch viel bedeuten..